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·13. Juni 2024
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Die deutsche Vorrundengruppe bei der Europameisterschaft 2024 hat es durchaus in sich. Die Gegner sind allesamt eingespielte Mannschaften mit starken Individualisten. Zwei essentielle Spieler jeder Mannschaft werden wir euch im folgenden etwas genauer vorstellen:
Der sicherlich bekannteste Name im ungarischen Kader ist der von Dominik Szoboszlai (23). Der variabel einsetzbare Offensivspieler verbrachte zweieinhalb Jahre in Deutschland bei RB Leipzig, nachdem er beim Partnerverein in Salzburg ausgebildet worden war. Im vergangenen Sommer zog der Liverpool FC die Ausstiegsklausel, die in Szoboszlais Vertrag enthalten war, der Ungar wechselte für die stolze Summe von 70 Millionen Euro nach England.
Bei den Reds war er vor allem in der Hinrunde ein essentieller Bestandteil des Erfolgs und aus der Stammelf von Jürgen Klopp (56) nicht wegzudenken. In den ersten 18 Partien stand Szoboszlai in der Startelf, die ersten zehn spielte er gar über die volle Distanz. Im Januar dann bekam der Ungar ein paar Probleme mit seinem Oberschenkel und verpasste insgesamt fünf Spiele. Auch deshalb verlor er in der Folge seinen Stammplatz. Er kam dennoch auf starke 45 Einsätze wettbewerbsübergreifend, in denen er elf Torbeteiligungen beisteuerte.
Grund für die wenigen Scorer war, dass er – nachdem er bei Leipzig noch wesentlich offensiver eingesetzt worden war – vor allem auf einer der Achterpositionen im 4-3-3 und entsprechend wesentlich weiter weg vom gegnerischen Tor agierte. Zugute kam ihm dabei sein starkes Spiel gegen den Ball, vor allem im Gegenpressing. Mit dem Ball hat Szoboszlai seine Stärken vor allem bei Schüssen aus der Distanz, entsprechend sind auch seine Freistöße eine echte Waffe. Bei Ungarn ist auch spielerisch alles auf den ehemaligen Leipziger ausgelegt. In der Qualifikation für die Europameisterschaft war Szoboszlai an acht der 15 Treffer der Ungarn direkt beteiligt. Schafft man es, ihn aus dem Spiel zu nehmen, reißt das ein kreatives Loch in die Offensivbemühungen der Osteuropäer.
Der zweite Spieler, den wir euch etwas vorstellen wollen ist in Deutschland wesentlich weniger bekannt. Milos Kerkez (20) gilt als eines der größten Talente auf der Linksverteidiger-Position. Der in Serbien geborene Kerkez hat dabei schon eine bewegte Karriere hinter sich. Nachdem er einige Jahre in der Jugend von Rapid Wien verbracht hatte, ging Kerkez für zweieinhalb Jahre nach Ungarn. Von dort folgte der frühe Wechsel zu einem absoluten Topclub, dem AC Mailand.
Da er sich hier jedoch nicht so ganz einleben konnte folgte im Januar 2022 der entscheidende Transfer. Aus Mailand ging es zum AZ Alkmaar in die niederländische Liga. Dort entwickelte sich Kerkez hervorragend und war schnell Stammspieler. So wurde der AFC Bournemouth auf den jungen Ungarn aufmerksam und verpflichtete ihn im Sommer 2023 für knapp 18 Millionen Euro.
Und auch bei den Cherries im Süden Englands weiß der Linksverteidiger zu überzeugen. Bis auf zwei Phasen, als er von Verletzungen ausgebremst wurde, war Kerkez Stammspieler im Team von Andoni Iraola (41). Spielerisch ist der Ungar ein sehr kompletter Spieler. Offensiv kann er sich sowohl im Spielaufbau einschalten, da er über ein starkes Passspiel verfügt. Kerkez schaltet sich jedoch durchaus auch gerne mit nach vorne ein und dringt bis weit in die gegnerische Hälfte mit vor. Gegen den Ball kommt dem jungen Linksverteidiger seine Athletik zugute. Es gibt kaum einen Spieler, der im direkten Duell an ihm vorbei kommt, da er sowohl die nötige Geschwindigkeit, als auch Beweglichkeit und Kraft mitbringt. Dieses Gesamtpaket könnte durchaus dafür sorgen, dass Kerkez nach einer guten Europameisterschaft den nächsten Schritt geht und zu einem absoluten Topteam wechseln wird.
