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·22. März 2025
Druck auf Stroot wächst: Muss der VfL Wolfsburg die Trainerfrage stellen?

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·22. März 2025
"Stroot raus" ist in den letzten Tagen ein vielgeschriebener Kommentar unter den Social-Media-Beiträgen der Frauen des VfL Wolfsburg. Die Forderung der Fans scheint klar: Cheftrainer Tommy Stroot sollte seinen Platz auf der Trainerbank der Wölfinnen lieber räumen. Doch wie gerechtfertigt ist diese Forderung oder sollten die Fans lieber nach dem Motto "trust the process" leben?
Die sportliche Lage beim VfL Wolfsburg ist in jedem Fall ein Kopfschmerz-Faktor für alle, die es mit den Grün-Weißen halten. Nach dem bitteren Aus im DFB-Pokal-Viertelfinale gegen Hoffenheim folgte die mehr als verdiente Topspiel-Niederlage gegen den FC Bayern, wodurch die Wölfinnen wohl auch im Rennen um die Meisterschaft nur hinterherlaufen können - in der eigenen Hand haben sie es jedenfalls nicht mehr. Auch in der Champions League sieht es düster aus: Im Hinspiel des Viertelfinals hagelte es eine 1:4 Schmach gegen den FC Barcelona. Es droht also für die Rekordpokalsiegerinnen die erste titellose Saison seit 2012. Da fällt der Blick natürlich zu erst auf den Hauptverantwortlichen am Seitenrand - den Cheftrainer Tommy Stroot.
Gegen ein Top-Team wie Barça zu verlieren ist definitiv keine Schande, doch die Art und Weise, wie die Wolfsburgerinnen auf dem Platz auftreten, gefällt vielen in letzter Zeit gar nicht mehr - und das auch zurecht. Die Mentalität, Konstanz und das Selbstvertrauen- und Selbstverständnis: Vieles, für das der VfL in den letzten Jahren symbolisch stand, scheint verschwunden zu sein. Vielleicht gingen diese Werte ja im Sommer durch den Abgang der drei wichtigen Spielerinnen Ewa Pajor, Lena Oberdorf und Dominique Janssen flöten. Ein personeller Umbruch ist immer schwer zu managen, von einem Top-Klub wie Wolfsburg ist die Erwartungshaltung dahingehend aber eine andere. Demnach können sich die Verantwortlichen nicht nach sechs Monaten immer noch auf dem Argument ausruhen, dass im Kader in dieser Saison Bewegung stattgefunden hat. Mittlerweile müsste sich die Mannschaft gefunden haben, doch davon fehlt weiterhin jede Spur. "Immer hungrig" ist der Slogan des VfL Wolfsburg, es wirkt aber aktuell, wie als hätten sich die Wölfinnen gerade sattgegessen. Es fehlt das Feuer auf dem Platz und der Glauben an die eigenen Qualitäten.
Die personellen Entscheidungen von Stroot können viele Fans nicht nachvollziehen. Unlängst wird sich mehr Rotation gewünscht. Im Sommer verpflichtete der VfL mit Luca Papp, Justine Kielland und Ariana Arias drei junge vielversprechende Spielerinnen. Doch alle drei kommen bisher nicht zum Zug und müssen sich mit dem Platz auf der Bank vergnügen. Selbiges gilt beispielsweise für Sveindis Jonsdottir und Rebecka Blomqvist, die sich einen Stammplatz auf der Bank gesichert haben und hauptsächlich als Wechselspielerinnen aufs Feld dürfen. Natürlich können hinter solchen Entscheidungen auch Faktoren stecken, die Außenstehende nicht wissen können. Ein unglückliches Bild gibt es nach außen jedoch trotzdem ab. Da stellt sich insgesamt schon die Frage, inwieweit die Kaderplanung der Wolfsburgerinnen Früchte trägt. Oder kann Stroot einfach nicht mit den vorhandenen Spielerinnen umgehen?
Eigentlich wollte der niederländische Cheftrainer im vergangenen Sommer seine sieben Sachen packen: Im Mai 2024 gab der Verein gemeinsam mit Stroot bekannt, dass der 36-Jährige seinen Vertrag nicht verlängern wird. "Eine Entscheidung für Veränderung - keine gegen den VfL Wolfsburg", erklärte sich Stroot zur damaligen Zeit. Vier Monate später dann die überraschende Pressemitteilung: Tommy Stroot wird sein Arbeitspapier bei den Wölfinnen nun doch bis 2027 verlängern. "So ist in den vergangenen Wochen bei mir der Entschluss gereift, dass mein Weg beim VfL noch nicht zu Ende ist und dass ich für eine neue Herausforderung keinen neuen Verein brauche", machte der Niederländer deutlich. Nun gut, eine Herausforderung hat Tommy Stroot in jedem Fall vor sich. Das Hin- und Her im vergangenen Sommer steht vielleicht auch etwas sinnbildlich für die Neuausrichtung des Vereins.
Apropos Neuausrichtung: Die Wölfinnen haben auch kommenden Sommer viele Abgänge zu verschmerzen. Jule Brand und Merle Frohms sind dabei nur zwei Namen, die bereits offiziell bestätigt sind. Um neue Spielerinnen ähnlicher Qualität vom Standort Wolfsburg überzeugen zu können, müsste die sportliche Leistung der Wolfsburgerinnen noch anziehen. Dabei hilft eine titellose Saison logischerweise erst mal nicht.
Tommy Stroot hat taktische Lichtblicke und Kniffe, wie bei der 6:1 Demonstration über Frankfurt im Februar ersichtlich wurde. Dort konnte er sein Team nach dem Aus im DFB-Pokal nicht nur moralisch, sondern auch sportlich perfekt auf die Partie vorbereiten. Ähnliches gilt für das Hinspiel gegen Bayern, wobei Wolfsburg mit 2:0 triumphieren konnte. Doch diese Auftritte sind für ein Team wie Wolfsburg in dieser Saison zu wenig. Wäre Stroot erst in dieser Saison zur Mannschaft gestoßen, hätte er bei den Fans wohl noch mehr Welpenschutz. Doch der Niederländer ist bereits seit 2021 als Cheftrainer für die Wölfinnen verantwortlich. Mit einer Meisterschaft und drei Pokalsiegen lässt sich seine Ausbeute angesichts der stetigen Entwicklung des Frauenfußballs mehr als sehen. Allerdings scheint Stroot in den letzten Spielzeiten mit dem VfL eher zu stagnieren. Den Ansprüchen der Rekordpokalsiegerinnen dürfte das nicht gerecht werden - besonders nicht mit den aktuell noch vorhandenen Spielerinnen. Eine etws schlechtere Saison ist noch lange kein Grund, um den Kopf in den Sand zu stecken. Jedoch müssen sich die Verantwortlichen des VfL die Frage stellen, ob Stroot weiterhin der Richtige für den Umbruch und weitere zwei Jahre tragbar ist.
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