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·29. Dezember 2025

Frag’ den Redakteur: Von Mbappé über Xabi bis Pérez

Artikelbild:Frag’ den Redakteur: Von Mbappé über Xabi bis Pérez
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Bei der letzten Ausgabe von Frag den Redakteur in 2025 ging es um diverse Themen – Fotos: getty images

Frage von Madrista: Im Sommer und auch zu Saisonanfang hat es so ausgesehen, dass unsere Mannschaft eigentlich gut zusammenpasst. Aber irgendwas ist im Zeitraum um den Clasico vorgefallen. Es sieht aus, als würde jeder für sich alleine spielen, ganz komisch. Denkt ihr, Alonso hat die Kabine nie bei sich gehabt, oder sie irgendwie verloren? Sicher sind viele Verletzt, aber es ist eine ganz komische Stimmung, wenn man die spiele anschaut. Extreme Leistungsabfälle innerhalb kurzer zeit. Denkt ihr, Alonso kann das noch herumreißen?


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Antwort Edin: Zunächst teile ich deine Beobachtungen bezüglich des Eindrucks zu Saisonbeginn und bis zum Clásico. Ich denke nicht, dass Xabi die Kabine verloren hat, ebenso hat er sie aber auch zu keinem Zeitpunkt zu 100 Prozent hinter sich gehabt, was nach einer ganzen Ära seines so komplett anders agierenden Vorgängers in meinen Augen weder verwunderlich noch tragisch ist. Tatsächlich halte ich den Vini-Vorfall im Clásico, vor allem das Ausbleiben jeglicher Konsequenzen, für fatal und einen der Hauptgründe für die anschließenden Turbulenzen im Innenverhältnis zwischen Teilen der Mannschaft und dem Trainer. Meine Beobachtung aus den letzten Wochen ist aber auch, dass es einen Ruck im Team gegeben hat und die Spieler sich zusammengerissen haben. Inzwischen sehe ich eine Mannschaft, die explizit für ihren Trainer spielt und um ihn kämpft. Hätten Teile des Teams wirklich vorgehabt, Alonso loszuwerden, hätte es im Dezember genügend Möglichkeiten gegeben, dies zu forcieren. Doch abgesehen vom Celta-Desaster habe ich schon endlich wieder so etwas wie Zusammenhalt gesehen. Nach wie vor glaube ich an Xabi Alonso, sportlich wie menschlich, allerdings muss er wieder zu sich selbst und den Mut zurückfinden, den er zu Beginn an den Tag gelegt hatte – Konkurrenzkampf ausrufen, rotieren, taktisch variabel und unberechenbar werden. Doch dafür braucht er zwingend die bedingungslose Rückendeckung seitens der Vereinsführung. Nur so kann das Projekt gelingen, ansonsten ist das Scheitern nur eine Frage der Zeit.

Frage von King_22: Was sagst du zu meinem Take „Mbappé – einer der weit überschätzten Transfers der Dekade“? Mich persönlich würde die Meinung Realtotals enorm interessieren. Vieles erinnert an Juventus 2018/19 mit CR7. Auch er hatte unfassbare Statistiken, Juve als gesamtes Team wurde aber nie wieder so stark wie in der Zeit vor CR7. Ein individueller Superstar muss ein funktionierendes Gebilde nicht zwangsläufig verbessern. Er kann es unter Umständen sogar brutal verschlechtern. Ein weiteres Indiz: die Entwicklung von PSG seit dem Mbappé Abgang.

