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·22. Februar 2024
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·22. Februar 2024
Nicht einmal zwei Jahre ist es her, dass die deutsche Frauen-Nationalmannschaft ihre Fans bei der Europameisterschaft begeisterte und um Haaresbreite den großen Triumph verpasste. Am Ende war es nur Gastgeber England, dem man sich im Finale knapp mit 1:2, noch dazu nach Verlängerung, geschlagen geben musste. Eine der prägenden Spielerinnen im deutschen Team: Mittelfeldmotor Lina Magull, damals noch Kapitänin des FC Bayern, die im Eröffnungsspiel gegen Dänemark und im Viertelfinale gegen Österreich das wichtige 1:0, im Finale den 1:1-Ausgleich erzielte.
Das war im Juli 2022. Heute, Februar 2024, kämpfen die DFB-Frauen um die Qualifikation für die Olympischen Spiele. Und zwar ohne Magull. Die 29-Jährige, seit kurzem in Diensten von Inter Mailand, wurde für das Final Four in der Nations League nicht nominiert. "Lina Magull hat wenig gespielt im letzten halben Jahr und ist jetzt gewechselt. Sie ist eine Spielerin, auf die man von Beginn an setzen muss, deswegen habe ich mich dagegen entschieden", begründet Bundestrainer Horst Hrubesch die Entscheidung.
Magull (75 Länderspiele) ist nicht die einzige verdiente Spielerin, die um ihren Platz im DFB-Team bangen muss. Im aktuellen Kader finden sich sechs Akteurinnen, die das 30. Lebensjahr überschritten haben, andere sind nicht mehr weit entfernt davon. Vom Umbruch, der angesichts der enttäuschenden Auftritte seit der EM notwendig ist, werden vor allem diese erfahrenen Spielerinnen betroffen sein.
Im Tor ist es nur noch eine Frage der Zeit, ehe die vielen jungen Talente aus der Bundesliga die bald 34 Jahre alte Ersatzkeeperin Ann-Katrin Berger (FC Chelsea) verdrängen. Mit Ena Mahmutovic (20/MSV Duisburg), Sophia Winkler (20/SGS Essen) und Mala Grohs (22/FC Bayern) stehen gleich drei Nachwuchskräfte bereit. Stammtorhüterin Merle Frohms (29) muss sich dagegen keine Sorgen um ihren Platz zwischen den Pfosten machen. Die Wolfsburgerin präsentierte sich in den letzten Monaten zwar auch nicht immer in Topform, ihr Status als beste deutsche Torfrau ist aber nach wie vor unumstritten.
In der Innenverteidigung hat der DFB die größten Nachwuchsprobleme. Aus diesem Grund werden Kathrin Hendrich (31/VfL Wolfsburg) und Sara Doorsoun (32/Eintracht Frankfurt) wohl auch weiterhin fester Bestandteil des Kaders bleiben. Wie es mit Marina Hegering (33/VfL Wolfsburg) weitergeht, ist hingegen unklar. Hegering hat noch keine Entscheidung darüber getroffen, ob sie ihre aktive Karriere über den Sommer hinaus fortsetzt. Im Raum steht ein Wechsel ins Wolfsburger Trainerteam.
Die einzige Innenverteidigerin unter 30 im aktuellen Kader ist Sophia Kleinherne. Der 23-jährigen Frankfurterin gehört auf dieser Position die Zukunft. Mittelfristig könnten etwa Laura Pucks (19/SGS Essen) oder Kleinhernes Eintracht-Kollegin Jella Veit (18), die 2022 mit der Fritz-Walter-Medaille in Gold als beste U17-Nachwuchsspielerin ausgezeichnet wurde, den Sprung in die A-Nationalmannschaft schaffen.
Auf der defensiven Außenbahn steht hinter Felicitas Rauch (27) ein Fragezeichen. Die Linksverteidigerin hatte nach der WM ihren Stammplatz an Hoffenheims Sarai Linder verloren und ist nun, ebenso wie Magull, nur noch auf Abruf nominiert. Wie sich Rauchs Wechsel vom VfL Wolfsburg in die USA zu Carolina Courage, vollzogen im Januar, auf ihre Nationalelfkarriere auswirken wird, muss die Zeit zeigen.
