Analyse: Woran Schwartz beim 1. FC Saarbrücken gescheitert ist | OneFootball

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·25. November 2025

Analyse: Woran Schwartz beim 1. FC Saarbrücken gescheitert ist

Artikelbild:Analyse: Woran Schwartz beim 1. FC Saarbrücken gescheitert ist

Eigentlich war das Spiel bei 1860 München "um Gottes Willen kein Endspiel" für Alois Schwartz, wie Sportdirektor Jürgen Luginger noch am Sonntag betont hatte, zwei Tage später ist der 58-Jährige nun doch Geschichte. liga3-online.de analysiert, woran Schwartz gescheitert ist.

Verhältnis zur Mannschaft unterkühlt

Schon vor einer Zeit war durchgesickert, dass das Verhältnis zwischen Schwartz und der Mannschaft unterkühlt sein soll. Unter anderem der "Kicker" hatte geschrieben, dass "kaum noch ein Vertrauensverhältnis" bestehe. Schwartz selbst wiegelte ab, als er zuletzt darauf angesprochen worden war: "Ich nehme das nicht so wahr. Wir sind eine Einheit und haben das auch immer wieder gezeigt. Wir müssen da gemeinsam rauskommen. Etwas anders zählt für mich nicht."


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Doch eine gemeinsame Basis gab es augenscheinlich nicht mehr. Offenbar auch, weil Teilen der Mannschaft der Umgang von Schwartz mit den Spielern missfallen haben soll. Auch, dass der 58-Jährige in der Vorbereitung laut dem Magazin "Forum" eine härtere Gangart angeschlagen hatte, weil er im Schlussspurt der vergangenen Saison Bequemlichkeit ausgemacht haben soll, gefiel offenbar nicht allen Spielern.

Individuelle Fehler

Sie ziehen sich wie ein roter Faden durch die letzten Wochen, die individuellen Fehler – vor allem in der Hintermannschaft. In Aachen etwa ließ sich die Defensive von einem schnell ausgeführten Einwurf überrumpeln und in München spielte Joel Bichsel den Ball erst in die Füße des Gegners, verursachte damit das 0:1 und verschuldete anschließend auch noch den Elfmeter zum 0:2. Schwartz sprach im Nachgang von "Anfängerfehlern" und meinte: "Man muss hier nicht verlieren. Aber wenn man solche Fehler macht …"

Individuelle Fehler musste der FCS in den letzten Wochen auch bei Schiedsrichter-Entscheidungen hinnehmen. Sowohl in Ingolstadt, als auch in Aachen und München hätten die Saarländer laut liga3-online.de-Experte Babak Rafati jeweils einen Elfmeter bekommen müssen. Wären diese allesamt gepfiffen und verwandelt worden, wären die Partien womöglich anders verlaufen. Die aktuelle Krise hauptsächlich an Fehlentscheidungen des Schiedsrichters festzumachen, wäre allerdings deutlich zu kurz gegriffen.

Spielidee griff nicht mehr

Vielmehr war es so, dass die Spielidee von Schwarz nicht mehr griff. Bei seinen früheren Stationen stand der 58-Jährige für defensive Stabilität. Doch ausgerechnet diese bekam er beim FCS vor allem in den letzten Spielen nicht mehr auf den Platz. Allein in den vergangenen sechs Partien setzte es elf Gegentore. Lösungen, um die löchrige Defensive zu stabilisieren, fand Schwartz nicht. Klar ist nur: Mit den Ausfällen von Niko Bretschneider und Patrick Sontheimer lässt sich die Misere nicht erklären, da Sontheimer auch bei der Siegesserie im September fehlte und Bretschneider nur in zwei der vier Partien über die volle Distanz zum Einsatz kam.

Und auch nach vorne ging kaum etwas. Lediglich 211 Mal schoss der FCS bislang auf das Tor – und ist damit das Schlusslicht. Selbst der TSV Havelse als Vorletzter der Tabelle gab satte 69 Torschüsse mehr ab. Dass die Saarländer zwischenzeitlich dennoch Zweiter waren, lag vor allem an der starken Chancenverwertung, die im Liga-Vergleich wiederum die zweitbeste ist. Doch seitdem Kai Brünker und Florian Pick nicht mehr zuverlässig treffen, geht es bergab. So erzielte Brünker in den letzten sieben Spielen nur zwei Tore, Pick ist gar acht Partien torlos.

Zu abhängig von Pick

Ohnehin ist der FCS zu abhängig von Pick. Alleine zu der Siegesserie Mitte September, als die Saarbrücker viermal in Folge mit drei Punkten vom Platz gingen, steuerte der 30-Jährige fünf Tore und zwei Vorlagen bei. Seitdem kamen in neun Partien allerdings nur noch ein Tor und zwei Vorlagen hinzu. Die Abhängigkeit von Pick war auch Schwartz nach dem 1:1 gegen Havelse aufgefallen, als der 30-Jährige einen schwachen Tag erwischt hatte.