Antwort Edin: Deine Aussage, dass eine Superstar alleine keinen Erfolg garantiert, teile ich, die Bewertung des Mbappé-Transfers allerdings nicht. Nicht nur wegen seiner Zahlen ist Mbappé in meinen Augen einer der wenigen Lichtblicke in den letzten Monaten gewesen, der im Training, aber auch in den meisten Spielen vorangeht und durchaus Leaderqualitäten zeigt. Dass Spieler wie Vinícius oder Rodrygo nach 2023/24 dermaßen unter ihren Möglichkeiten agieren, sehe ich nicht als Mbappés Schuld, sondern es liegt einfach an den Spielern selbst. Es wird nicht mehr mit der gleichen Intensität wie vorher trainiert, es fehlt die alte Gier, der unbedingte Siegeshunger, und das macht sich auch auf dem Platz bemerkbar. Viel zu viele Spieler sind fast nur mit sich selbst und den eigenen Befindlichkeiten beschäftigt und da nehme ich den Franzosen ausdrücklich aus. Der entscheidende Unterschied zu 2023/24 und den Jahren zuvor ist meiner Ansicht nach nicht Mbappé, sondern: Toni Kroos, Luka Modrić, Nacho, Joselu, de facto auch Dani Carvajal, die allesamt nicht nur sportlich eine Lücke hinterlassen haben, sondern vor allem als Führungspersönlichkeiten enorm und schmerzlich fehlen und als solche bis dato in keiner Weise ersetzt wurden. Diesem Real Madrid fehlen schlicht und ergreifend Leader auf und neben dem Platz. Vini, Rodrygo, Valverde, Tchouaméni oder Camavinga sind es aus unterschiedlichen Gründen nicht und werden sich in meinen Augen auch nicht mehr zu solchen entwickeln. In Bellingham und Mabppé sehe ich diesbezüglich Potenzial und gute Ansätze, aber das reicht bei Weitem nicht, um die oben genannten auch ansatzweise zu ersetzen. So schnell wird es logischerweise auch nicht gehen, aber hier müsste der Klub bei kommenden Transfers den Schwerpunkt setzen, denn nur jung und talentiert reicht offensichtlich nicht.

Frage von Hierro4Pen4lties: Was ist mit Raúl? Ich bin zwar nach wie vor der Meinung, dass Alonso Zeit braucht, aber er muss natürlich auch irgendwann wieder positive und anhaltende Tendenzen erkennen lassen. Er muss das Team führen. Taktische Ideen, auf die dann niemand hört, weil ihm alle auf der Nase rumtanzen, reicht eben nicht. Gut, da haben wir Fans zu wenig Einblick. Aber rein hypothetisch, wenn er irgendwann gehen müsste, warum hörte man im Zuge dessen nie den Namen Raúl? Arbeloa, Solari… sogar Klopp (was wirklich bekloppt ist – weil unrealistisch) usw, usf… nie aber Raúl. Ist das Tischtuch so zerschnitten? Ich finde er wäre eine tolle Alternative für den Worstcase, wenn es tatsächlich nicht funkt zwischen Xabi und dem Team.

Antwort Edin: Ich durfte Raúl in der vergangenen Saison aus der nächsten Nähe als Castilla-Coach beobachten und habe dabei einen guten, allerdings keinen herausragenden Trainer gesehen. Was ihm in meinen Augen für den Posten als Proficoach bei Real Madrid am meisten fehlt, ist das dafür notwendige Durchsetzungsvermögen – Raúl ist viel zu ruhig, viel zu nett und freundlich, manchmal wirkt er fast schon schüchtern. Abgesehen von seinen Fähigkeiten als Übungsleiter ist dies für mich der Hauptgrund, warum es nicht nur nie für die erste Mannschaft gereicht hat, sei es auch als Notlösung, sondern warum er nach der Trennung im vergangenen Sommer immer noch arbeitslos ist. So leid es mir aus Fansicht auch tut, sehe ich bei ihm generell recht schwarz, wenn es um ein Engagement im obersten Regal des spanischen und europäischen Fußballs geht. Ansonsten ist das Tischtuch zwischen ihm und Real Madrid keineswegs zerschnitten, man mag und schätzt sich weiterhin. Die Trennung war tatsächlich im gegenseitigen Einvernehmen erfolgt – Raúl wollte nicht mehr warten und stagnierte nur noch, der Klub andererseits wollte endlich neuen, frischen Wind in der Castilla sehen. Und lag hier mit Arbeloa nach Lage der Dinge alles andere als falsch.

Frage von hala_cedi: Wer sollte nächsten Sommer gehen (oder im Winter schon) und wo sollte man nochmals nachlegen, auf welchen Positionen und gerne kannst Du auch Namen nennen? Wie sieht dein Real Madrid 26/27 aus mit vollem Kader und Trainer?

und

Frage von HalaAhmed: Was muss passieren damit Real Madrid wieder ein ernst zunehmender Konkurret in der CL wird? Welche Spieler sollten zwingend kommende Saison gehen und wo sollten wir uns zwingend verstärken?