Ihren Stammplatz verloren hat auch Sara Däbritz (Olympique Lyon). Die zentrale Mittelfeldspielerin galt im Vorfeld der EM 2022 als Leistungsträgerin und Anführerin, schaffte es aber weder beim Turnier in England noch in der Zeit danach, diesem Anspruch gerecht zu werden. Inzwischen wurde der 29-Jährigen von Sjoeke Nüsken (FC Chelsea) der Rang abgelaufen. Wie Magull sieht sich auch Däbritz, die (zumindest diesmal) noch zum Kader zählt, einer Reihe jüngerer Spielerinnen gegenüber, die entweder den Sprung in die Nationalmannschaft schon geschafft haben und sich festspielen wollen (etwa Bayer Leverkusens Elisa Senß), in der Vergangenheit nominiert wurden und die Rückkehr ins Team anstreben (etwa die Wolfsburgerin Lena Lattwein) oder sich mit starken Leistungen immer mehr für eine Nominierung empfehlen (etwa Frankfurts Lisanne Gräwe).
Ähnlich verhält sich die Situation bei Linda Dallmann. Die Münchnerin konnte sich in der Vergangenheit keinen Stammplatz beim DFB erkämpfen, war aber stets fester Bestandteil des Kaders und eine der ersten Einwechselspielerinnen. Im Klub beim FC Bayern muss Dallmann seit geraumer Zeit auf den Flügel ausweichen, weil Star-Neuzugang Pernille Harder die Zehnerposition für sich beansprucht. Überzeugen kann die 29-Jährige auf der Außenbahn nur selten. Im Sommer wechselt nun auch noch Lena Oberdorf nach München und erhöht den Konkurrenzkampf im Mittelfeldzentrum. Gerät Dallmann bei den Bayern dadurch weiter ins Hintertreffen, wird es auch im Nationalteam eng für die quirlige Technikerin.
Die namhafteste Spielerin, deren Nationalmannschaftskarriere bald enden könnte, ist Alexandra Popp. Im Unterschied zu den bereits genannten Abschiedskandidatinnen sind es im Fall der Kapitänin keine sportlichen Gründe, die zum Ende im DFB-Dress führen würden, denn die Wolfsburgerin ist nach wie vor die beste deutsche Stürmerin. Das hat sie bei der WM mit vier Toren in drei Spielen unter Beweis gestellt.
Allerdings machte Popp bereits nach dem frühen Aus in Down Under deutlich, dass sie über einen Rücktritt aus dem Nationalteam nachdenkt. Vorerst entschied sich die 32-Jährige, die aktuell 135 Länderspiele auf dem Buckel hat und schon jetzt auf eine grandiose Karriere zurückblickt, für eine Fortsetzung ihrer DFB-Laufbahn. Ob sie noch bis zur EM im kommenden Jahr (und darüber hinaus) weitermacht oder - im Falle einer erfolgreichen Qualifikation - die Schuhe nach den Olympischen Spielen in diesem Sommer an den Nagel hängt, steht in den Sternen.
Die Lücke, die Popp hinterließe, müsste vor allem Bayerns Lea Schüller schließen. Daneben ist die Frankfurterin Nicole Anyomi zu nennen, deren Qualitäten in Sachen Athletik aber wohl nur in einem Zweiersturm voll zur Geltung kämen. Auch Vanessa Fudalla (RB Leipzig) oder Sophie Weidauer (Werder Bremen) werden über kurz oder lang ihre Chance in der A-Nationalmannschaft bekommen.
Als Nachfolgerinnen für Svenja Huth stünden etwa Jule Brand, Vivien Endemann (alle VfL Wolfsburg) oder die 18-jährige Hoffenheimer Senkrechtstarterin Mara Alber parat. Huth wurde vor kurzem 33 Jahre alt und verriet im Dezember, sie wisse noch nicht, wie es nach dieser Saison für sie weitergeht. Einen Rücktritt aus der Nationalmannschaft schloss sie nicht aus. Auch für die Flügelflitzerin, deren Ehefrau im September den ersten gemeinsamen Sohn zur Welt brachte, könnten die Olympischen Spiele der krönende Abschluss ihrer erfolgreichen DFB-Karriere werden.
Die Olympiasiegerin von 2013 wird wie ihre Mitspielerinnen alles dafür geben, um im Sommer erneut beim Olympischen Turnier dabei zu sein. Voraussetzung dafür ist ein positives Abschneiden bei der anstehenden Nations League-Endrunde, d.h. ein Sieg gegen die Französinnen am Freitag (23.02., 21 Uhr) oder, falls man gegen die Équipe Tricolore den Kürzeren zieht, ein Erfolg gegen den Verlierer des zweiten Halbfinals zwischen Spanien und der Niederlande am kommenden Mittwoch (28.02.).
Fest steht, dass sich das Gesicht der DFB-Frauen in den nächsten Monaten verändern wird. Interims-Bundestrainer Horst Hrubesch wird seinen Hut nehmen, ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin frische Ideen einbringen und die Hierarchie der Mannschaft verändern. Die Frage ist nur, ob dieser Prozess nach Olympia oder schon jetzt nach dem Final Four in der Nations League eingeläutet werden muss.