Das Sportswashing funktioniert: Saudi-Wechsel dürfen keine Normalität werden! – Ein Kommentar | OneFootball

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·10. Februar 2025

Das Sportswashing funktioniert: Saudi-Wechsel dürfen keine Normalität werden! – Ein Kommentar

Artikelbild:Das Sportswashing funktioniert: Saudi-Wechsel dürfen keine Normalität werden! – Ein Kommentar

Cristiano Ronaldo war einst der Anfang der großen Transferoffensive der Saudi Pro League. Zwei Jahre später werden Wechsel in den Wüstenstaat zunehmend achselzuckend hingenommen. Das darf nicht sein, findet 90PLUS-Redakteur Till Gabriel. Ein Kommentar.

Erfolgreiches Sportswashing der Saudi Pro League: Der Aufschrei bleibt aus

Als der europaweit begehrte spanische Nationalspieler Gabri Veiga vor anderthalb Saisons im Alter von nur 21 Jahren von Celta Vigo zu Al-Ahli wechselte, waren Teile der Fußballwelt regelrecht geschockt. Real-Ikone Toni Kroos kommentierte den obligatorischen „Here we go“-Post von Transferexperte Fabrizio Romano mit „Embarrassing“ (deutsch: „Peinlich“).


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Mit Jhon Duran hat nun einer der talentiertesten jungen Stürmer der Welt Aston Villa den Rücken gekehrt. Der Kolumbianer fühlte sich mit 21 Jahren offenbar bereit für den nächsten Karriereschritt. Doch der Angreifer unterschrieb nicht etwa bei einem englischen Top-Team, in Mailand oder in Madrid. Hauptsache Kohle, so hieß es für den Hochveranlagten, er läuft nun neben Cristiano Ronaldo für Al-Nassr in der Saudi Pro League auf. Der Aufschrei wie bei Veiga blieb aus, in den sozialen Medien hielten sich Kritik und Zuspruch die Waage.

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Eine gefährliche Entwicklung. Gerade, wenn es um Saudi-Arabien geht. Ein Land, in dem Menschenrechte optional sind und das durch den Fußball Greenwashing betreibt, immer mit Blick auf die Heim-WM 2034. Der ausbleibende Aufschrei zeigt: Das Sportswashing funktioniert.

Der Staat finanziert die Superstars

Neureiche Ligen im sportlichen Nirwana gab es im Fußball schon immer. Bereits in den 1970er-Jahren lockte die North American Soccer League, ein Vorläufer der MLS, Weltstars wie Pelé, Gerd Müller, George Best und Franz Beckenbauer mit stolzen Gehältern in die USA.

Mitte bis Ende des letzten Jahrzehnts zog es immer mehr Spieler in die Chinese Super League. Mit Akteuren wie Chelsea-Stammkraft Oscar oder dem späteren Dortmunder Axel Witsel ließen sich auch Spieler im besten Fußballeralter die absurden Gehälter nicht entgehen. Der chinesische Fußballverband selbst brachte die Blase zum Platzen, indem er eine Luxussteuer auf kostspielige Transfer erhob und eine Gehaltsobergrenze einführte. Damit sollte die Jugendarbeit und die Entwicklung einheimischer Spieler gefördert werden.

Dass auch in Saudi-Arabien Verband oder Staat den Vereinen Steine in den Weg legen werden, ist nicht nur unwahrscheinlich, sondern viel mehr das komplette Gegenteil des Status quo. 2023 übernahm der staatliche Public Investment Fonds Mehrheitsanteile an den vier Fußballklubs Al-Ahli, Al-Hilal, Al-Nassr und Al-Ittihad und ist so unmittelbar an den Aktivitäten der Vereine beteiligt.

„Saudi-Arabien würde lieber über Neymar und Ronaldo sprechen als über Salma al-Shehab“

Der Staat investiert in den Sport, um ein anderes Bild des Landes zu vermitteln. Mit Mega-Events wie der WM 2034, kleineren Turnieren wie der spanischen Supercopa oder Aufsehen erregenden Transfers soll der Fußball genutzt werden, um Missstände und Menschenrechtsverletzungen zu kaschieren. Akteure wie CR7 schwärmen gegen enorme Summen vom Leben in Saudi-Arabien und dem Niveau der Liga, Vinicius Jr. sollte mit der Aussicht gelockt werden, Botschafter der WM 2034 zu werden.

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FIFA-Präsident Gianni Infantino ist ein Befürworter der WM 2034 in Saudi-Arabien. (Photo by Francois Nel/Getty Images)

„Saudi-Arabien würde lieber über Neymar, Ronaldo und Benzema sprechen als über Salma al-Shehab“, sagte etwa Stephen Cockburn von Amnesty International. Die 35-Jährige Doktorandin kritisierte auf Twitter (heute X) die fehlenden Frauenrechte in dem Golfstaat und wurde zu einer 34-jährigen Haftstrafe verurteilt. Nur eines von unzähligen Beispielen. Zensur, Haft- und sogar Todesstrafen für Systemkritiker stehen an der Tagesordnung. Die Zahl der Hinrichtungen stieg 2024 laut Amnesty auf den höchsten Wert seit 1990.

Trotz dieser offensichtlichen Missstände und dem klaren Ziel, dass Saudi-Arabien durch sein Investment in den Fußball verfolgt, werden die kritischen Stimmen bei Transfers in die Saudi Pro League immer leiser. Selbst jungen Spielern, die ihre sportlichen Ambitionen und mögliche Weltkarrieren dem schnellem Geld unterordnen, werden diese Wechsel in den sozialen Medien nicht mehr so übel genommen wie noch vor wenigen Jahren. Die Kritik an diesen Wechseln darf jedoch nie ganz verklingen, sie muss dringend wieder lauter werden!

Natürlich ist es als Fußballer nicht verwerflich, finanziell das Maximum aus seiner Karriere herausholen zu wollen und selbstverständlich darf sich auch außerhalb Europas eine nationale Liga mit prominenten Namen auf ein neues sportliches Niveau haben. Dabei darf in diesem Fall aber nicht vergessen werden: Die Stars der Saudi Pro League lassen sich in erster Linie wissentlich als Instrument für Sportswashing benutzen.

Um endgültig zu verstehen, wie weltfremd das Leben in der Saudi Pro League tatsächlich ist, muss man übrigens nur noch einmal auf Jhon Duran blicken. Der Kolumbianer spielt und trainiert nun in Riad, lebt aber in Bahrain. Der Grund: In Saudi-Arabien darf er nicht mit seiner Freundin zusammen wohnen, da die beiden nicht verheiratet sind. Aber wegen so etwas den Statement-Transfer des Winters absagen? Nicht mit Al-Nassr! Der 21-Jährige soll nun täglich jeweils 500 Kilometer hin und zurück geflogen werden.

(Photo by Abdullah Ahmed/Getty Images)

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