Der Bereich auf dem Spielfeld, in dem die Schotten ihre besten Spieler haben, hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert. War vor einigen Jahren noch die Linksverteidiger-Position mit Andrew Robertson (30) von Liverpool und Kieran Tierney (26) vom Arsenal FC das Prunkstück der Mannschaft, ist es inzwischen das zentrale Mittelfeld. Dort sind die Bravehearts inzwischen derart gut aufgestellt, dass Trainer Steve Clarke (60) für Scott McTominay (27) eine neue Position finden musste.
(Photo by JORGE GUERRERO/AFP via Getty Images)
Der Spieler von Manchester United, der dort in der Regel als defensiver Mittelfeldspieler genutzt wird, agiert in der Nationalmannschaft deutlich offensiver. Das kommt McTominay auch durchaus zugute, schließlich war er einst in der Jugend der Red Devils noch als Stürmer unterwegs. Erst unter Jose Mourinho (61) wurde der Schotte aufgrund seiner körperlichen Anlagen zum Sechser umfunktioniert.
In der Nationalmannschaft spielt McTominay zwar nominell nach wie vor als zentraler Mittelfeldspieler, hat jedoch nach vorne hin deutlich mehr Freiheiten als im Verein. Und so kommt es, dass der Red Devil mit sieben Toren der Toptorjäger der Bravehearts in der Qualifikation zur Europameisterschaft war. Seine kraftvollen Läufe in die letzte Linie sind kaum zu verteidigen, da es nur sehr wenige Mittelfeldspieler gibt, die die Athletik des Schotten mitgehen können.
Mark Atkinson, Journalist der schottischen Zeitung „The Scotsman“ ergänzt: „Da in den letzten Jahren mit Billy Gilmour ein klarer Sechser und auch einige individuell stärkere Innenverteidiger – McTominay hat dort bereits zuvor gespielt – zum Nationalteam dazugestoßen sind, wurde ihm eine immer offensivere Rolle zugewiesen. Er taktet seine Läufe in die gefährliche Zone sehr gut. Schottland nutzt seinen einzigen Stürmer, um gegnerische Innenverteidiger aus ihrer Komfortzone zu drängen und Raum für Mittelfeldspieler zu schaffen, in die sie hineinlaufen können. Davon hat McTominay profitiert.“
Ein Grund, warum McTominay inzwischen offensiver agiert ist die Entwicklung von John McGinn (29). Der Mittelfeldmann kam erst mit 24 Jahren aus seiner Heimat nach England und war beim Aufstieg Aston Villas ein entscheidender Mann. In den letzten Jahren hat sich McGinn immer weiter entwickelt und ist inzwischen einer der besten zentralen Mittelfeldspieler der Premier League.
Sein großes Plus ist dabei seine Vielseitigkeit. Bei Aston Villa wird McGinn nahezu überall im Mittelfeld eingesetzt. Er kann im zentralen Mittelfeld jede Position bekleiden, spielte zuletzt aber auch vermehrt im linken offensiven Halbraum. Seine Kernqualitäten sind dabei auf jeder Position dieselben: McGinn rennt bis zum Umfallen, gibt keinen Ball verloren und ist durch seine Spielintelligenz und sein Passspiel der ideale Ausgangspunkt für schnelle Gegenangriffe nach Ballgewinnen.
