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·1. September 2024
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·1. September 2024
Manchester United erlitt am Sonntag eine klare Heimpleite gegen den FC Liverpool. Muss der Trainer zittern? 90PLUS liefert die Blitzreaktionen.
Der FC Liverpool hat das Topspiel des dritten Spieltags der Premier League auswärts bei Manchester United klar mit 3:0 (2:0) für sich entschieden.
Luis Díaz brachte die Reds mit einem Doppelpack (35., 42.)auf die Siegerstraße, Mohamed Salah legte jeweils auf. Eine Reaktion der Red Devils blieb aus, Salah machte nach dem Seitenwechsel alles klar (56.).
Doch wie kam es soweit? Was haben wir gelernt und wie geht es weiter? Michael Bojkov und Chris McCarthy liefern die Blitzreaktionen.
Wie lief das erste Topspiel der Slot-Ära?
Arne Slot hat seine erste große Probe mit Bravour bestanden. Auffällig vor dem Doppelschlag in Halbzeit eins: Die Reds ließen den Gegner ein bisschen machen, gingen vorne nicht mit der letzten Intensität auf den Mann – weil Slot wusste, dass sich ManUnited gerne mal selbst schlägt, speziell wenn sie den Ball haben? Die Red Devils hatten jedenfalls durchgehend Probleme – weil sie arm an Ideen waren und weil zusätzlich zu der sich einschleichenden Verunsicherung Jota, Salah, Díaz und Szoboszlai in Personalunion vorne anliefen. Wenn Liverpool dagegen den Ball hatte, blieb er auch mal über längere Phasen dort. Wenngleich gegen ManUnited häufig noch die letzte Präzision fehlte und man außerdem von gegnerischen Aussetzern profitierte, zeigte die Mannschaft, dass sie nicht mehr auf das Gegenpressing als Ausgangspunkt angewiesen ist, sondern verstärkt auch über Kombinationsfußball zu Chancen kommen kann.
Michael Bojkov
In der Vergangenheit nahm Erik Ten Hag gegen Top-Gegner gerne die Außenseiterrolle an. Wie war es diesmal?
Siehe da, in Jahr drei angekommen, nahm Ten Hag tatsächlich die Zügel in die Hand. Sein Team begann auffällig selbstbewusst, agierte mit viel Intensität und Zug nach vorne. Ein gutes Zeichen … leider das einzige.
Denn im letzten Drittel wurde das Spiel zu berechenbar, echte Torchancen gab es kaum (nur 0,08 xG zur Halbzeit). Und: Man spielte Liverpool komplett in die Karten. Denn die Reds setzten auf Uniteds Defizite im Aufbau- und Kombinationsspiel. Und sie kamen. Zu einfach und zu oft. Spätestens nach dem 0:3 war die Verunsicherung zurück und der mutige Auftakt vergessen.
Chris McCarthy
Was war spielentscheidend?
Liverpools Effizienz, das einfallslose Mittelfeld der Red Devils, und vor allem ihre Fehleranfälligkeit. Keiner personifizierte Letzteres so sehr wie Casemiro.
Die Regression des Brasilianers hatte sich bereits im letzten Jahr angedeutet und setzt sich 2024/2025 erbarmungslos fort. Der 32-jährige Brasilianer wirkt mittlerweile zu langsam für die Premier League. Sowohl körperlich, wo er zu wenig Lücken schließt und nur schwer in die Zweikämpfe kommt, aber auch mental.
Zugegeben, der ebenfalls enttäuschende Kobbie Mainoo und Bruno Fernandes ließen Casemiro zu oft alleine. Das entschuldigt aber nicht seinen haarsträubenden Fehlpass vor dem 0:1 und die Leichtigkeit, mit der er sich vor dem zweiten Tor von Luis Diaz den Ball abluchsen ließ.
Bezeichnend, dass Ten Hag zur Pause lieber auf einen 20-Jährigen ohne PL-Erfahrung setzte (Toby Collyer) und Casemiro erlöste. Die Ankunft von Zweikampfmonster Manuel Ugarte (nach Verpflichtung am Deadline Day noch nicht im Kader) ist dringend notwendig, doch wird sie genügen?
Chris McCarthy
(Photo by Shaun Botterill/Getty Images)
Wie lief der erster Härtetest für Gravenberch auf der Sechs?
