
Rund um den Brustring
·20. September 2025
Gegen den Trend

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·20. September 2025
Am Freitagabend zeigte der VfB gegen St. Pauli die erhoffte Reaktion auf den mutlosen Auftritt in Freiburg und den holprigen Saisonstart. Der Heimsieg zeigte, was möglich ist, wenn sich die Mannschaft auf ihre Stärken besinnt und diese auch auf den Platz bringt.
Schon in der vergangenen Saison war der damalige Aufsteiger in braun-weiß einer der herausforderndsten Gegner für den VfB: Im Dezember versauten sie uns mit dem ersten Auswärtssieg in Stuttgart seit über 30 Jahren den Abschluss eines phänomenalen Jahres, im Rückspiel mühte sich der VfB in Hamburg zu einem Arbeitssieg. Und jetzt? Grüßte der FC St. Pauli ungeschlagen von Platz 4, während man sich in Bad Cannstatt eine Woche lang einschloß und versuchte, den vor allem offensiv desolaten, aber auch mental erschreckenden Auftritt in Freiburg aufzuarbeiten. Glücklicherweise mit Erfolg, denn am Freitagabend gelang es den Brustringträgern, sich dem gegenläufigen Trend beider Mannschaft zu widersetzen und im zweiten Heimspiel in Folge einen zu-Null-Sieg einzufahren.
Dass das nicht-öffentliche Training und viele interne Gesprächsrunden nicht nur Kosmetik waren, merkte man vom Anpfiff weg: Der VfB wollte diesen Heimsieg und hätte Ermedin Demirovic bei seinem sehenswerten Flugkopfball nicht knapp im Abseits gestanden, wäre dieser vielleicht schon wesentlich früher unter Dach und Fach gewesen. Stattdessen verschoss Angelo Stiller noch ziemlich kläglich einen Elfmeter, bevor erneut Demirovic sich und seine Teamkollegen für einen mutigen, aggressiven und wachen Auftritt in der ersten Halbzeit belohnte. Und bevor wir auf den Torschützen zu sprechen kommen, möchte ich noch auf jemanden aufmerksam machen, der sinnbildlich für den Wandel im VfB-Spiel seit letzter Woche stand: Finn Jeltsch.
Zuletzt zeigte der vor allem unglückliche Abwehraktionen, kassierte in Freiburg noch einen etwas übertriebenen aber dennoch unnötigen Elfmeter gegen sich. Gegen St. Pauli hingegen war er nicht nur gegen den Ball wesentlich besser postiert, sondern leitete mit einem mutigen Lauf ins Mittelfeld auch die Führung ein — aber nicht nur das. Nachdem er den Ball bei Chema abgeliefert hatte, der wiederum Jamie Leweling in Szene setzte, rannte Jeltsch bis in den gegnerischen Strafraum durch und stand frei und bereit für den Fall, dass Demirovic eine Anspielstation brauchte. Er konnte ja nicht ahnen, dass der einzig verbliebene Mittelstürmer des VfB seine Hilfe gar nicht benötigte.
Denn Demirovic, dem die Geringschätzung seiner Fähigkeiten langsam auf die Nerven zu gehen scheint, wollte es nach Lewelings öffnendem Pass allen zeigen: Erst dribbelte er sich durch die Hamburger Abwehr, bevor er seinen Nationalkeeper Vasilj im gegnerischen Tor mit einem Lupfer überwand. Aber dieses erneute Kabinettstückchen war nicht das Einzige was Demirovic an diesem Abend für seine Mannschaft tat. Nachdem sich Atakan Karazor durch den Auftritt in Freiburg auf die Bank gespielt hatte, übernahm er die Binde und trug die Mannschaft ein gutes Stück des Weges zur Rehabilitation auf seinen Schultern. Sei es mit seinem Tor und seiner Vorlage auf Tor-Debütant El Khannouss oder als er Stiller nach dessen Elfmeter aufmunterte: Demirovic war der Führungsspieler, den wir in diesem Spiel brauchten.
Einerseits ist es erfreulich, dass man im Club nach dem 1:3 letzte Woche nicht einfach zur Tagesordnung übergegangen ist und beispielsweise mit dem Startelf-Debüt des starken Chema sowie der Rückkehr von Assignon Impulse gesetzt. Die führten dazu, dass die Mannschaft wesentlich zielstrebiger und mutiger nach vorne spielte, auch mal in den Druck hinein mit dem damit verbundenen Risiko. Dem war man ja nach den vier Gegentoren in Braunschweig in der Folge völlig aus dem Weg gegangen, was zu dem Kontrollverlust in Freiburg führte. Natürlich musste die Mannschaft auch gegen St. Pauli ein paar brenzlige Situationen am eigenen Strafraum überstehen. Unterm Strich lohnte sich aber der mutige Ansatz, denn der VfB dominierte den Gegner über weite Strecken des Spiels und hätte das Spiel auch durchaus höher gewinnen können.
Andererseits kommt diese Erkenntnis nach einer enttäuschenden Rückrunde und fünf bereits absolvierten Pflichtspielen vielleich etwas spät. Aber besser spät als nie. Eine Trendwende ist es in jedem Fall zu einem richtigen und wichtigen Zeitpunkt, die jetzt auch bestätigt werden will. Der Sieg unter Flutlicht, eingeleitet von der nächsten wundervollen Choreographie in der Cannstatter Kurve stärkt der Mannschaft den Rücken und macht den Kopf etwas freier, bevor jetzt wieder die englischen Wochen losgehen und man mit einer La Liga-Mannschaft wie Celta Vigo und dem gut gestarteten Aufsteiger aus Köln die nächsten Prüfsteine hat. Die Mannschaft sollte jetzt kapiert haben, dass es nur so geht, wie gegen St. Pauli: Mit Haltung zu Gegner und Spiel, mit der Bereitschaft, über mehr als 90 Minuten fokussiert zu bleiben und mit der nötigen Ruhe vorm Tor.
Zum Weiterlesen: Der Vertikalpass mahnt: “Der Trainer hat der Mannschaft Impulse gegeben. Sie hat verstanden und geliefert. Hoeneß und wir werden aber nur zufrieden sein, wenn das Spiel gegen Sankt Pauli kein One-Hit-Wonder war.”
Titelbild: © Christian Kaspar-Bartke/Getty Images
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