Doch auch im eigenen Abschluss hat sich McGinn in den letzten Jahren sichtlich verbessert. Er hat inzwischen ein viel besseres Gespür dafür, wann er sich mit nach vorne einschalten kann, wann er welche Räume besetzen muss und wann er sich einen Abschluss nehmen kann. Auch der Abschluss selbst ist inzwischen durchaus passabel, gerade aus der Distanz. Und so ist McGinn inzwischen einer der komplettesten Spieler der Welt, der offensiv und defensiv viel geben kann und bei dem jedes Team froh wäre, ihn zu haben.
Ein Spieler, der in letzter Zeit womöglich etwas aus dem kollektiven Bewusstsein der europäischen Fußballfans herausgefallen ist, ist Xherdan Shaqiri (32). Der offensiv variabel einsetzbare Schweizer wechselte nach seiner Zeit in England, wo vor allem seine Station in Liverpool und seine wichtige Rolle etwa beim 4:0 gegen den FC Barcelona im Gedächtnis geblieben sein dürfte, 2021 zu Olympique Lyon. Da es dort für Shaqiri überhaupt nicht funktionieren wollte (zwei Tore in 16 Einsätzen, viele von der Bank), ging der Schweizer mit kosovarischen Wurzeln bereits im Winter über den großen Teich zu Chicago Fire in die MLS.
In Amerika etablierte sich Shaqiri schnell als Führungsspieler seiner Mannschaft und ist inzwischen auch zum Kapitän geworden. Sportlich konnte der Offensivspieler jedoch nicht wie gewünscht voran gehen. 25 Torbeteiligungen in 69 Partien sind solide, in Chicago dürfte man sich jedoch deutlich mehr versprochen haben.
Wo Shaqiri jedoch immer abliefert ist die Nationalmannschaft. Gerade bei großen Turnieren trumpfte er in schöner Regelmäßigkeit groß auf. Und auch bei der Qualifikation für die anstehende Europameisterschaft zeigte Shaqiri seine Klasse. In nur sieben Einsätzen steuerte er fünf Torbeteiligungen bei. Noch ist nicht ganz klar, wie fit der Offensivspieler zu Turnierbeginn sein wird, da ihn eine Wadenverletzung bereits seit einiger Zeit zu schaffen macht. Beim Turnier wird Shaqiri jedoch auf jeden Fall dabei sein, und dann heißt es „Vorsicht“.
Ein Spieler, der in den letzten Jahren eine bemerkenswerte Entwicklung genommen hat ist Manuel Akanji (28). Der Innenverteidiger wechselte einst als großes Talent aus Basel zu Borussia Dortmund. Bei den schwarz-gelben spielte Akanji zwar regelmäßig, er entwickelte sich jedoch nicht wie gewünscht und war auch kein unumstrittener Leistungsträger. Und so kam es 2022 ein Jahr vor Vertragsende zur Trennung.
Überrascht waren viele Fans des BVB und auch neutrale Zuschauer, als Manchester City und Pep Guardiola (53) zuschlug und Akanji für 20 Millionen Euro verpflichtete. Zunächst als Spieler für die Breite vorgesehen, zeigte der Schweizer schnell, dass er zu deutlich mehr in der Lage war. Akanji stand in den letzten beiden Jahren insgesamt 96 Mal auf dem Feld. Dabei kommt ihm vor allem seine Vielseitigkeit zugute. Zumeist wird Akanji zwar in der Innenverteidigung eingesetzt, er kann jedoch auch beide Außenverteidigerpositionen bekleiden. Zudem ist er der erste Backup von John Stones (30) wenn es darum geht, welcher Innenverteidiger im Ballbesitz aus der Viererkette nach vorne ins Mittelfeld schiebt.
(Photo by Lars Baron/Getty Images)
Bei der Nationalmannschaft bekleidet Akanji die deutlich traditionellere Rolle als Abwehrchef. Doch auch in dieser Rolle glänzt Akanji inzwischen, man sieht ihm auch in Spielen der Nati das Selbstvertrauen, welches er unter Guardiola gesammelt hat, deutlich an. Und so wird der Innenverteidiger eine elementar wichtige Rolle in den Ambitionen der Schweizer spielen.
(Photo by Charles McQuillan/Getty Images)