FC Bayern München
·16. März 2025
Lahm über Beckenbauer: „Das ist große Kunst“

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·16. März 2025
Franz Beckenbauer und Philipp Lahm – zwei Kapitäne, zwei Weltmeister, zwei Ikonen ihrer Heimatstadt. Zum Jubiläum richtet der FC Bayern den „Beckenbauer Cup“ aus, Lahm coacht dabei unsere Legenden. Ein Gespräch mit unserem Mitgliedermagazin „51“ über Gemeinsamkeiten zwischen Giesing und Gern und das ewige Vermächtnis des „Kaisers“.
Philipp, du bist wie Franz Beckenbauer in München geboren, beim FC Bayern groß geworden, hast als Kapitän sowohl den Verein als auch die Nationalmannschaft zu großen Erfolgen geführt. Hast du dich selbst jemals in einer Parallele zu ihm gesehen? „Natürlich gibt es Gemeinsamkeiten: beide in München aufgewachsen – er in Giesing, ich in Neuhausen. Beide Kapitäne des FC Bayern, auch bei der Nationalmannschaft. Aber für mich gilt seit jeher ein Grundsatz: Man vergleicht sich nicht mit Franz Beckenbauer. Und das werde ich beherzigen. Franz war einzigartig.“
Lahm über Beckenbauer: „Der FC Bayern ist seit Jahrzehnten die Heimat von besonderen Persönlichkeiten, und Franz überstrahlt alle.“
Was hat dich am meisten an ihm beeindruckt? „Ich habe seine aktive Zeit nicht miterlebt, aber die Erfolgsstory des FC Bayern ist sehr eng mit Franz Beckenbauer verbunden. Wenn man sich alte Aufnahmen anschaut, sieht man sofort: Er war seiner Zeit voraus – technisch, spielerisch, in seiner Eleganz. Bei ihm ging alles ein bisschen schneller, der Ball lag immer genau da, wo er hingehörte. Dann erinnere ich mich an die WM 1990, die ich als Kind vor dem Fernseher verfolgt habe. Da war Franz Teamchef, und die Mannschaft wurde Weltmeister. Man fieberte als Kind natürlich mit den Spielern mit, aber eben auch mit ihm. Später erlebte ich ihn immer wieder mal hautnah – mit dieser besonderen Mischung aus Witz, Leichtigkeit und Kompetenz. Das hat mich tief beeindruckt.“
Du hast ihn in vielen verschiedenen Rollen kennengelernt – als Präsidenten, Funktionär, Experten. Wie hast du seine Präsenz und seinen Einfluss wahrgenommen? „Sein Einfluss war riesig. Franz war ein absoluter Fußballfachmann, das wusste jeder. Er hatte als Spieler, Trainer und Funktionär alles erreicht. Für mich war er vor allem als Präsident prägend. Wenn er zur Mannschaft sprach, hatte das eine eigene Autorität. Man hörte automatisch genauer hin, weil man wusste: Das, was er sagt, hat Gewicht.“
Was hätte der Kapitän Philipp Lahm gesagt, wenn Präsident Franz Beckenbauer zu seiner Zeit die berühmte „Uwe-Seeler-Traditionsmannschaft“-Rede gehalten hätte? „Franz hatte diese besondere Art zu sprechen – und wenn man sich die Zeit nahm, erkannte man die Tiefe dahinter. Ich hoffe, dass alle, die ihn erlebt haben, jedes Mal genau zugehört haben. Er war ein Perfektionist, der immer die richtigen Worte fand. Und am Ende hat ihm der Erfolg recht gegeben.“
