90PLUS
·9. April 2019
In partnership with
Yahoo sports90PLUS
·9. April 2019
Vorschau | Heute Abend ist es mal wieder soweit, eine europäische Nacht an der Anfield Road steht an. Eine Kombination, die viel verspricht und schon viele magische Abende hervorbrachte. Kann Liverpool das vermeintlich glückliche Los Porto schon im Hinspiel für eine entsprechende Weichenstellung nutzen?
Im Achtelfinale der Champions League erwartete die Reds mit dem FC Bayern ein vermeintlich starker Gegner. Trotz der großen Namen war man sich weitestgehend schon nach der Auslosung sicher: Der FC Liverpool geht als Favorit in das Spiel. Zu diesem Zeitpunkt strauchelten die Bayern unter Kovac durch die Bundesliga und Jürgen Klopps Team hielt überraschend souverän den ersten Platz der Premier League. Doch pünktlich zum Duell verschoben sich die Vorzeichen. Liverpool konnte im neuen Jahr nicht an die starken Auftritte der Hinrunde anknüpfen, wirkte oft ideenlos in der Offensive. Die Bayern hingegen schienen sich gefangen zu haben. Wie es sich also für ein Duell solch großer Namen gehört traf man an der Anfield Road auf Augenhöhe aufeinander. Der FC Bayern spielte eine starke Partie, konnte fast jeden Offensivdrang von Klopps Team unterdrücken und erkämpfte sich völlig verdient ein 0:0. Zwar fehlte ein wichtiges Auswärtstor im Resumee, aber die Münchner hatten gezeigt, dass sie den Reds Paroli bieten können und in dem sagenumwobenen Stadion Liverpools zumindest nicht allzu viel zulassen mussten.
Im Rückspiel hatte Bayern-Trainer Kovac eine ähnliche Idee wie im Hinspiel: Den Spielfluss der Reds hemmen und mit einer Doppelsechs aus Thiago und Martinez die Pressingphasen der Engländer gut überstehen. Und Liverpool tat sich zum wiederholten Male schwer. Die Abläufe in der hochgelobten Offensive um Salah und Co. wollten einfach nicht richtig greifen, das Überrollen des Gegners gelang nicht. Doch auch Kovac Bayern konnten nach vorne kaum Akzente setzen, opferten die Offensive quasi für die Defensive. Es entwickelte sich ein Spiel, in dem es lange aussah als würde ein weiteres, ernüchterndes Unentschieden folgen. Doch auch wenn Liverpool das Trademark ihrer aggressiven Spielweise in dieser Saison etwas abgeht, wurde eine neue, genauso wichtige Komponente sichtbar. Klopps Team ist mittlerweile auch bei der individuellen Qualität in der europäischen Spitze angelangt. Van Dijk und Mané prägten das Spiel durch Einzelaktionen und erzielten alle drei Tore. Das Weiterkommen war aufgrund der hohen Qualität verdient, spielerisch nicht unbedingt.
Die Achtelfinalspiele zeichnen immer noch gut ab, wie der FC Liverpool gerade durch die Spiele schreitet. Oft unkreativ, mit riesigen Problemen den Weg von der Abwehr zu den Angreifern zu überbrücken. Das Mittelfeld ist der Problemteil in Klopps Kader. Wohl auch weil sich Neuzugang Naby Keita noch immer nicht so eingefügt hat wie erwartet. So setzt Klopp oft auf ein Dreiergespann aus Milner, Wijnaldum und Henderson. Wobei gerade Henderson und Milner eben nicht unbedingt für sprühende Kreativität stehen. Die Reds tun sich also schwer – gegen fast jeden Gegner. Doch es gibt auch Positives zu vermelden, logischerweise bei der Punkteausbeute des Vereins. Denn auch hart erkämpfte Siege bringen drei Punkte. Auch in der Liga ist man immer noch in der Lage mit Manchester City mitzuhalten. Die Mentalität des Teams, unterstrichen durch Last-Minute-Siege wie gegen Tottenham oder das Umkehren von Rückständen durch beeindruckende Kraftleistungen wie gegen Southampton ist ein großer Trumpf in jedem Wettbewerb. Der Wille eine starke Saison zu krönen ist genauso vorhanden wie eine hohe Qualität in Angriff und Abwehr, die Voraussetzungen sind also da.
Kaum ein Spieler hat in dieser Saison schon mehr Lobeshymnen auf den Leib geschrieben bekommen als der niederländische Verteidiger. Vollkommen zurecht. Van Dijk ist Leader und Grund für die überraschend starke Liverpool-Defensive in diesem Jahr. Mit seinem Auftreten und seiner Aura verleiht er jedem Mitspieler mehr Selbstbewusstsein und ordnet das Spiel der Reds von hinten heraus. Lange Vertikalpässe, die direkt in gefährlichen Situationen resultieren zählen ebenso zu seinen Qualitäten wie eine unheimliche Stärke bei Standards. Er kann auch im Viertelfinale eine wichtige Rolle spielen.
Der FC Porto ist in der Runde der letzten 8 wohl so etwas wie der Underdog. Die Portugiesen sind gemeinsam mit Ajax Amsterdam der einzige Teilnehmer im Viertelfinale der nicht aus einer der Top5-Ligen stammt und deshalb naturgemäß als “leichtes Los” vermerkt worden. Während Ajax sich durch starke Leistungen gegen Bayern München und Real Madrid als Favoritenschreck profilierte, kann Porto auch auf solche Mutmacher nicht wirklich zurückblicken. Nachdem man Teil einer der leichtesten Gruppen der diesjährigen Champions League war, ging es im Achtelfinale gegen die Roma, einen Verein, der zum Zeitpunkt der Spiele in einer großen spielerischen Krise steckte. Porto unterstrich im Hinspiel allerdings erst einmal das Underdog-Image. In einem zähen Spiel rieb sich die Roma lange auf und konnte erst spät zwei Tore erzielen. Doch trotz des fast gänzlichen Verzichts auf Offensive wurde es am Ende ein Ergebnis mit dem Porto gut leben konnte. Ein lang geschlagener Ball (symptomatisch in diesem Spiel) führte zum Auswärtstor und damit zu einem 2:1.
