
Vertikalpass
·23. März 2025
Kuschelstufe Dunkelrot

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·23. März 2025
Während in der benachbarten Porsche-Arena die letzten Klänge des Soundchecks für Bonez MC verklangen, beschloss Erst-Interims-und-dann-gewählter-VfB-Präsident Dietmar Allgaier die ordentliche Mitgliederversammlung des VfB Stuttgart 1893 e.V. um Punkt 17:26 und gewann damit die Wette, dass die Veranstaltung vor 17:30 beendet sein würde. Es passender Abschluss für eine Mitgliederversammlung, die vermutlich jede und jeder der 1893 Brustring-Bande zufrieden verlassen haben dürfte.
Wer schon ein paar Versammlungen des obersten Souveräns des Vereins besucht hat, weiß, dass jede einzelne eine ganz bestimmte Stimmung hat. Es war vor allem Wut, als Wolfgang Dietrich 2019 abdankte, es war der Wille nach einem kompletten Neustart als Claus Vogt 2021 gewählt wurde, es war Enttäuschung und Desillusion vor acht Monaten als Vogt abgewählt wurde und Rainer Adrion zurücktrat. Und diesmal? Die Mitgliederversammlung 2025 kann man wohl am besten mit “Harmonie und Kontinuität” beschreiben: Das Präsidium in Person von Dietmar Allgaier und Andreas Grupp wurde mit starken Mehrheiten für 5 Jahre im Amt bestätigt, zwei Drittel des Vereinsbeirats wurden wieder gewählt und die Satzungsänderungsanträge wurden mit nordkoreanischen Mehrheiten durchgewinkt.
Dazwischen: Etwas Folklore mit der Aussprache, doch selbst hier wurde auf einem guten Niveau über Ticketvergabe (hier versprach Rouven Kasper mehr Transparenz), Rollstuhlplätze, das Catering und den ÖPNV-Zuschuss bei Heimspielen diskutiert. Da diesmal aber nicht wie beim Dunkelroten Tisch die Frage gestellt wurde, warum man 10 Millionen für einen 18-jährigen ausgibt, blieb Fabian Wohlgemuth, der als Sportverstand erstmals auf der Bühne saß, selbst ein einziger Wortbeitrag verwehrt. Dabei sein ist auch hier alles.
Im Vorfeld war spekuliert worden, ob Alex Wehrle den Bericht des AG-Vorstands nutzen würde, um die Mitglieder mit einem “One more thing” Moment zu überraschen – und das tat er. Dem Applaus nach zu urteilen dürfte die Vetragsverlängerung mit Sebastian Hoeneß bis 2028 (ohne Ausstiegsklausel!) auch das Highlight des Samstags gewesen zu sein.
Besonders schön war dabei, dass die Mitglieder diese Meldung exklusiv erfuhren bevor die News in die Welt ging. Noch schöner, dass die Vertragsverlängerung ein Wirkungstreffer für alle “Journalisten” ist, deren Meldungen auf Gerüchten statt auf Fakten basieren.
Wobei auch die weiteren News, die der CEO verkündete, durchweg positiv waren. Die Champions League Teilnahme bescherte der AG Rekordzahlen: Einen Gesamtertrag von 299,8 Millionen Euro und ein hieraus resultierenden Gewinn in Höhe von 15,4 Millionen Euro. Beides historische Höchstwerte.
Spannend war auch der Blick in die mittelfristige Zukunft, denn AG und e.V. haben bis 2030 einiges vor: Der Neckarpark soll mit neuen Sportstätten aufgewertet werden, das Clubhaus ist ein Fall für das Team von “Zuhause im Glück” und der VfB möchte sich offensichtlich stärker in Bad Cannstatt präsentieren. Den vagen Andeutungen nach zu urteilen, könnte das städtische Grundstück zwischen Bahnhof und Wilhelmsplatz sowie die Schwemme dabei ein Rolle spielen. Konkreter wurde es, als es darum ging, historische VfB-Stätten, die kaum jemand kennt, sichtbarer zu machen. Sprich: Die Verzahnung von Club und City soll verstärkt werden. Vielleicht gilt das ja auch für das Stadion?
Ebenfalls investiert werden soll in die digitale Infrastruktur: Künstliche Intelligenz, Videoproduktionen und mehr. Ambitionierte Pläne, schließlich ist 2030 auch schon in gut 5 Jahren und der Status Quo eher bescheiden.
Nach der verkündeten Vertragsverlängerung des Trainers war die Stimung natürlich bestens, aber es hatten sich ohnehin alle lieb: Das Präsidium den Vereinbeirat. Der Vereinsbeirat den Wahlausschuss. Und der AG-Vorstand die Mitglieder, weil 91,51 % von ihnen Dietmar Allgaier für fünf weitere Jahre zum Präsidenten wählten. Dass er der große Favorit im Dreikampf war, daran hatte es im Vorfeld zwar keine Zweifel gegeben, aber das Ergebnis war noch deutlicher als viele erwartet hatten. Weder Jochen Haas noch Pierre-Enric Steiger hatten eine Chance gegen den Titelverteidiger.
