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·16. Oktober 2024
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·16. Oktober 2024
Nach dem herrlichen 1:0 freut sich der Kolumnist und schreibt über ewige Konkurrenz, einen wunderschönen Sieg und Nachbarn, die sich schämen
Noch lange nach dem Abpfiff saß ich Montagabend auf meinem Sofa und lächelte. Ich freute mich stumm und doch bestimmt mehr als die deutschen Fußballer, obwohl das unmöglich scheint, weil die ja so herrlich feierten und lachten, was die neue Grundeinstellung im Nationalteam ist. Ich erfreute mich an deren Freude, freute mich über ein großartiges Spiel.
Deutschland II gewann zwar nur 1:0, aber wie!
Und gegen wen: Holland. 68.000 Fans in München: begeistert. 68.000! Ich glaube, dass Julian Nagelsmann und die meisten Spieler bei ihrer Ehrenrunde keine Ahnung hatten, was sie gerade geleistet hatten. Ich rede nicht vom Erreichen des Viertelfinals der Nations League. Wen interessiert die Nations League?
Holland interessiert!
Man muss, um diese Kolumne vollumfänglich verstehen zu können, selbst gelitten haben. Ich habe gelitten, und zwar nicht zu knapp. Deutschland gegen Niederlande war schon immer ein spezielles Duell, vielleicht das speziellste überhaupt.
1974 das gewonnene WM-Finale gegen einen schier übermächtigen Gegner und das Genie Johan Cruyff – wir hielten mit einem Dreigestirn dagegen: der Kaiser, Gerd Müller und eine Schwalbe.
1988 das EM-Aus im Halbfinale in Hamburg – ausgerechnet ein Fußballgott, geboren als Jürgen Kohler, grätschte ins Leere.
1990 das legendäre 2:1 im WM-Achtelfinale. Das Spiel des Jürgen Klinsmann.
Ich immer: Puls 400.
Und das 1:2 im Jahr 2000 in Amsterdam, als die deutsche Mannschaft von Kluivert, Zenden, Seedorf & Co. komplett auseinandergenommen und nicht wieder zusammengesetzt wurde. Ich saß damals im Stadion und dachte: "Lieber Gott, tu' das bitte nicht! Ausgerechnet gegen die Holländer – davon erholen wir uns nie!"
In Wirklichkeit dauerte es 14 Jahre.
Und in all der Zeit: Durchgehend gut gepflegte Antipathie, schwerpunktmäßig von unseren Nachbarn ausgehend – Ronald Koemans Trikot-Arschwischer 1988, Frank Rijkaards Spuckattacke gegen Rudi Völler 1990. Plus selbst erlebte Pöbeleien in diversen Urlauben.
Was dem Dortmunder sein Königsblau, war dem Deutschen stets das Orange.
Und jetzt das: Die Holländer am Boden. Ausgespielt. Von einer Reservetruppe mit Namen drin, die nur buchstabieren kann, wer im vierten Semester Fußball studiert. Selbst aus Gegenpressing bis zum Anschlag kombinierte sich die deutsche Defensive in einer Weise heraus, dass man unweigerlich nachschaute, ob die Playstation an ist. Und vorn? Aus dem Hintergrund müsste Leweling schießen, Leweling schießt: Toooor für Deutschland!
Ach, der Schiri will nicht? Egal, dann halt noch mal.
Und Hollands Spieler so: ratlos. Man kann das nur genießen. Für dieses Spiel wurde das Wort "belämmert" erfunden. Auch Herr Koeman, inzwischen Oranje-Trainer, schaute defekt drein. Rache ist süß. Ich feier' das.
Raphael van der Vaart sagte danach, was viele Holländer dachten und jeder deutsche Fußballfan für sein Leben gern hört: "Heute schäme ich mich ein bisschen." Selbst Koeman räumte ein: "Sie waren heute besser, schneller und physischer. In vielen Punkten des Fußballs haben wir heute einfach versagt."
Viele = alle.
Das Komische an dieser Kolumne ist: Ich kenne eigentlich keinen Holländer, den ich nicht mag. Ich hab null gegen Holländer, und schon gar nicht gegen Niederländer (irgendwann werde ich den Unterschied bestimmt verstehen).
Ich HASSE es nur, gegen Holland zu verlieren.
Mein erster Gedanke nach dem Abpfiff war deshalb: Danke! Der zweite: Ich glaube, die da unten fühlen gar nicht, was sie eben geleistet haben – ZWEI Spiele, VIER Punkte, EINE Deklassierung.
Aber wie sollten sie es auch fühlen können? Als uns die Holländer 1988 aus unserer eigenen EM kegelten, bereiteten sich Nagelsmanns Eltern gerade auf seinen ersten Geburtstag vor. Torschütze Jamie Leweling kennt den WM-Sieg '74 höchstens aus staubigen YouTube-Videos, die er sofort wegklickt, weil der Kommentator so leise spricht.
Ich bin nun also endgültig glücklich mit Nagelsmann. So glücklich, dass ich sogar ein 0:2 gegen Bosnien locker wegstecken würde. Die andere Wahrheit ist: Das Glück hält nur bis zum nächsten Duell mit Holland. Bei der WM 2026, würde ich sagen.
Holland, we zien ons.
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