Antwort Edin: Im Winter wird eh keiner gehen und keiner kommen, aber im Sommer hoffentlich schon. Tatsächlich denke ich, dass man sich dann von Vinícius Júnior trennen sollte. Seit eineinhalb Jahren kommt von ihm sportlich wenig bis nichts, seit dem Theater um den Ballon d’Or 2024 ist der in meinen Augen nur noch mit sich selbst beschäftigt, hat zudem auf dem Platz beinahe an allem eingebüßt, was ihn jahrelang so einzigartig gemacht hatte. Spätestens nach dem Eklat im Clásico ist für mich das Maß voll. Auch in Rodrygo sehe ich einen Verkaufskandidaten, während ich den Vertrag von Antonio Rüdiger um ein Jahr verlängern würde. Nachlegen müsste man in der Abwehr trotzdem, und da man mit Rüdiger und Militão immer noch genügend Erfahrung hätte, werfe ich den Namen Luka Vušković in den Ring – für mich derzeit bester Bundesliga-Innenverteidiger, ein schier unendliches Potenzial und zu Tottenham will er wohl nur ungern zurück. Dazu würde ich gerne sehen, dass Joan Martínez Schritt für Schritt in den Profibereich eingeführt wird. Im Mittelfeld fehlt es an Kreativität und der Name Angelo Stiller machte schon im vergangenen Sommer die Runde – ich würde ihn sehr gerne in Madrid sehen. Mit Nico Paz kommt zudem ein inzwischen gereifter Offensivakteur mit zusätzlichem Entwicklungspotenzial zurück. Anstelle von Ceballos – der Zug ist längst abgefahren – würde ich außerdem gerne einen erfahreneren Mittelfeldmann mit Führungsqualitäten sehen, beispielsweise Fabián Ruiz. Rodri hingegen sehen wir hoffentlich nicht, denn einen weiteren Dauerverletzten braucht Real Madrid wahrlich nicht. Und ganz vorne ist man an sich schon gut aufgestellt, selbst bei einem Vini-Abgang. Wenn ich jedoch einen Wunsch frei hätte: Für Julián Álvarez würde ich scho sehr viel geben, wohlwissend, dass es äußerst unrealistisch ist. Also mit ganz viel Wunschdenken: Courtois, Lunin – Carvajal, Trent, Asencio, Huijsen, Militão, Rüdiger, J. Martínez, Vušković, Carreras, Fran García, Mendy – Valverde, Tchouaméni, Camavinga, Stiller, Bellingham, Arda Güler, Nico Paz, Fabián – Mbappé, Brahim, Mastantuono, Gonzalo, Endrick, Rodrygo, J. Álvarez – Trainer: Xabi Alonso.

Frage von King_22: Wie stehst du dem Modrić-Abgang gegenüber? Bei Milan ist der der mit Abstand stärkste und meist eingesetzte Spieler. Und beweist, dass er in dieser Form noch immer unser mit Abstand kreativster Mittelfeldspieler wäre.

Antwort Edin: Die Entscheidung, mit Luka nicht zu verlängern, habe ich im Mai schon überhaupt nicht verstanden, zumal es den Verein finanziell nicht einmal marginal belastet hätte. Jetzt kann ich umso weniger nachvollziehen, denn aktuell fehlen nicht nur Lukas sportliche Qualitäten – und ja, er wäre in dieser Form wohl mit Abstand der beste und beständigste Mittelfeldakteur bei Real, zumal er immer noch buchstäblich nie verletzt ist. Noch mehr vermisse ich aber die Führungspersönlichkeit und das Mentalitätsmonster Luka Modrić, denn in dem Bereich sieht es bei Real in meinen Augen derzeit zappenduster aus. Der aktuelle Kader hat enorm viel Qualität und Talent, aber kaum noch Leader, zumal mit Carvajal einer der wenigen faktisch auch dauerhaft fehlt. Mit Luka hat man den Letzten aus dieser großen Riege ohne Not verloren, sodass mein Fazit so ausfällt: Ein absolut unnötiger Fehler mit Ansage und fatalen Folgen.

Frage von Amadeus: Hallo Edin. Glaubst du, dass es besser wird, wenn Xabi Alonso einen Mittelfeldspieler bekommt, à la Granit Xhaka? Um mehr Struktur für Spiel zu geben.

