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·17. August 2019
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Spotlight | Der FC Bayern stand in diesem Sommer häufig im Mittelpunkt. Lange Zeit ließen Erfolge auf dem Transfermarkt auf sich warten. Nach den Verpflichtungen von Arp, Hernandez und Pavard, die früh bekannt waren, verlief der Transfersommer sehr zäh. Und nach der Verletzung von Wunschkandidat Sané musste man die Verantwortlichen hinterfragen. Welcher Plan wird eigentlich verfolgt? Nun wird der Kader immerhin aufgefüllt.
Und das ist auch bitter nötig, bevor sämtliche Optionen nicht mehr auf dem Markt sind. Denn während sich bei Sané nicht viel tat schienen sich andere Möglichkeiten zu zerschlagen. Callum Hudson-Odoi hat sich offenbar für eine längerfristige Zukunft bei Chelsea entschieden, Hakim Ziyech, der lediglich auf ein Signal des Rekordmeisters wartete, verlängerte seinen Vertrag.
Das gilt mittlerweile auch für Steven Bergwijn, den man in München ebenfalls auf der Liste hatte. Schon vor dessen Verlängerung sicherte sich der FC Bayern den Kroaten Ivan Perisic auf Leihbasis von Inter Mailand. Und seit gestern Abend ist klar: Noch zwei weitere Spieler werden verpflichtet. Mit dem FC Barcelona einigte man sich auf eine Leihe von Philippe Coutinho, nur noch der Medizincheck steht aus. Gleiches gilt für Michael Cuisance, der von Borussia Mönchengladbach verpflichtet wird. Und: Laut “SportBild”-Reporter Christian Falk sind die Planungen noch nicht abgeschlossen. Doch was genau ist derzeit eigentlich der “Plan”? Es existieren mehrere denkbare Szenarien.
Doch der Reihe nach. Um einzuschätzen welche möglichen Ziele noch verfolgt werden, muss man erst einmal nachvollziehen können, welche Bedeutungen die bisherigen Neuzugänge haben und welche Qualitäten diese mitbringen.
Nach der Diagnose von Leroy Sane ging alles sehr schnell. Sofort gab es Gerüchte um einen Wechsel von Ivan Perisic zum FC Bayern und in etwa genauso schnell wurde ein Deal festgezurrt. Das Leihgeschäft birgt zunächst einmal keine Risiken. Es durfte aber auch nur der Anfang sein. Perisic, der aus seinen Zeiten in der Bundesliga den Fans hierzulande noch bestens bekannt sein dürfte, könnte vor allem als Rotationsspieler dafür sorgen, dass die etatmäßigen Flügelspieler Coman und Gnabry entlastet werden.
In den letzten Jahren war Perisic für Inter zwar immer wieder an Toren beteiligt, das ganz große Feuerwerk brannte der 30-jährige aber nicht ab. Er ist ein anderer Spielertyp als Coman oder Gnabry, besticht nicht durch seinen Antritt und seine Dribblings, sondern eher durch seine geradlinige Art und den Zug zum Tor. Perisic kennt zudem Niko Kovac, galt schon vorher als ein Spieler, den der kroatische Trainer im Visier hatte. Die gute Verbindung zwischen Perisic und Kovac könnte dafür sorgen, dass aus der “Notleihe” vielleicht doch mehr wird. Und in vielen Bundesligaspielen sollte die Qualität des 30-jährigen absolut ausreichend sein. Ein Spieler, der den FC Bayern in der Spitze verstärkt, ist Perisic allerdings nicht.
Etwas überraschend kam der Transfer von Mickael Cuisance (20) von Borussia Mönchengladbach. Auch dieser Deal wurde offenbar schnell eingefädelt und sorgt zumindest auf den ersten Blick für einige Fragezeichen. Cuisance war in Mönchengladbach kein entscheidender Bestandteil der Mannschaft, forderte zuletzt offensiv Einsatzzeiten, was für Unruhe sorgte. Ein Spieler, der bei den “Fohlen” mehr spielen will, wechselt danach zum FC Bayern? Dahinter dürfte ein mittel- oder langfristiger Plan stecken.