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Er hatte ein feines Gespür für Situationen. Gibt es ein besonderes Erlebnis, das dir abseits des Fußballs in Erinnerung geblieben ist? „Ja, während der frühen Vorbereitungsphase für die Heim-EM 2024 hat mich seine Frau Heidi angerufen, um mir Glück zu wünschen. Plötzlich machte sie den Lautsprecher an – und Franz meldete sich aus dem Hintergrund: ‚Philipp, du packst das, viel Erfolg!‘ Das war ein ganz besonderer Moment für mich, der mich sehr berührt hat.“
Hättest du ihn gern mal als Trainer gehabt? „Wer nicht (lacht)? Er war Perfektionist, hatte im Fußball selbst alles erlebt. Und solche Trainer hat man gern – Leute, die die Stimmung in einer Kabine kennen, die auf absolutem Top-Niveau gespielt haben. Man hat ihm eben gern zugehört. Er hat klare Anweisungen gegeben, Dinge deutlich angesprochen.“
Von ihm als Trainer blieb sein berühmtes „Geht’s raus und spielt’s Fußball“ hängen, dabei sagen ehemalige Spieler, dass er unglaublich akribisch war, unzählige Spiele auf Videokassetten analysiert hat. Wie passt das zusammen? „Ich finde, das ist auch eine Philosophie. Wenn man Top-Personal auf dem Platz hat und ein Trainer die Mannschaft vorher gut zusammengestellt hat, kann man die Spieler auch laufen lassen. Das heißt ja nicht, dass er vorher nicht gearbeitet hat. Im Gegenteil: Das bedeutet viel Vorbereitung. Aber im richtigen Moment zu sagen: ‚Ich vertraue euch, ihr seid gut vorbereitet – und jetzt habt Spaß da draußen‘, das ist doch große Kunst! Er hat seine Spieler im richtigen Moment gestärkt, ihnen Vertrauen geschenkt.“
Was war für dich seine größte Gabe? Und was hat er uns hinterlassen? „Immer ein offenes Ohr für den anderen zu haben. Jeder hat sich wohlgefühlt, wenn Franz in der Nähe war. Man hat gespürt: Er gibt eine Richtung vor, man kann ihm folgen. Franz hat Dinge ernst genommen, aber dabei nie verbissen gewirkt.“
Was an Franz auch faszinierend war: Jeder war für ihn gleich. „Das ist beeindruckend, wenn man bedenkt, was er alles erreicht hat und welche Bedeutung er in unserer Gesellschaft hatte. Jeder wollte was von ihm, und er schaffte es, jedem auch wirklich etwas von sich zu geben. Ähnlich habe ich das bei Uwe Seeler erlebt.“
Diese Leichtigkeit, die du vorher angesprochen hast – woher kam die deiner Meinung nach? „Ich glaube, er war mit sich im Reinen. Das ist enorm wichtig, denn Leichtigkeit kommt durch Selbstsicherheit. Dazu war er unglaublich talentiert, das darf man nie vergessen. Es gibt wenige Spieler, die so talentiert waren und das Spiel auf ein neues Niveau gehoben haben. Franz war der erste Spielmacher in der Abwehr, das gab es vorher nicht.“
Ist das heute überhaupt noch möglich, dass ein Spieler eine Position oder das Spiel neu erfindet? Oder ist längst alles ausdefiniert? „In dem Maße wie bei Franz wird es schwer. Aber ich bin davon überzeugt, dass exzellente Spieler ihre Position immer neu interpretieren und Standards setzen können. Das beste Beispiel haben die Fans des FC Bayern in Manuel Neuer vor Augen: Er hat das Torwartspiel revolutioniert. Herausragende Spieler zeigen neue Wege auf.“
