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·9. Juli 2024

Danke, Waldi!

Artikelbild:Danke, Waldi!

Nachdem am 21. Juni Selbstdarsteller und selbsternannte Experten wie Plettigoal erstmals von einem Transfer berichteten, ist es jetzt endlich offiziell: Waldemar Anton zieht seine Ausstiegsklausel und wechselt zu Borussia Dortmund.


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Eigentlich hätte er den Verein gar nicht wechseln wollen, so wird Anton in den offiziellen Kanälen des BVB zitiert. Aber dann rief Xabi Alonso von Leverkusen an und dann bot Dortmund noch mehr Geld. Was soll man da machen? Völlig nachvollziehbar, dass der letztjährige VfB-Kapitän zu den Schwarz-Gelben geht: höheres Einkommen. Höhere Chance, dauerhaft Champions League zu spielen. Bessere Aussichten in der Nationalmannschaft durch regelmäßiges Zusammenspielen mit Nico Schlotterbeck. Alles klar also?

Für viele VfB-Fans nicht. Sie haben ernst genommen, was Anton vor gut zwei Monaten den 11Freunden sagte: “Warum sollte ich ständig wechseln, wenn ich mich in einer Stadt oder bei einem Verein wohlfühle? Noch dazu, seit ich Kinder habe. (…) Ich habe Vertrauen und Ehrlichkeit gespürt. Das war mir immer wichtiger als Statussymbole oder Geld.“ Wir dachten, er wäre einer von uns, wie kamen wir nur dazu, diesen Worten zu glauben? Wir wissen doch, dass im Profi-Fußball so etwas wie Ehrlichkeit, Respekt und Anstand nicht gibt – oder wenn überhaupt, dann nur sehr, sehr selten. Es gibt nur einen Wert: Geld. Und davon gibt’s einfach mehr in Dortmund als in Stuttgart.

Viele haben tatsächlich geglaubt, Anton wäre anders. Da kam der Fußball-Romantiker in uns hoch. Jetzt enttäuscht zu werden, ist ein harter Schlag. Aber wir müssen Anton dankbar sein: Er hat uns deutlich vor Augen geführt, dass wir mit Spielern immer nur eine kurze Affäre haben, womöglich sogar eine heiße. Aber eine dauerhafte Liebesbeziehung haben wir nur mit einem: unserem Club. Danke, Waldi, dass Du uns klar gemacht hast, dass wenn wir unser Herz verlieren an einen Spieler, dass es immer nur eine einseitige Liebe ist. Dass wir mit Zurückweisung leben müssen. Das hilft uns für die Zukunft.

Auch andere Spieler vor ihm haben den VfB verlassen (und es werden weitere folgen). “Aber der Ton macht die Musik”, hat meine Mutter immer gesagt. Gregor Kobel oder Serhou Guirassy haben nie das Wappen geküsst, auf dem Zaun vor der Cannstatter Kurve gestanden oder inflationär die Treue geschworen, sie haben immer klar signalisiert, dass sie Ambitionen haben und dass der Weg beim VfB irgendwann einmal zu Ende ist. Wie Anton zum BVB ging, ist letztlich unwürdig. Sein erstes Statement in Dortmund: unbeholfen, lachhaft.

In seinen vier Jahren beim VfB spielte Anton eine gute Aufstiegssaison 2020/2021, mit ihm und ein bisschen auch wegen ihm sind wir zwei Mal dem Abstieg gerade so von der Schippe gesprungen. Seine Prime hatte er als Kapitän, Leader und Abwehr-Chef in der zurückliegenden Runde. Wir sind dankbar für seine vier Jahre beim VfB, haben ihn sogar in unsere Traum11 2014 bis 2024 gewählt. Und was waren wir für ihn? Eine Durchgangsstation zur nächsten Stadt, in der er sich wohl fühlt. Zum nächsten Verein, zur nächsten Liebe, bei der Statussymbole oder Geld nicht so wichtig sind. Das müssen wir nicht gut finden, aber wir müssen damit leben.

Waldemar Anton wird damit leben müssen, dass sein Empfang am vierten Spieltag im Neckarstadion nicht gerade freundlich sein wird (wie es ausgeht, haben wir hier geschrieben). Aber er wird mit den Schultern zucken, so wie er es in vielen Interviews nach dem Spiel gemacht hat. Und es wird wieder unbeholfen wirken.


In den letzten zehn Jahren gab es gute und schlechte Zeiten. Das haben wir anläßlich unseres zehnjährigen Blogiläums in einem Magazin zusammen gefasst. Wir würden uns freuen, wenn ihr unser 68 Seiten starkes Vertikalmagazin bestellt und uns damit unterstützt.

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Zum Weiterlesen: Rund um den Brustring meint: “Es ist immer wieder erstaunlich, wie schlecht die Fußballbranche sich teilweise kommunikativ präsentiert — und sich dann über emotionale Reaktionen jener wundert, für die das Spiel mit Emotionen eben nicht nur ein Geschäft ist, sondern wirkliche Emotion.”

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