MillernTon
·12. Juli 2025
Now that’s an Umbruch!

In partnership with
Yahoo sportsMillernTon
·12. Juli 2025
Keiner der Neuzugänge des FC St. Pauli hat Bundesligaerfahrung. Mut macht der aktuelle Umbruch trotzdem. Weil er einem klaren Plan folgt.(Titelfoto: Selim Sudheimer/Getty Images/via OneFootball)
Ein Kommentar von Tim
Ein Kaderumbruch im Fußball ist immer mit Unsicherheiten verbunden. So gesehen gibt es beim FC St. Pauli diesen Sommer ein riesengroßes Fragezeichen. Denn mehr als ein Dutzend Spieler, darunter mehrere Leistungsträger, haben den Verein verlassen. Was viele als großes Problem aufgefasst haben, haben die Verantwortlichen beim FC St. Pauli vermutlich zwar auch als groß betrachtet – allerdings als große Chance. Denn durch den Abgang vieler Spieler gibt es überhaupt die Chance einen Umbruch einzuleiten. Ein Umbruch, der auch notwendig ist, um einen schlagkräftigen Bundesligakader zu formen.
Doch der FC St. Pauli kann sich diesen Bundesligkader nicht leisten. Dafür fehlt das Geld. Das Geld um Spieler zu verpflichten, die bereits Bundesligaspieler sind. Der FCSP muss diesen Kader selbst entwickeln. So hat man zwar für die eigenen Verhältnisse richtig viel Geld in die Hand genommen, aber ist trotzdem einen anderen Weg gegangen: Keiner der bisher verpflichteten acht Neuzugänge hat Bundesligaerfahrung. Daher eint sie alle das Fragezeichen, ob sie das Level Bundesliga erreichen können. Das ist ein Risiko, aber eines, welches der Verein eingehen muss.
Doch trotz dieses Risikos, obwohl der FC St. Pauli (bisher) keine Transfers von Spielern tätigen konnte, die der Bundesliga bereits bekannt sind, überwiegt momentan ein anderes Gefühl: Der FC St. Pauli macht Mut. Weil die Idee hinter den Transfers klar zu erkennen ist. Es ist äußerst ungewöhnlich, dass ein Team einen solch krassen Umbruch in Sachen Spielstil vollführt in nur einer Transferphase, wie der FC St. Pauli diesen Sommer. Es wurde enorm viel Tempo in den Kader geholt. Von fünf der sieben neu verpflichteten Feldspieler (Jones, Lage, Hountondji, Pyrka, Oppie) kann erwartet werden, dass sie in der kommenden Saison eine höhere Spitzengeschwindigkeit abliefern, als jeder FCSP-Spieler der vergangenen Saison. Now that’s an Umbruch!
Selbst bei den Spielern, die nicht mit hohen Laufgeschwindigkeiten aufwarten können, ist das Profil ganz klar auf die veränderte Spielidee zugeschnitten. Jannik Robatsch und Joel Chima Fujita vereint, dass sie besondere Stärken in der Vorwärtsverteidigung haben. Fujita soll der Startpunkt der offensiven Umschaltmomente des FC St. Pauli werden. Genau auf diese möchte das Trainerteam in der kommenden Saison einen Fokus legen. Denn „in der Vorsaison war es so, dass wir die Situationen nach Ballgewinnen nicht so konsequent nutzen konnten, weil wir den Speed einfach nicht hatten,“ erklärte Alexander Blessin zum Trainingsauftakt. Genau das wurde angegangen, es wurde viel Tempo in den Kader geholt und somit ein deutlicher Umbruch losgetreten.
Doch wenn eine solche taktische und personelle Umstellung reibungslos funktioniert, dann würde sie Sommer für Sommer von sehr vielen Clubs durchgezogen werden. Wird es aber nicht, denn sowas ist extrem risikoreich. Viele Clubs scheuen sich davor. Der FC St. Pauli versucht dieses Risiko zu minimieren, indem der neue Kader vor Saisonstart so viel Zeit wie möglich hat. Es ist sehr, sehr gut, dass der Großteil des Kaders der kommenden Saison bereits jetzt, sechs Wochen vor Bundesligastart, zusammen ist. Während Andreas Bornemann und sein Team in den Vorjahren (als nicht so viel Bedarf bestand) gerne mal warteten „wie sich der Markt entwickelt“, wurden in diesem Sommer bereits früh Fakten geschaffen.
Aus einem nicht so positiven Blickwinkel betrachtet ist der FC St. Pauli diesen Sommer dazu gezwungen, ins Risiko zu gehen, weil das Geld fehlt. Gezwungen, mehr als ein halbes Dutzend an Spielern zu verpflichten, die auch als Wundertüten bezeichnet werden können. Dabei ist das aber auch alles andere als neu beim FCSP: Andreas Bornemann und sein Team sind nicht dafür bekannt, dass bei Verpflichtungen allzu viel Wert auf große Namen gelegt wird. Vielmehr geht es darum Spieler zu finden, die das eigene Anforderungsprofil bestmöglich erfüllen (eine Idee davon, wie beim FCSP gearbeitet wird, liefert dieser Artikel: Ein irrationales Misstrauen)
Ob das am Ende für den Klassenerhalt reicht? Völlig unklar. Selbst wenn die Pläne aufgehen, so dürfte der FC St. Pauli Zeit benötigen, bis die neuen Spieler in der Liga klarkommen und das Team seinen Stil umgestellt hat. Und es kann auch sein, dass wir Ende des Sommers doof aus der Wäsche gucken und ernüchtert feststellen: Dieser Plan geht nicht auf. Trotzdem ist um den Verein herum aktuell eine leichte Euphorie wahrzunehmen. Weil es überhaupt einen richtigen Plan gibt. Weil das Vertrauen in die handelnden Personen groß ist und das Vorhaben, die taktische Umstellung, so radikal umgesetzt wird und klar erkennbar ist. Das kann auch schiefgehen, klar. Die Mission Klassenerhalt ist auch weiterhin extrem schwer. Aber zum jetzigen Zeitpunkt bereitet der Umbruch beim FC St. Pauli keine Sorgen, sondern macht Mut.
// Tim
Alle Beiträge beim MillernTon sind gratis. Wir freuen uns aber sehr, wenn Du uns unterstützt.
// Teile diesen Beitrag mit Deinem Social Media Account (Datenübertragung erfolgt erst nach Klick)