Denn fußballerisch bringt der junge Franzose alles mit um auf Topniveau zu bestehen, es fehlt ihm schlicht noch die Konstanz. Cuisance ist technisch versierter Spieler, der sich sehr gut aus Pressingsituationen lösen kann und den Blick für seine Mitspieler hat. Er kann im Aufbau eine zusätzliche Option sein, wenngleich er physisch noch etwas zulegen muss um dauerhaft als 6er eine gute Rolle zu spielen. Cuisance denkt in erster Linie offensiv, verfügt über eine gute Spielintelligenz und erkennt in welcher Situation welcher Pass möglich und notwendig ist, schaltet sich auch gerne in die Offensive ein und versucht die entscheidenden Pässe im letzten Drittel zu spielen. Er kann eigentlich auf allen Positionen im Mittelfeld eingesetzt werden, muss sich aber in allen kleinen Teilbereichen des Spiels noch entscheidend verbessern. Für die kolportierte Ablösesumme im Bereich von rund 10 Millionen Pfund geht man jedenfalls kein Risiko ein.
Doch was bedeutet das für die Planungen im Mittelfeld? Mehrere Möglichkeiten sind denkbar. Cuisance könnte für die Breite eingeplant werden, beispielsweise als Allround-Ersatz für Renato Sanches, der seinen Wechselwunsch noch einmal erneuert hat. Auch eine Leihe ist nicht ganz undenkbar, wenn auch nicht wahrscheinlich. Die dritte denkbare Option wäre, dass der FC Bayern in Cuisance die deutlich günstigere Alternative zu Marc Roca sieht und den Franzosen langfristig aufbauen möchte. Der spanische U21-Europameister Roca hätte 40 Millionen Euro gekostet, denn man wäre verpflichtet gewesen die Ausstiegsklausel zu aktivieren. Das machte dessen Klub RCD Espanyol deutlich.
Die spektakulärste Personalie ist aber weder Perisic noch Cuisance, sondern Philippe Coutinho. Der Brasilianer wird vom FC Barcelona ausgeliehen und soll die Offensive verstärken. Doch warum darf Coutinho die Katalanen überhaupt verlassen? Das liegt vor allem daran, dass die Einbindung des schussstarken Coutinho nicht gut funktionierte. Coutinho ist nämlich kein idealer Flügelspieler. Im Dribbling hat er mit seiner engen Ballführung zweifelsohne Qualitäten, aber die Mischung aus einem starken Dribbling und der notwendigen Explosivität im Antritt, die bei Flügelspielern häufig vorhanden ist, ist beim Brasilianer nicht gegeben.
Die ideale Einbindung von Coutinho erfolgt nur dann, wenn er im offensiven Mittelfeld agieren darf und dort seine Freiheiten erhält. Coutinho ist als Bindeglied zwischen dem Mittelfeld und der letzten Offensivreihe einzusetzen und kann mit seinen klugen Bewegungen, vor allem aber mit seinem Zug zum Tor helfen. Trotz seiner technischen Fähigkeiten macht Coutinho – und das konnte man in Barcelona häufig sehen – das Spiel im letzten Drittel hin und wieder zu kompliziert. Der 27-jährige hält den Ball in einigen Szenen zu lange und verpasst deswegen den idealen Abspielpunkt.
Doch das ist meckern auf einem sehr, sehr hohen Niveau. Denn Coutinho bringt die Fähigkeiten mit um auf Anhieb zu den 4-5 besten Spielern in der Bundesliga zu gehören, man muss lediglich um dessen Schwächen wissen und erkennen, wie man diese am Besten kaschieren kann. Hierbei werden Niko Kovac und sein Trainerteam gefordert sein, denn Coutinho ist ein harmoniebedürftiger Fußballer, der enorm von einem homogenen System profitiert, in dem er sich seine Freiheiten nehmen kann. Und genau hier besteht beim FC Bayern nach den Eindrücken in der Vorbereitung und den ersten Pflichtspielen noch Nachholbedarf. Kurzum: Die individuelle Klasse wurde signifikant erhöht, die Toplösung für den Flügel ist Coutinho auf keinen Fall.
