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mattipeters·6. Dezember 2018
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mattipeters·6. Dezember 2018
Carlos Eduardo wechselte im Sommer 2007 zum damaligen Zweitligisten Hoffenheim und war ein vielversprechendes Talent, das auch von Eliteklubs wie Paris Saint-Germain umworben war. Später verließ er den Kraichgau in Richtung Kasan für 20 Millionen Euro.
Nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht war diese Personalie prägend für den Verein. Er bescherte Hoffenheim mit seinen Auftritten unwissentlich noch viele Jahre nach seinem Abgang einen weiteren Ballkünstler aus Brasilien: „Durch ihn habe ich die TSG kennengelernt. Seine Spielweise hat mir gefallen, als ich damals in Brasilien die Bundesliga gesehen habe: Tempo, Übersicht, Torgefahr“, sagte ein gewisser Joelinton Cassio Apolinário de Lira.
Als damals 11-Jähriger lernte er seinen aktuellen Arbeitgeber eben vor allem durch Eduardo kennen. Heute steht der Angreifer selbst in Sinnsheim auf dem Platz. Und das ähnlich erfolgreich. Mit vier Toren und fünf Torvorlagen ist Joelinton, zuweilen auch liebevoll Joe genannt, in dieser Saison an knapp einem Drittel aller TSG-Tore beteiligt.
Mit 1,86 m Körpergröße und knapp 80 Kilogramm ist der 22-Jährige reine körperlich ein perfekter Stoßstürmer. Allein seine physische Präsenz sorgt bei vielen Abwehrspielern des Fußballoberhauses für Albträume. Der bullige Angreifer kann aber nicht nur brachial. Wie es sich für einen Südamerikaner gehört, versteht er es auch mit dem Ball umzugehen und vor allem hat er seinen schwächeren Linken nicht nur zum Stehen.
Mit seiner Spielweise passt er sehr gut in das System von Julian Nagelsmann. Der Trainer der TSG präferiert im Sturmzentrum Spieler, die körperlich robust sind, den Ball behaupten können und auch vor Arbeit gegen den Ball nicht zurückschrecken. Insofern unterscheidet er sich auch von vielen seiner Landsmännern, die in der Offensive agieren. Auch sein Stellungsspiel kann sich sehen lassen. Durch seine Spielintelligenz läuft er die Verteidigung immer wieder clever an und erzwingt so Ballverluste bereits in der Hälfte seiner Widersacher.
Weiterhin zählt ein gutes Dribbling, ein strammer Distanzschuss und sehr ausgeprägtes Passspiel zu seinem Repertoire. Speziell in der österreichischen Bundesliga ließ er die ein oder andere gegnerische Hintermannschaft wie Slalomstangen stehen. “Er ist schon eine Kante, die eklig zu verteidigen ist”, scherzte Nagelsmann auf einer Pressekonferenz über seinen Angreifer.
Für einen Hünen wie ihn, gewinnt er zu wenig direkte Duelle in der Luft. In der aktuellen Spielzeit gewann der Brasilianer von seinen 91 geführten Zweikämpfen in der Luft nur jedes Dritte. Das zeigt sich auch in ausbaufähigen Kopfballspiel in der Offensive. Außerdem geht er mitunter zu ungestüm zur Sache, wenn es um den Kampf ums runde Leder geht. Dass die TSG derzeit die meisten Foulspiele in der Liga fabriziert, geht auch zu einem gewissen Teil auf seine Rechnung.
Seine Qualitäten im Torabschluss sind ebenfalls verbesserungswürdig. Mit 27 Versuchen den Ball im Tor unterzubringen, zeigte er sich in dieser Saison zumindest abschlussfreudig. Auf der Habenseite stehen für diese Vielzahl an zwingenden Offensivaktion allerdings „nur“ vier Treffer.
In Sachen Agilität und Beweglichkeit kann sich der Angreifer sicherlich auch noch steigern. Zugegeben, seine körperlichen Grundvorraussetzungen haben zwar viele Vorteile, allerdings gehen diese auch einher mit einer gewissen eingeschränkten Fähigkeit seine Masse zu manövrieren. Böse Zungen würden ihn sogar als teilweise zu hüftsteif bezeichnen.
Im Alter von 13 schloss sich Joelinton der Jugendabteilung des Sport Club do Recife, einem Erstliga-Klub in der Nähe seiner Heimat an. Als damals 18-Jähriger wechselte er dann für stolze 2.2 Millionen Euro zur TSG 1899 Hoffenheim in die Bundesliga. Nicht nur für ihn selbst verlief das erste Jahr in Deutschland einigermaßen enttäuschend, auch für die Kraichgauer war es keine gute Saison 2015/16. Am Ende konnte man den Abstieg gerade so vermeiden und entschied sich dazu das Nachwuchstalent für zwei Jahre an Rapid Wien zu verleihen.
Auch die anfängliche Sprachbarriere konnte die brasilianische Schrankwand zunehmend überwinden. Die logische Konsequenz war die Rückkehr nach Sinsheim. Als Ersatz für den nach Gelsenkirchen abgewanderten Mark Uth konnte er sich schnell zu einem wichtigen Bestandteil der TSG-Startelf entwickeln. Mit neun Torbeteiligungen erarbeitete sich der Stürmer genügend Argumente für ein neues Arbeitspapier und verlängerte seinen Aufenthalt bis 2022.
Die physischen Gegebenheiten und die Herkunft von Joelinton legen einen Vergleich zu seinem Vorgänger bei der TSG nah: Roberto Firmino. Der Offensivakteur in Diensten des FC Liverpool agiert zwar mitunter aus etwas tieferer Position als Ballverteiler und weicht ab und zu auf die Flügel aus, wird bei den Reds aber auch häufig im Angriffszentrum als Wandspieler eingesetzt.
Genau diese Rolle gibt „Joe“ für gewöhnlich beim aktuellen Tabellensechsten der Bundesliga: die Kante im Sturm. Man hat ihn in der laufenden Saison und auch bei Rapid Wien aber schon als mitspielenden Stürmer erlebt. Seine Dynamik und Ballkontrolle erinnern ebenfalls an die Fähigkeiten von Firmino, auch der 27-Jährige bei den Reds in der Premier League noch einmal ein gesteigertes Niveau erreicht hat, auf das sein Nachfolger noch hinarbeiten muss.
Beide Akteure verbindet der südamerikanische Flair, den sie mit dem ein oder anderen Kabinettstückchen unter Beweis stellen und der Einsatzwille. So sehr er den Quervergleich zu seinem Landmann auch verschmäht und nicht im Schatten eines Anderen stehen möchte, würde ihm ein ähnlicher Werdegang sicherlich gefallen. Schließlich träumt Joelinton trotz der jüngsten Vertragsverlängerung von einem Engagement im Mutterland des Fußballs und einer zukünftigen Berufung für die Selecao.