Antwort Edin: Absolut, ich halte einen Neuzugang mit solchen oder ähnlichen Qualitäten für zwingend notwendig. Oben habe ich mit Angelo Stiller und Fabián Ruiz auch schon zwei konkrete Namen genannt, aber gegen einen wie Vitinha würde ich mich nicht wehren. So oder so braucht es jemanden, der für Struktur, Ordnung, Ruhe und Kontrolle im Mittelfeld sorgen kann, denn all das wird spätestens seit dem Modrić-Abgang schmerzlich vermisst.

Frage von realm: Was denkt RT, ist die Ermüdung oder die Einstellung das Hauptproblem bei vielen Spielern, die aktuell lahm wirken? Wie würdet ihr mit den aktuell (mehr oder weniger) fitten Spielern am liebsten aufstellen, damit wir defensiv wieder ein ansprechendes Niveau sehen, ohne Offensivkraft zu verlieren?

Antwort Edin: Etwas von Beidem, gepaart mit dem Fehlen von Führungsspielern. In den Vorjahren stimmte die Einstellung auch und vor allem deshalb, weil es immer mehrere Leder gegeben hat, die immer für die nötige Spannung und den Fokus gesorgt haben. Den allermeisten der aktuellen Blancos fehlt diese Eigenschaft, was kein Vorwurf ist, denn nicht jeder ist zum Anführer geboren oder geschaffen. Daher muss der Klub hier im Sommer zwingend nachjustieren, auf der anderen Seite aber auch die wenigen Spieler mit Leaderpotenzial wie Bellingham oder Mbappé diesbezüglich in die Pflicht nehmen.

Die eine klassische erste Elf sehe ich nicht, eher sehe ich gerade in der taktischen und personellen Flexibilität aus den ersten Saisonwochen die größte Stärke des aktuellen Kaders und hoffe, dass Xabi Alonso sich wieder darauf zurückbesinnt. Mal mit einer Dreierkette: Courtois – Trent, Militão, Huijsen, Rüdiger, Carreras – Tchouaméni, Valverde – Güler/Bellingham – Rodrygo, Mbappé, Brahim/Mastantuono. Oder aber mit einer Doppelspitze und Arda UND Jude dahinter: Courtois – Trent/Carvajal, Militão, Huijsen, Carreras – Tchouaméni, Valverde – Bellingham, Güler – Mbappé, Gonzalo.

Frage von Madridista2009: Gibt es klare Beweise dafür Das Florentino Perez oder jemand in einer höheren Position dem Trainer befiehlt wen er aufstellen muss und wen nicht? Gibt es seitens der Socios die Forderung nach einem Sportdirektor?

Antwort Edin: Nein, weder gibt es diesbezüglich Beweise noch stichhaltige Hinweise, lediglich viel zu gewagte und wenig seriöse, steile Thesen. Ich persönlich glaube nicht daran, dass Pérez oder sonst jemand aus der Führungsriege dem Trainer direkt vorschreibt, wie und mit wem er spielen lassen soll. Schließlich wollen sie alle ein erfolgreiches Real Madrid sehen und nicht die Interessen einzelner Spieler vertreten. Was aber die Klubführung bisher vermissen ließ, ist die klare und unmissverständliche Rückendeckung für den Trainer, insbesondere rund um die Geschehnisse mit Vinícius im und nach dem Clásico. Diese Untätigkeit hat der Autorität von Xabi Alonso alles andere als gutgetan.

Die Liste der Forderungen und Dinge, mit denen ein Großteil der Socios unzufrieden ist, ist sehr lang, ob es sich um Transferpolitik, Ticketpreise, Investorenpläne, Stadionnamen oder ganz allgemein um Transparenz handelt. Es rumort schon lange im Madridismo auf vielen Ebenen. Dabei muss man allerdings zwischen den knapp 100.000 Socios auf der einen und den knapp 2.000 „Socios Compromisarios“ auf der anderen Seite unterscheiden: Die Letztgenannten sind delegierte Mitglieder, die auf Mitgliederversammlungen abstimmen dürfen, und die sich Florentino Pérez im Laufe des letzten Jahre mehr oder weniger gezielt ausgesucht hat. Ergebnis: Jeder Vorschlag, jede Entscheidung des Präsidenten oder der Führungsriege wird quasi routinemäßig durchgewunken, so gut wie nichts kritisch hinterfragt. Umso größer ist dafür die Unzufriedenheit beim Gros der restlichen Mitglieder, die natürlich zahlenmäßig ganz klar die Mehrheit darstellen.

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