Doch welche Auswirkungen haben die drei kürzlich getätigten Transfers auf die weitere Kaderplanung des FC Bayern? Das wird von vielen Faktoren abhängig sein. Geht Renato Sanches? Wird möglicherweise noch eine Leihe von Fiete Arp, der zuletzt zweimal nicht im Kader stand, in Erwägung gezogen?
Es scheint jedenfalls klar zu sein, dass der FC Bayern auf dem Transfermarkt noch nicht fertig ist. Vieles wird von der Personalie Leroy Sane und der Planung des FC Bayern mit dem Nationalspieler abhängig sein. Dass der Rekordmeister den Gedanken einer Sane-Verpflichtung aufgrund seiner Verletzung komplett verwirft ist sehr unwahrscheinlich. Vielmehr dürfte das weitere Vorgehen nun genau diskutiert werden. Wie unter anderem “Sky” berichtet soll es nach der Operation Sanés, die am Wochenende in Innsbruck stattfinden, Kontakt zu dessen Berater aufgenommen werden. Das kann mehrere Gründe haben.
Eine Möglichkeit ist, dass der FC Bayern Sane noch in diesem Sommer verpflichten will. Die Leihverpflichtungen dienen zur Überbrückung, verstärken den Kader in der Spitze (Coutinho) und in der Breite (Perisic). Die Besetzung ist nicht ideal, weil kein Flügelspieler verpflichtet wurde, der Coman und Gnabry ähnlich ist. Allerdings könnte der “Sparkurs”, der sich auch in der Personalie Cuisance (statt Roca) andeutet, ein Indiz dafür sein, dass ein weiterer Versuch bei Sané noch in diesem Sommer oder im Winter gestartet wird. Die Aussagen von Karl-Heinz Rummenigge nach dem gestrigen Spiel (“Sie kennen die Ausfallzeit bei einer solchen Verletzung”) können in beide Richtungen gedeutet werden.
Ebenfalls denkbar ist, dass man sich in München erst im Sommer 2020 wieder mit Sané beschäftigt, was Risiken birgt. Denn dann würde man zwingend noch eine Offensivergänzung benötigen. Und wie bereits erwähnt, viele mögliche Kandidaten haben ihren Vertrag verlängert oder sind nicht mehr auf dem Markt. Zudem stehen 2020 weitere Investitionen an, Kai Havertz ist ein Thema in München, Manchester City könnte zudem eine Charmeoffensive bei Sané starten, weitere Entwicklungen in München können die positiven Signale der Sané-Seite zudem negativ beeinflussen. Leroy Sané ist also der Schlüssel zu den weiteren Transferplanungen.
Und welche Offensivspieler wären eigentlich jetzt noch verfügbar? Die Optionen werden natürlich nicht mehr. Ante Rebic wäre ein Kandidat, doch den Kroaten will die Eintracht nicht mehr abgeben, zudem ist man intern beim FC Bayern nicht vollends überzeugt. Rebic ist zudem ebenfalls kein klassischer Flügelspieler, genau wie Timo Werner, dessen Zukunft in Leipzig weiter ungeklärt ist. Bayern hat sich noch nicht bei RB gemeldet, die Forderung seitens der Sachsen sind Medienberichten zufolge weiter zu hoch für den Rekordmeister. Auch der Name Mario Mandzukic fällt immer wieder. Der Kroate wäre allerdings lediglich ein Thema zur Lewandowski-Entlastung und würde bei einer Leihe des jungen Arp durchaus eine solide Lösung darstellen.
Zaubert man also noch einen Spieler aus dem Hut, den jetzt niemand auf der Rechnung hat oder deutet auch die aktuelle Marktsituation auf eine weitere Sane-Offensive hin? In den kommenden 16 Tagen wird sich zwar nicht die langfristige Planung, jedoch aber diese Frage klären.
(Photo by Manuel Queimadelos Alonso/Getty Images)