Eigentlich ist es nicht seine natürliche Rolle, entsprechend interpretiert er sie auch anders. Doch Ryan Gravenberch hat in allen drei Saisonspielen gezeigt, dass er der Sechser sein kann, den Liverpool auf dem Transfermarkt gesucht hat. Der Niederländer besticht durch seine Pressingresistenz, präzise Pässe und Lösungen auf engem Raum und setzt entscheidende Offensivakzente wie vor dem Abseitstor oder dem 1:0. Gegen ManUnited zeigte er zudem, dass auch gegen den Ball auf ihn Verlass ist. Zeugnis eines starken Auftrittes: 7/10 gewonnene Zweikämpfe, vier abgefangene Bälle, zwei Tacklings.
Michael Bojkov
ManUnited: Wie liefen die Startelfdebüts von De Ligt und Zirkzee ?
Wie seine Mitspieler, begann Joshua Zirkzee sehr verheißungsvoll. Immer wieder ließ sich der 23-jährige Niederländer ins Mittelfeld fallen, sorgte somit für Überzahlsituationen und setzte Kombinationen fort. Sein Startdebüt war alles andere als perfekt, in vielen Situationen regierte er nicht schnell oder genug genug, aber sein Raumverständis und seine Impulse waren noch ein Lichtblick.
Drei Gegentore beim Startdebüt eines Innenverteidigers lassen nichts gutes vermuten. Matthijs de Ligt dafür verantwortlich zu machen, wäre allerdings vermessen. Der Neuzugang des FC Bayern machte insgesamt ein ordentliches Spiel, gewann einige wichtige Zweikämpfe und war bei allen Tore machtlos. Zu gravierend waren die Probleme im Mittelfeld. Nach der Pause ließ er sich von der kollektiven Unsicherheit etwas anstecken, seine Auswechslung war allerdings eher eine Schutzmaßnahme, um Gelb-Rot zu verhindern.
Chris McCarthy
Was bedeutet das Resultat für Manchester United?
Die richtige Frage lautet wohl: was bedeutet das für Erik ten Hag? Es ist zwar erst der dritte Spieltag der Saison und ja, gegen den FC Liverpool kann man mal verlieren. Aber nach dem nächsten kostspieligen Transferfenster, drei Punkten aus drei Spielen und einer derartig deutlichen Niederlage gegen den großen Rivalen, hat der Druck auf den ohnehin schon angezählten Coach nur zugenommen.
Nach zwei Jahren, drei vollen Sommer-Vorbereitungen, 21 verpflichteten Spielern und Ausgaben im Bereich von weit über einer halben Milliarde Euro ist die Zeit der Ausreden endgültig vorbei. Der 54-jährige Niederländer muss endlich liefern. Denn von einer klaren Handschrift, ganz zu schweigen vom Ten-Hag-Ball bei Ajax Amsterdam, oder einer gewissen Stabilität ist weiterhin keine Spur. Da täuschen auch zwei FA-Cup-Siege nicht darüber hinweg.
Für einen Trainerwechsel scheint es noch zu früh, erst recht nachdem Ten Hags Vertrag seltsamerweise im Sommer verlängert wurde. Aber bereits das nächste Spiel, eine Auswärtsfahrt nach Southampton, scheint von massiver Bedeutung zu sein.
Chris McCarthy
Was bedeutet das Resultat für Liverpool?
Arne Slot ist in Liverpool angekommen. Dass die ersten drei Saisonspiele zu Null gewonnen wurden, darunter dieser deutliche Sieg im Old Trafford, spricht dafür, dass die Mannschaft den neuen Trainer und seine Spielidee angenommen hat und dass die Dinge früh in die richtige Richtung laufen. Überbewerten sollte man das 3:0 aber nicht. Wie eingangs erwähnt, lief im eigenen Spiel noch nicht alles perfekt, zudem profitierte man erheblich von gegnerischen Aussetzern. Das klingt jetzt alles negativer als es ist, soll aber nur zeigen, dass es die Dinge richtig einzuordnen gilt. Die Automatismen so zu festigen, wie sie Slot gerne hätte, wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Zeit, in der die Mannschaft mit Sicherheit auch das eine oder andere Tief überwinden muss. Gespannt darf man sein, wie die ersten englischen Wochen nach der Länderspielpause verlaufen werden.
Michael Bojkov
(Photo by Michael Regan/Getty Images)