Sprechen wir über den Beckenbauer Cup, bei dem du am 17. März im SAP Garden als Trainer unserer Legenden dabei bist. Wie wichtig sind Persönlichkeiten wie Franz Beckenbauer für die Identität des FC Bayern? „Enorm wichtig. Die Verbundenheit mit seinem FC Bayern hat man ihm immer deutlich angemerkt. Und man könnte da weitermachen: die Dynamik von Lothar Matthäus, das Selbstbewusstsein von Stefan Effenberg, die Leidenschaft von Bastian Schweinsteiger, die Dribblings von Karl-Heinz Rummenigge, das Torwartspiel von Manuel Neuer, die Genialität von Thomas Müller, der Torinstinkt von Gerd Müller. Der FC Bayern ist seit Jahrzehnten die Heimat von besonderen Persönlichkeiten, und Franz überstrahlt alle – er war der Erste, der mit dem Club Maßstäbe gesetzt hat.“
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Wie ist dein Blick auf den FC Bayern heute? „Ich werde mich immer als Münchner sehen. Zu der Stadt gehören der Marienplatz, die Frauenkirche, der Olympiapark, die Seen und Berge – und natürlich der FC Bayern. Ich hatte das Glück, hier geboren zu werden. Ich werde immer Teil dieses Vereins bleiben. Der FC Bayern ist mein Heimatverein, ich habe dort mein halbes Leben verbracht. Und wenn man irgendwo auf der Welt sagt, man kommt aus München, denken die meisten sofort an den FC Bayern und das Oktoberfest. Das gehört einfach zusammen.“
Beim Beckenbauer Cup wirst du viele ehemalige Kollegen treffen. Gibt es jemanden, auf den du dich besonders freust? „Das wird wie ein Klassentreffen, nur noch besser (lacht). Weil uns alle der Fußball verbindet, und das schon von klein auf. Wenn man ein Teil dieser Fußballkabine ist, schafft das eine besondere Verbindung. Es ist immer schön, alte Weggefährten wiederzusehen – Mitspieler, mit denen man viel Zeit verbracht hat, auf dem Platz, auf Reisen oder beim Kartenspielen im Hotel. Ich freue mich auch über Leute, mit denen ich selbst nie zusammengespielt habe, wie Klaus Augenthaler. Ich finde es spannend, seine Geschichten zu hören.“
Du wirst als Trainer an der Seitenlinie stehen. Denkst du schon über die Startaufstellung nach? „Ich bin einer von mehreren Trainern – Effe ist auch dabei, genauso Raimond Aumann. Wir werden ein gutes Trio sein. Und: So ein Legendenkick hat seine eigenen Gesetze, die Fans können sich freuen. Ich werde alles geben. Zwar bin ich noch kein alter Hase im Trainerjob, aber ich bringe die Erfahrung aus einem Dreivierteljahr als Co-Trainer der U13 der FT Gern mit.“
Du weißt, die Messlatte liegt hoch – wenn der FC Bayern ein Turnier veranstaltet, will er es auch gewinnen. „Notfalls sagt man einfach, dass wir ein guter Gastgeber waren, wenn andere gewinnen. Aber ich mache mir keine Sorgen um unsere Mannschaft. Ich weiß ja zum Beispiel, dass Arjen Robben mittlerweile Marathon läuft und topfit ist. Er bekommt auf jeden Fall seine Spielzeiten. Das ist ein Grund, warum ich selbst nicht mitkicke. Auf dem Kleinfeld im SAP Garden wäre es schwer, ihn zu hinterlaufen.“
Philipp Lahm ist neben Holger Badstuber, Klaus Augenthaler, Thomas Linke und vielen weiteren Legenden Teil des großen Jubiläumsfilms zu 125 Jahren FC Bayern.