Dass er Pick jedoch als einzelnen Spieler öffentlich an den Pranger stellte, sorgte für Unverständnis. Stattdessen wäre es seine Aufgabe gewesen, ihn wieder aufzubauen. Darüber hinaus hätte Schwartz schon vor einigen Wochen Lösungen dafür finden müssen, dass der FCS eben nicht von einem Spieler abhängig ist. Zumal die Offensive qualitativ durchaus hochwertig besetzt ist. Die fehlende Balance zwischen individueller Klasse und kollektivem Konzept ist ohnehin ein großes Problem des FCS. Hinzukommt, dass es Schwartz nicht gelang, die guten Leistungen aus dem Training, die er fast jede Woche hervorhob, in die Spiele zu übertragen.

Große Verunsicherung

Es ist zudem unübersehbar, dass die Spieler im Kopf nicht frei sind. Das bestätigte Kasim Rabihic nach der Partie bei 1860 München: "Spielfreude und Freiheit fehlen im Kopf." Schwartz selbst nannte vor einigen Wochen vor allem die unklare Zukunft des Vereins nach der Satzungsänderung als Grund: "Wenn du täglich Schlagzeilen wie 'Pulverfass Saarbrücken', 'Wie geht es weiter?', 'Lizenz in Gefahr' liest, ist das mit Sicherheit nicht hilfreich." Einen Weg, wie die Blockade in den Köpfen der Spieler gelöst werden kann, fand der 58-Jährige nicht. Und hielt es während der Länderspielpause nicht für notwendig, auf spezielle Maßnahmen zu setzen. Im Landespokal sammelte der FCS mit einem 9:0-Erfolg zwar Selbstvertrauen, doch dieses kleine Erfolgserlebnis reichte augenscheinlich nicht aus.

Dass die Unruhe im Umfeld nach den ausbleibenden Ergebnissen und schwachen Leistungen immer größer wird, ist nicht überraschend. Allerdings verpasste es Schwartz, sich vor die Mannschaft zu stellen und diese aus der Schusslinie zu nehmen. Zur Wahrheit gehört allerdings auch dazu, dass ständig neue Gerüchte – wie die über eine vermeintliche Abschussliste – die Arbeit des 58-Jährigen nicht gerade leichter machten.

Lage falsch eingeschätzt

Auf der anderen Seite tat er sich keinen Gefallen damit, nach der Niederlage bei 1860 nicht über den Abstiegskampf sprechen zu wollen. Gegenüber dem "SR" hatte er betont, das Wort "Abstiegskampf" nicht in den Mund zu nehmen. Stattdessen verwies er darauf, dass es in der 3. Liga ganz schnell gehen könne. "Bielefeld hat es letztes Jahr auch noch geschafft. Unser Anspruch ist es, oben mitzuspielen. Alles andere legen wir auf die Seite."

In der Tat war der Arminia der Aufstieg in der letzten Saison nach einer zwischenzeitlichen Schwächephasen noch gelungen, allerdings hatten die Ostwestfalen nach dem 15. Spieltag bereits 26 Punkte auf dem Konto und waren Vierter – mit nur einem Punkt Rückstand auf Tabellenführer Cottbus. Auf Rang zwei rangierte damals der SV Sandhausen. Dennoch stiegen die Kurpfälzer am Ende der Saison ab, was den Blau-Schwarzen ein mahnendes Beispiel sein sollte. Auch beim SVS hatten die Verantwortlichen die Lage lange falsch eingeschätzt und noch zur Winterpause, als der Klub bereits ins Mittelfeld abgerutscht war, vom Aufstieg gesprochen. Auf den Abstiegskampf war Sandhausen schlicht nicht vorbereitet.

Fazit

Am Ende ist Alois Schwartz nicht an einem einzelnen Problem gescheitert, sondern an einer Mischung aus sportlicher Stagnation, internen Spannungen und einer insgesamt verunsicherten Mannschaft. Weder fand er Lösungen für die zunehmende defensive Instabilität, noch gelang es ihm, die Abhängigkeit von einzelnen Leistungsträgern zu verringern oder die mentale Blockade seines Teams zu lösen. Gleichzeitig erschwerten individuelle Fehler, ausbleibende Ergebniserfolge und Unruhe im Umfeld seine Arbeit zusätzlich.

Entscheidend aber war, dass die Verbindung zwischen Trainer und Mannschaft spürbar verlorenging – sportlich wie atmosphärisch. In der Summe blieb Schwartz ohne die notwendigen Impulse, um die Talfahrt zu stoppen, sodass der Vereinsführung letztlich keine andere Entscheidung blieb, als den 58-Jährigen freizustellen. Vielmehr war das Aus nach den schwachen Auftritten in den letzten Wochen längst überfällig.

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