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·2. Dezember 2025
Domenico Tedesco nach Derby: „Ich bin enttäuscht, dass wir nur Remis gespielt haben“

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Nach dem 1:1 im Gipfeltreffen in der Trendyol Süper Lig zwischen Fenerbahce und Galatasaray trat Domenico Tedesco mit gemischten Gefühlen vor die Kameras. Der Trainer der Gelb-Marineblauen zeigte sich stolz auf die Reaktion seiner Mannschaft, zugleich aber deutlich enttäuscht über das Ergebnis. Besonders eine Frage nach der fehlenden Kontrolle in der ersten Halbzeit sorgte für spürbare Verärgerung beim Italiener. Tedesco erinnerte daran, gegen welchen Gegner man auf dem Platz stand, und stellte klar: „Zunächst einmal spielen wir gegen Galatasaray, wir spielen nicht gegen eine Mannschaft, mit der man scherzt!“ Damit setzte er ein klares Zeichen, dass das Derby für ihn ein Duell auf höchstem Niveau war, in dem Nuancen über Erfolg oder Misserfolg entschieden.
Der Coach betonte, dass in solchen Spielen Tempo, Gier und Mentalität wichtiger seien als sterile Ballbesitzstatistiken. Man habe es nicht mit einem unterklassigen Gegner zu tun, den man 90 Minuten dominieren könne, sondern mit einer Mannschaft, die es gewohnt sei, auf Topniveau zu spielen und Führungen zu verwalten. „Wir haben unser Bestes gegeben“, fasste Tedesco zusammen. Galatasaray habe viele lange Bälle auf Baris Alper Yilmaz und Victor Osimhen gespielt, seine Mannschaft habe diese Situationen aber über weite Strecken gut verteidigt. Aus seiner Sicht sei es daher falsch, von einer klar fehlenden Kontrolle zu sprechen, vielmehr habe das Spiel phasenweise in beide Richtungen geschwankt.
Ausführlich erklärte Domenico Tedesco den Matchplan von Fenerbahce für die Anfangsphase. Man habe bewusst auf einen simplen Start gesetzt, um nicht dieselben Fehler zu machen wie im vorangegangenen Spiel gegen Besiktas. „Wir wollten in den ersten 10–15 Minuten einfach spielen, ohne Risiko“, erklärte er. Ziel sei es gewesen, Galatasaray zunächst tief zu sehen und mit langen Bällen in den Rücken der Abwehr über Konterdruck und zweite Bälle Zugriff zu bekommen. Nach dieser Viertelstunde sollte das Team zu seinem gewohnten Positionsspiel zurückkehren und das Derby zunehmend kontrollieren.
Dieser Plan sei in der Realität jedoch nur teilweise aufgegangen. Anstatt die langen Bälle mit klarer Struktur in gefährliche Räume zu spielen, seien zu viele Zuspiele in Zonen gelandet, in denen nur harte Zweikämpfe und Zufallsbälle warteten. Die Szene vor dem Führungstor von Leroy Sane bezeichnete Tedesco als Stellvertreter-Moment. Nach einem Zusammenprall zwischen Kerem Aktürkoglu und Archie Brown landete der Ball beim deutschen Offensivstar von Galatasaray, der mit individueller Klasse zum 0:1 traf. „Durch einen Einzelfehler und Sanes individueller Qualität sind wir 0:1 in Rückstand geraten“, so Tedesco. Gerade weil der Gegner es gewohnt sei, auf hohem Level zu spielen und Führungen zu verteidigen, habe diese Szene das Spielbild massiv beeinflusst.
Auf der Pressekonferenz bewertete Domenico Tedesco die erste Halbzeit als weitgehend ausgeglichen. „Ich betrachte die erste Hälfte als 50:50“, sagte der Coach. Beide Teams hätten viele lange Bälle gespielt, was ursprünglich nicht Teil seines Ideals gewesen sei, sich aber aus der Dynamik des Spiels ergeben habe. Er räumte ein, dass Fenerbahce einen sehr schlechten Start erwischt habe, aus dem der Rückstand resultierte. Trotzdem habe keine Mannschaft in den ersten 45 Minuten ein klares Chancenplus, das ein Tor wirklich „verdient“ hätte. Aus seiner Sicht hätte der erste Durchgang auch problemlos 0:0 enden können.