Der Beckenbauer Cup ist ein Teil der Feierlichkeiten zum 125-jährigen Vereinsjubiläum. Du hast den FC Bayern über Jahrzehnte erlebt. Wie hat sich der Club in dieser Zeit verändert? „In den vergangenen zehn, fünfzehn Jahren ist wirtschaftlich enorm viel im Fußball passiert. Die Summen, die im Spiel sind, sind gigantisch gewachsen. Und das verändert auch einen Verein. Wichtig ist aber, dass man trotz allem gesellschaftliche Verantwortung übernimmt. Das macht der FC Bayern seit vielen Jahrzehnten auf eine großartige Weise. Ein Verein muss auch dafür sorgen, dass sich die Menschen in ihm wiederfinden können. Das ist entscheidend. Und natürlich muss man sich immer wieder anpassen. Das betrifft nicht nur den FC Bayern, sondern uns alle. Ich bin sicher, dass der FC Bayern in Deutschland weiter die Nummer eins bleibt. Mit Blick auf Europa ist der Club gut aufgestellt, aber man darf nie stehen bleiben und muss sich immer weiterentwickeln.“
Du hast vorhin die Erfolgsstory des Vereins angesprochen – welche Epochen oder Entscheidungen waren für den FC Bayern aus deiner Sicht am prägendsten? „Ganz klar die 70er Jahre – da kam vieles zusammen: die drei aufeinanderfolgenden Europapokal-Siege, prägende Persönlichkeiten wie Franz Beckenbauer, Sepp Maier und Gerd Müller. Und die Olympischen Spiele 1972 trugen maßgeblich zum Wachstum des Vereins bei: Plötzlich spielte man nicht mehr im alten, kleinen Grünwalder Stadion, sondern im hochmodernen Olympiastadion vor fast 80.000 Zuschauern. Ich bin davon überzeugt, dass Großereignisse enorm wichtig sind – nicht nur für den sportlichen Erfolg, sondern auch für die gesellschaftliche Akzeptanz und das Miteinander. Damals erlangte der FC Bayern Weltruhm, und damit wurde auch das ‚Mia san mia‘ geprägt – eng verknüpft mit Franz, seiner Spielweise und seinem Selbstverständnis. Plötzlich war da dieser unerschütterliche Glaube: ‚Uns kann keiner was!‘ Diese Mentalität wurde von Generation zu Generation weitergegeben. Das verpflichtet die Spieler. Als ich als Kind zum FC Bayern kam, wusste ich: Dieser Verein gewinnt mehr als andere.“
Wer wird das „Mia san mia“ in die Zukunft weitertragen? „Wichtig wird immer sein, dass Spieler aus der eigenen Jugend den Anschluss schaffen. Es geht nicht nur darum, hier zu spielen, sondern den Verein zu verinnerlichen. Franz Beckenbauer und ich haben das von klein auf getan, aber es kann auch anders laufen. Ein gutes Beispiel ist Stefan Effenberg: Er kam zum FC Bayern, ging, kehrte zurück und wurde Kapitän. Entscheidend ist die Identifikation mit dem Verein. Das ‚Mia san mia‘ ist keine Floskel, sondern ein Selbstverständnis. Wer von außen kommt, muss es in der Mannschaft spüren. Ich bin mit knapp zwölf Jahren zum FC Bayern gewechselt – da wusste man, was dieser Verein bedeutet. Man hat es gespürt. Spieler wie Bastian Schweinsteiger, Thomas Müller oder David Alaba haben das auch.“
125 Jahre FC Bayern – was wünschst du dem Verein? „Dass die Erfolgsgeschichte genauso weitergeht wie in den letzten fünf, sechs Jahrzehnten. Und dass der FC Bayern sich seiner Verantwortung weiterhin bewusst ist und aktiv daran arbeitet. Am Ende geht es darum, tolle Spiele für die Zuschauer zu garantieren – denn dafür gehen die Menschen ins Stadion. Sie wollen unterhalten werden, sie wollen sich mit dem Verein identifizieren. Diese Balance zu halten, das wünsche ich dem Club für die nächsten Jahrzehnte. Was Fußball ausmacht, ist, Menschen zu verbinden, sie zusammenzubringen. Das sollte der FC Bayern weiter verkörpern.“
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Illustrationen: Tim McDonagh // Alle Infos zum „Beckenbauer Cup“:
Wir haben auch mit Legende Klaus Augenthaler über den Kaiser gesprochen:
🎥 Jetzt den Film mit Lahm & Co. zu 125 Jahre FC Bayern anschauen:
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