SV Werder Bremen
·29. Dezember 2024
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Romano Schmid kann auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken (Foto: WERDER.DE).
Hinter Romano Schmid liegt ein besonderes Jahr. Ein Jahr, in dem der 24-Jährige richtig durchgestartet ist – sowohl beim SV Werder, als auch in der Nationalmannschaft. 49 Spiele absolvierte der Österreicher in den Trikots beider Mannschaften, spielte sich in den EM-Kader seines Heimatlandes und schoss sein erstes Tor bei seinem ersten großen Turnier. Warum das größte Highlight des Jahres trotzdem ein anderes war und was Werders "Spieler der Saison 2023/24" an sich selbst nach so einem Lauf noch kritisieren kann, verriet er im Interview mit WERDER.DE.
WERDER.DE: Romano, wir sitzen hier zusammen, um über das Jahr 2024 zu sprechen. In so wenigen Worten wie möglich: Wie würdest du dein Jahr beschreiben?
Romano Schmid: Da würde ich einfach sagen: Sehr schnell und sehr stark verbessert.
WERDER.DE: Wie ist sehr schnell gemeint?
Romano Schmid: Am Jahresbeginn war ich noch kein Stammspieler, beziehungsweise noch nicht so eine Option im Nationalteam. Ich bin im März einmal reingerutscht und habe dann zehn oder elf Spiele von Beginn in der Nationalmannschaft gemacht. Bei Werder habe ich in diesem Jahr nur im ersten Spiel auf der Bank gesessen und dann nie wieder. Es ging sehr schnell, dass ich mich sehr stark in beiden Mannschaften etabliert habe. Daran sieht man, was in einem Jahr möglich ist.
WERDER.DE: Würdest du auch sagen: Das beste Jahr deiner Karriere?
Romano Schmid: Ja, all in all auf jeden Fall.
WERDER.DE: Das beweisen auch die Zahlen, die du geliefert hast. Im Kalenderjahr 2024 hast du für Werder nur ein Spiel verpasst - aufgrund einer Gelbsperre - und hast jedes Länderspiel absolviert. Wie ist es dir gelungen so zu performen?
Romano Schmid: Da muss ich zuerst Stoxi (Günther Stoxreiter, Anm. d. Red.), unserem Athletiktrainer, ein riesengroßes Kompliment machen. Seit zwei Jahren arbeite ich mit ihm sehr eng. Er hat mich in allen Belangen weitergebracht. Natürlich gehören auch die Physios dazu. Jetzt, wo das Jahr dem Ende zugeht, merke ich aber schon, es ist ein Ritt auf der Rasierklinge. Mein Körper sagt langsam, es wird richtig anstrengend.
WERDER.DE: Wie macht sich der Körper da bemerkbar?
Romano Schmid: Es geht um leichte Fehler im Spiel, dass man körperlich einfach was spürt, oft erschöpft ist. Wenn man meine Passquote in der letzten Saison mit dem halben Jahr in dieser vergleicht, sieht man eine Veränderung. Ich war in den letzten Wochen nicht mehr so klar in jedem Pass, wie zuvor. Das gehört aber dazu. Jetzt heißt es Akkus in der Pause neu aufladen und nächstes Jahr wieder genauso angreifen wie dieses Jahr.
WERDER.DE: Lass uns auf die EM gucken. Wahrscheinlich ein Highlight in diesem Jahr. Oder sogar das Highlight?
Romano Schmid: Nein, das Highlight war die Geburt von meinem zweiten Sohn. Dass das alles so nah beieinander lag, das war sehr schwer und kräfteraubend. Ich bin von der Nationalmannschaft abgereist, dann wurde mein Sohn geboren und zwei Tage später habe ich gegen Serbien im Testspiel von Beginn an gespielt. Das war gefühlmäßig, genau wie im ganzen Jahr, ein Auf und Ab. Es gab sehr viel Höhen, aber auch Momente, wo man am liebsten an zwei Orten gleichzeitig gewesen wäre. Deshalb war es mental nicht ganz so einfach.
Die Familie steht für Romano Schmid an erster Stelle (Foto: W.DE).
WERDER.DE: Du sprichst deine Familie an. Was bedeutet es dir, dass du dieses Jahr mit deiner Familie erleben darfst?
Romano Schmid: Alles. Wenn man merkt, wie mein Großer Werder liebt und jeden Tag im Kindergarten ein Werder-Trikot oder Österreich-Trikot tragen will, dann ist das etwas ganz Besonderes. Da merkt man, dass so ein ganz kleiner Mann auch schon stolz auf mich ist. Auch wenn mein Sohn manchmal traurig ist und weint, wenn wir verlieren, sieht er mich einfach als Mensch. Auch wenn ich ein schlechtes Spiel gemacht habe. Das ist für mich das Wichtigste. Wir sind alles keine Maschinen. Bevor ich meine Kinder bekommen habe, war ich sehr emotional und habe alles immer nach Hause getragen. Das ist weniger geworden. Ich kann mit schlechten Spielen besser umgehen. Deswegen ist die Unterstützung meiner Familie sehr wichtig.