Der Erdrutschsieg des ehemaligen Interimspräsidenten deutete auch an, dass Andreas Grupp bei der anstehenden Wahl für das Präsidium gute Karten haben würde. Schließlich traten die beiden nicht nur bei der Präsentation der Berichte des e.V. und der Abteilungen im Team auf. Seit sie im Juli 2024 das Präsidium übernahmen, kehrte wieder Ruhe in den Verein und nicht zuletzt der Aufsichtsratsvoritz zurück zum Präsidenten. Das wurde von den Mitgliedern goutiert und Grupp erhielt mit Abstand die meisten Stimmen: 1.074. Dritter im Bunde bzw. im Präsidium ist ab sofort Stefan Jung. Ein Kandidat, der mit seiner extrem spannenden Vita (mehrere Unternehmen in Südost-Asien gegründet, groß gemacht, verkauft) die Mitglieder überzeugen konnte, ihn zu wählen statt seiner bekannteren Konkurrenten Bertram Sugg, Bernadette Martini oder Michael Reichl. Es wird spannend zu sehen sein, ob und wie sich Jungs Start-up-Mentalität mit den sich langsam drehenden Zahnrädern eines Traditionsvereins vereinbaren lässt.
Auf der Mitgliederversammlung in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle haben sich die Mitglieder für Dietmar #Allgaier als neuen Präsidenten des VfB Stuttgart 1893 e.V. entschieden. Andreas #Grupp und Stefan #Jung komplettieren das VfB-Präsidium. Zur Meldung: go.vfb.de/news6088 #VfB | #VfBMGV [image or embed] — VfB Stuttgart (@vfb.de) 22. März 2025 um 16:14
Kontiniutät gab es auch bei den Wahlen des Vereinsbeirats: Alle sechs Amtsinhaber, die sich für eine weitere Amtszeit beworben hatten, dürfen diese auch antreten: Werner Gass, Rainer Weninger, Christian Döring, Prof. Dr. André Bühler, Dr. Marc Nicolai Schlecht und Michael Astor. Neu dabei sind Jens Baierschmitt, Kai Lechner und Timo Theobald. Verzichten muss der VfB in Zukunft auf Bernadette Martini: Die Vereinsbeirätin wurde nicht ins Präsidium gewählt und damit sind Präsidium und Vereinsbeirat jetzt zu 100 % mit Männern besetzt. Gleiches gilt übrigens für die Satzungkommission. Dass im Wahlausschuss gleich zwei Frauen sitzen, ist eigentlich schon eine Sensation.
Zu guter letzt wurden alle Satzungsänderungsanträge der Satzungskommission mit großer Mehrheit akzeptiert: Der Brustring, der im Sommer 100. Geburtstag feiert, ist jetzt auch in der Satzung verankert, die Entscheidung über eine hybride Durchführung der Mitgliederversammlung liegt wieder bei den Mitgliedern und das Präsidium muss ab sofort immer drei Personen umfassen und nicht nur zwei wie bisher.
Kontinuität und Harmonie sind gut, aber es wurde auch deutlich, dass die Gremienmitglieder einen starken e.V. gegenüber der AG vertreten wollen. Aus der Vergangenheit wissen wir, dass das nicht immer ohne Misstöne möglich scheint. Deutlich wurde das an einer Frage, die ein Mitglied allen Präsidentschaftskandidaten stellte: Wie kann es eigentlich sein, das der Vorstand der VfB Stuttgart 1893 AG in einer DFL-Abstimmung im Namen des VfB für den Einstieg eines strategischen Partners stimmen kann, ohne dass die Mitglieder des VfB Stuttgart 1893 e.V. dazu befragt wurden? Eine wirklich konkrete Antwort blieben leider alle schuldig.
Abschließend kann man festhalten, dass es dem VfB gelungen ist, die Veranstaltung deutlich zu straffen: Knappere Redezeiten, ausgelagerte Ehrungen und Videoeinspieler statt Reden sorgten dafür, dass die Veranstaltung trotz Mammut-Agenda nach “nur” 6,5 Stunden beendet war. Auch das unverschämt teure Catering der Schleyerhalle wurde vom Verein für die Fans subventioniert. Alles Punkte, die schon seit Langem angesprochen wurden und jetzt konsequent umgesetzt wurden.
Aber man darf ja nicht alles gut finden, deswegen noch etwas Kritik: Die Lobby der Schleyerhalle hatte den Charme einer heruntergerockten Fabrikhalle. Ein wenig Weiß-Rot hätte hier sicher gut getan. Vielleicht hätte man die Fläche auch nutzen können, um den Abteilungen oder der Stiftung etwas Raum zu geben.
Last but not least: Die Vertragsverlängerung von Sebastian Hoeneß war nicht die einzige, die am Samstag exklusiv verkündet wurde: Auch Olympia-Silbermedaillen-Gewinner Leo Neugebauer bindet sich länger an den VfB Stuttgart!
Silbermedaillen-Gewinner 2024 in Paris, deutscher Rekordhalter im Zehnkampf und auch zukünftig im Brustring. Leo #Neugebauer hat seinen Vertrag beim #VfB verlängert. Wir freuen uns auf die Zukunft mit Dir, Leo! 🤍❤️ Zur News: go.vfb.de/neugebauerverlaengerung #VfB [image or embed] — VfB Stuttgart (@vfb.de) 22. März 2025 um 11:48
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