Ganz anders sah Tedesco die zweiten 45 Minuten. Hier lag in seinen Augen die Kontrolle weitgehend bei Fenerbahce. Die Gelb-Dunkelblauen erhöhten das Tempo, setzten Galatasaray zunehmend unter Druck und kamen zu mehreren gefährlichen Situationen. „In der zweiten Halbzeit lag die Kontrolle ganz bei uns, deshalb bin ich stolz auf mein Team“, betonte der Trainer. Man habe sich nicht von Rückschlägen aus der ersten Halbzeit beirren lassen, sondern sei konsequent am Matchplan drangeblieben. Speziell im Umschaltspiel und Gegenpressing sah er deutliche Fortschritte im Vergleich zu den Wochen zuvor.
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Besonders zufrieden zeigte sich Domenico Tedesco mit der Arbeit gegen den Ball. Fenerbahce agierte über weite Strecken im 4-3-3 mit zwei Achtern, die situativ nach vorne schoben. „Wir haben unser eigenes Spiel akzeptiert“, erklärte er. Auf den Achterpositionen sollten Ismail Yüksek und Marco Asensio den Druck auf die gegnerischen Innenverteidiger erhöhen, während Edson Alvarez als Sechser den Raum vor der Abwehr schloss. Tedesco betonte, dass er sich kaum an klare Großchancen von Galatasaray außerhalb des Treffers von Leroy Sane erinnern könne.
Auch die Aufgabe gegen Stürmer wie Victor Osimhen und die Tiefenläufe von Baris Alper Yilmaz hätten seine Spieler diszipliniert gelöst. „Ich denke, wir verteidigen gut. Wir haben Osimhen gut verteidigt. Baris Alper ist ein sehr guter Fußballer und wir haben ihn ebenfalls gut verteidigt“, so Tedesco. Der Trainer verwies darauf, dass in Derbys häufig das Team im Vorteil sei, das das erste Tor erzielt. In diesem Fall sei es Galatasaray gewesen, weshalb der psychologische Druck zunächst auf Fenerbahce gelegen habe. Umso höher bewertete er die Fähigkeit seiner Mannschaft, sich von diesem Rückschlag zu erholen und im zweiten Durchgang die Initiative zu übernehmen.
Das Last-Minute-Tor, mit dem Fenerbahce noch zum 1:1 kam, wurde in einer Frage als mögliches „Meisterschaftstor“ bezeichnet. Domenico Tedesco reagierte darauf mit einem knappen „Ich hoffe“, machte aber deutlich, dass er den Fokus auf die Entwicklung der Mannschaft legt. „Es geht darum, nicht 1:0 oder 2:0 zurückzufallen. Wir wollten ein einfaches Spiel zeigen, das uns ein gutes Gefühl gibt“, erklärte er. Er erinnerte daran, dass er sich vor acht Wochen nicht hätte vorstellen können, diese Mannschaft bereits auf dem jetzigen Niveau zu sehen. Der Weg sei noch nicht abgeschlossen, aber die Schritte gingen in die richtige Richtung.
Tedesco unterstrich, wie wichtig ihm die Treue zum Plan ist. Man habe bereits im Spiel gegen Ferencvaros Budapest zahlreiche Chancen herausgespielt, dort aber „nur“ 1:1 gespielt. Auch im Derby hätte die Partie seiner Meinung nach zur Pause 0:0 stehen können, zumal Fenerbahce selbst auch ein Tor aberkannt wurde. „Was wir tun müssen, ist, uns davon nicht beeinflussen zu lassen und am Plan festzuhalten. Mir gefällt es, wenn das Team dem Plan treu bleibt“, sagte er. Genau diese Konsequenz sei für ihn ein Markenzeichen großer Mannschaften – und ein Ziel, das Fenerbahce Schritt für Schritt erreiche.
Auch personell war die Partie aus Sicht von Fenerbahce geprägt von Ausfällen und Umstellungen. Auf die Frage nach dem Fehlen von Wilfried Singo verwies Domenico Tedesco auf eine andere Schlüsselfigur: Sebastian Szymanski. „Wir hatten auch keinen Szymanski. Er ist für mich ein sehr wichtiger Spieler. In jedem Spiel, das er bestritten hat, hat er dem Team etwas gegeben“, erklärte der Italiener. Er ging sogar so weit zu sagen, dass man das Derby mit Szymanski vermutlich gewonnen hätte. Diese Aussage sollte jedoch nicht als Ausrede verstanden werden, sondern als Hinweis auf die Bedeutung von Kontinuität im Kader.