WERDER.DE: Zurück zur EM, wo du, wenn auch für dich selbst teilweise überraschend, eine wichtige Rolle gespielt hast. Mit knapp sechs Monaten Abstand. Wie blickst du auf das Turnier zurück?
Romano Schmid: Es war eine außergewöhnliche Zeit mit – und das ist noch wichtiger – außergewöhnlichen Menschen. Ich kenne viele Jungs schon sehr lange. Wenn man jeden Tag mit ihnen zusammen spielen und gemeinsam so einen Traum leben darf, bei dem man eine Rolle spielt, dann ist das etwas ganz besonderes. Wir sind eher wie eine Familie, als eine Fußballmannschaft. Am Ende ist es immer noch schmerzhaft zurückzublicken, weil wir und alle in Österreich das Gefühl hatten, dass da mehr drin war. Wir konnten aber jedem zeigen, dass wir eine Gruppe mit den Niederlanden, Polen und Frankreich als Erster bestehen können und dass wir als Fußballland größer geworden sind und immer noch wachsen.
WERDER.DE: Stichwort Traum: Wie ist es ein Tor bei einem großen Turnier zu schießen?
Romano Schmid: Das war etwas Besonderes. So ganz einordnen kann ich es noch nicht. Es ist Fluch und Segen im Fußball: Keinen interessiert mehr, dass ich dieses Tor gemacht habe. Aber für mich bleibt es für immer. Es kann nicht jeder von sich behaupten, bei einer Europameisterschaft ein wichtiges Tor geschossen und gegen eine der besten Mannschaften im Turnier ein gutes Spiel gemacht zu haben. Es war außergewöhnlich.
WERDER.DE: Wenn man dich beobachtet wirkst du sehr selbstbewusst, aber auch gleichzeitig selbstkritisch. Wie kritisch bist du mit dir nach diesem Jahr?
Romano Schmid: Die Rückrunde der letzten Saison war richtig gut. Vor allem in den letzten zehn oder elf spielen habe ich gescort und war ich richtig im Flow. Da gibt es gar nichts, was ich kritisieren kann. Bei der Euro mit der Nationalmannschaft hat das auch noch angehalten, genau wie in der Nations League. Ich bin aber kritisch, was dieses halbe Jahr angeht. Es hat richtig gut begonnen und wir stehen als Mannschaft gut da. Ich hätte aber gerne noch besser gespielt, wie die letzten Wochen waren, gefällt mir größtenteils nicht. Aber das gehört dazu. Es war ein ganz langes Jahr, ich habe knapp 50 Spiele gemacht. Da bin ich stolz drauf.
Mit Ole haben wir uns jedes Jahr weiterentwickelt. Es macht Spaß, wie wir Fußball spielen.
Romano Schmid
WERDER.DE: Du hast am Anfang gesagt, dass es nicht nur ein schnelles Jahr war, sondern auch eins, in dem du besser geworden bist. In welchem Bereich hat diese Entwicklung für dich persönlich am meisten stattgefunden?
Romano Schmid: Ich denke, es ist die Präsenz. Ich habe, die letzten Wochen ausgenommen, nicht viel mit mir gehadert, wenn ich einen Fehler gemacht habe. Ich habe immer versucht, der Mannschaft zu helfen und das Zepter zu übernehmen.
Romano Schmid durfte in diesem Jahr oft mit seinen Kollegen jubeln (Foto: W.DE).
WERDER.DE: Im Sommer hast du gesagt, du möchtest dich auch dahin entwickeln, Führungsspieler zu werden. Wie sehr bist du schon in diese Rolle reingewachsen in den letzten Monaten?
Romano Schmid: Von Beginn der Saison bis jetzt habe ich das ganz gut erfüllt und bin immer vorangegangen. Bei den meisten Spielen bin ich zufrieden, mit dem, wie ich das gemacht habe. Zuletzt bin ich nicht ganz so zufrieden mit mir, aber da bekomme ich die Unterstützung von meinen Kollegen. Das ist sehr schön.
WERDER.DE: Von deiner Entwicklung zu der, des Teams. Immer wieder werden die Fortschritte gelobt, die ihr besonders unter Ole Werner in den letzten Jahren gemacht habt. Wo siehst du die größte Entwicklung?
Romano Schmid: Mit Ole haben wir uns jedes Jahr weiterentwickelt. Es macht Spaß, wie wir Fußball spielen. Wir sind nicht die größte Mannschaft, aber schlagen kaum Bälle weg und wenn dann gezielt im Spielaufbau. In diesem Bereich haben wir einen enormen Schritt gemacht. Dazu kommt die Kompaktheit. Ausgenommen der zwei Spiele gegen Gladbach und Bayern waren wir in jedem Spiel messerscharf, aktiv und präsent und hatten den Willen zu gewinnen. Da haben wir die größte Entwicklung gemacht. Wir spielen super Fußball, könnten uns aber vielleicht noch mehr Torchancen herausspielen. Wir spielen kontrolliert und arbeiten uns daher eher bessere Torchancen heraus statt viele.
WERDER.DE: Vielen Dank für deinen ehrlichen Rückblick, Romano!