Und dieses Rückspiel sollte dann viele Hoffnungen der Porto-Anhänger erfüllen. Denn im Gegensatz zum Hinspiel verließen sich die Portugiesen nicht auf die Defensive sondern starteten von Anfang an mit hohem Druck in die Partie und erzielten das 1:0 völlig verdient gegen indisponiert wirkende Römer. Das 1:1 des Gastes durch einen Elfmeter noch in der ersten Halbzeit kam dementsprechend überraschend, ließ den Gastgeber allerdings nicht verzagen. Über 90 Minuten hinweg war Porto die spielbestimmende Mannschaft und konnte sich, durch Marega, erneut belohnen. Dass es “nur” zu einem 2:1-Sieg und damit für die Verlängerung reichte unterstreicht allerdings auch, dass Porto qualitativ nicht in der obersten Riege anzusiedeln ist. Denn die Roma war nicht mehr als ein Schatten des letztjährigen Barca-Bezwingers. Durch einen Foulelfmeter nach VAR-Einsatz konnte Alex Telles dennoch das 3:1 und damit das Weiterkommen in der Verlängerung sichern. Porto hat bewiesen gerade zuhause auch Druck ausüben zu können und die Ambitionen durch Willen unterstrichen.
Betrachtet man die Ligatabelle ist Porto in guter Form. Man steht punktgleich mit dem Spitzenreiter, Benfica, auf Platz 2 und hat weiterhin gute Chancen auf die Meisterschaft. Eine Niederlage am letzten Spieltag hat die Portugiesen allerdings erst einmal den Platz an der Sonne gekostet. Herausragend sind vor allem die nur 17 Gegentore in 28 Spielen. Die Kernkompetenz Portos lieg ganz offensichtlich im defensiven Bereich. Denn bei den geschossenen Toren liegt man ganze 19 Tore hinter Konkurrent Benfica. Porto ist diszipliniert und hat in dieser Saison, nicht zuletzt im Achtelfinale, bewiesen, hellwach zu sein, wenn es darauf ankommt. Trotzdem geht man als klarer Underdog in das Duell mit den Reds und man sollte eine sehr defensive Aufstellung erwarten, vor allem, weil portugiesische Klubs auswärts häufiger Probleme haben.
Auch wenn das Hauptaugenmerk des FC Porto auf der Defensive liegen wird, ist der Schlüsselspieler in dieser CL-Runde ein Offensiver. Denn dass Porto über 90 Minuten dem Druck eines europäischen Topteams standhalten kann darf weiter bezweifelt werden. Auch die Gegentore im Achtelfinale unterstreichen diese Einschätzung. Porto wird also darauf angewiesen sein aus wenig viel zu machen. Und dort kommt Moussa Marega ins Spiel. Der 27-Jährige hat in den letzten 6 Champions League Partien ein Tor erzielt und ist damit die beste Hoffnung Portos auf ein so wichtiges Auswärtstor. Alleine aufgrund der Spielanlage der Portugiesen ist Marega ein Spieler der im europäischen Wettbewerb nicht allzu viele Möglichkeiten für seine Tore brauchte und definitiv die größte Gefahr für die Reds. Zudem ist er physisch stark und kann die Bälle offensiv gut festmachen.
Wie schon durch die Betrachtung beider Teams klar dargelegt, dürfte uns in diesem Viertelfinale kaum ein Duell mit offenem Visier erwarten. Porto wird viel daran setzen die Offensivmaschinerie Liverpools abzufangen und ein Ergebnis einzufahren welches eine weitere Sensation im heimischen Stadion ermöglicht. Auch wenn hierfür ein Auswärtstor fast unerlässlich scheint ist nicht mit viel Druck Portos auf die Abwehr Liverpools um Van Dijk zu rechnen. Es wird für die Defensive der Reds vornehmlich darum gehen in den wenigen gefährlichen Situationen hellwach zu sein und sich keine Fehler zu erlauben die Marega bestrafen könnte. Liverpool wird allerdings auch ziemlich sicher nicht durch die Reihen des Gegners pflügen, wie es zum Beispiel in der letztjährigen CL-Saison des Öfteren der Fall war. Die Reds werden auf ein gut funktionierendes, diszipliniertes Defensivbollwerk treffen und sind angehalten Lösungen zu finden. Ein hoher Sieg für Liverpool würde Klopps Team nicht nur was das Selbstvertrauen angeht gut tun, sondern auch den Druck vom Rückspiel etwas abmildern. Nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass auch in der Liga weiterhin alle Reserven gefragt sind. Klopp wird also durchaus offensiv agieren und hoffen, dass Porto unter hohem Druck schnell einbricht.
Porto bringt weder die innovativste Spielidee noch einen hochkarätigen Kader mit nach Liverpool, wird es den Reds allerdings dennoch schwer machen. Die Vorzeichen für einen Heimsieg stehen aber sehr gut.
Liverpool: Alisson; Alexander-Arnold, Matip, Van Dijk, Milner; Fabinho, Henderson, Keita; Salah, Firmino, Mane
FC Porto: Casillas; Militao, Felipe, Leite, Telles; Corona, Danilo, Otavio, Brahimi; Marega, Soares