Tedesco erinnerte daran, dass er bereits bei seinem Amtsantritt auf mehrere Langzeitverletzte traf. Jhon Duran habe lange gefehlt, Edson Alvarez sei ebenfalls angeschlagen gewesen. Nun, nach dem großen Spiel, werde ihm wieder hauptsächlich gesagt, welche Spieler beim Gegner gefehlt hätten. „Es ist nicht schön, wenn ich jedes Mal nur die Ausfälle des Gegners kommentieren soll“, stellte er klar. Für ihn stehe im Vordergrund, Lösungen innerhalb der eigenen Gruppe zu finden und die vorhandenen Spieler weiterzuentwickeln.
Im letzten Teil seiner Ausführungen sprach Domenico Tedesco über sein Selbstverständnis und das Profil von Fenerbahce unter seiner Führung. „Am wichtigsten ist das Team selbst – nicht Tedesco oder irgendein anderer Trainer“, betonte er. Er liebe seine Mannschaft und seine Spieler, und fühle sich mit den türkischen Mitarbeitern im Klub so vertraut, als kenne er sie seit Jahrzehnten. Die Atmosphäre im Stadion bezeichnete er als großen Vorteil: Zu Hause könne man jeden Gegner schlagen, und in der richtigen Stimmung sei dies auch auswärts möglich.
Tedesco erklärte, dass er seine Profis immer wieder daran erinnere, alle Einflüsse – Wetter, Platz, Schiedsrichter – als Herausforderungen zu sehen, die man gemeinsam meistern müsse. „Wir müssen alle schlagen. Wenn ihr Spieler einer großen Mannschaft seid, dann sind wir das“, sei eine seiner Kernbotschaften. Der Coach verwies zudem auf seine bisherigen Stationen, etwa beim FC Schalke 04, wo er hinter dem FC Bayern München Vizemeister wurde und die Erwartungen im Folgejahr enorm stiegen. Der Weg müsse Schritt für Schritt gegangen werden, alles andere sei nicht gesund. Nach dem Derby blickte er bereits auf das nächste „sehr schwierige Spiel“ voraus, das gerade nach einem emotionalen Klassiker noch anspruchsvoller werde.
Neben dem Trainer kamen auch die Spieler von Fenerbahce zu Wort. Mittelfeldmotor Fred, der in der zweiten Halbzeit eingewechselt wurde, zeigte sich stolz auf sein Jubiläum: Er bestritt sein 100. Spiel im „Fener“-Trikot. „Ich bin stolz auf mein Team und sehr glücklich, hier zu sein. Fenerbahce ist wie meine Familie“, sagte der Brasilianer. Sportlich sah er seine Mannschaft klar auf der Siegerstraße. Man habe gut gespielt, ein Tor erzielt und mehrere weitere Chancen liegen lassen, die den Dreier hätten sichern können.
Dabei rückte Fred einen speziellen Aspekt in den Fokus: die Nachspielzeit. Das Spiel sei häufig unterbrochen worden, aus seiner Sicht sei die angesetzte Verlängerung von sechs Minuten daher zu kurz gewesen. „Das Spiel hätte länger dauern müssen“, meinte er. Am Ende sei man mit einem Punkt vom Platz gegangen, bleibe aber im Titelrennen voll dabei. Ähnlich differenziert äußerte sich Ismail Yüksek. Der Mittelfeldspieler sprach von einem „schwierigen Spiel“ gegen den Tabellenführer und räumte ein, dass die erste Halbzeit nicht zu Fenerbahce gepasst habe. Erst durch das Tor in letzter Minute habe man die Beziehung zum Spiel und zum Ergebnis wiederhergestellt.
Yüksek sah in diesem Last-Minute-Treffer einen möglichen Wendepunkt für die kommenden Wochen. „Dieses Tor kann der Vorbote guter Tage sein“, erklärte er. Vielleicht wäre es besser gewesen, in der ersten Halbzeit mehr Bälle in den eigenen Reihen zu halten, aber insgesamt habe sich das Team den Ausgleich erarbeitet. Er gratulierte beiden Mannschaften und auch dem Schiedsrichter, hob zudem die beeindruckende Choreografie der Fans vor Spielbeginn hervor. „Unsere Federn wurden zu Dornen“, beschrieb er das Bild der Kulisse – ein Symbol für den ungebrochenen Kampfgeist von Fenerbahce im Meisterschaftsrennen.









































