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·25. März 2021
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Die Championship gilt als eine der härtesten Ligen der Welt. Zum einen liegt dies an den 46 Ligaspielen und den vielen Partien, die auch unterhalb der Woche stattfinden. Zum anderen ist kaum eine Liga so eng umkämpft wie die zweithöchste englische Spielklasse.
Vor jeder Saison hegen etwa die Hälfte der 24 Teams ernsthafte Aufstiegsambitionen. Die Vereine investieren teilweise massiv oberhalb ihrer finanziellen Verhältnisse und spekulieren auf das große Geld in der Premier League.
Die Parachute Payments, die an die Premier League-Absteiger gezahlt werden, verzerren zusätzlich den Wettbewerb. Wer aus diesem Haifischbecken langfristig entkommen will, muss vor allem einen sehr langen Atem haben und einen klaren Plan verfolgen.
Zu den Vereinen, die sich regelmäßig Hoffnungen auf einen Play Off-Platz machen und als Geheimfavorit auf den Aufstieg gelten, gehört Preston North End.
Als Simon Grayson im Februar 2013 als neuer Trainer Preston North Ends vorgestellt wurde, war der Verein bereits in seiner zweiten League One-Saison ohne jemals einem Wiederaufstieg nah gekommen zu sein.
In der Saison 2010/2011 war North End nach großen finanziellen Problemen aus der Championship abgestiegen. Trevor Hemmings hatte den Verein, den er bereits über Jahre mit Finanzspritzen über Wasser gehalten hatte, übernommen und verpasste ihm einen strikten Sparkurs.
Laut Peter Ridsdale, Berater Hemmings‘, wurde Grayson explizit aufgrund seiner Vita als Aufstiegstrainer verpflichtet. „Wir brauchten einen Trainer, der den Aufstieg aus der League One geschafft hat und Simons Erfolge sprachen für sich.“ Grayson hatte zuvor bereits mit Blackpool, Leeds United und Huddersfield Town den Aufstieg aus der League One in die Championship geschafft und war erst im Januar in Huddersfield entlassen worden.
Nachdem PNE in Graysons erster kompletten Saison im Play Off-Halbfinale gegen Rotherham United scheiterte, glückte in der darauffolgenden Saison 2014/15 mit einem 4:0-Sieg über Swindon Town der Wiederaufstieg im Play Off-Finale. In Graysons beiden folgenden Championship-Spielzeiten konnte Preston North End ungefährdet die Klasse halten.
Nach mehr als vier gemeinsamen erfolgreichen Jahren wurde jedoch kurz vor dem Vorbereitungsstart zur Saison 2017/2018 die Ära Grayson im Deepdale abrupt beendet.
Der Premier League-Absteiger AFC Sunderland lockte Grayson in den Norden Englands und betraute ihn mit der beinahe unmöglichen Aufgabe, massiv Geld einzusparen und gleichzeitig mit einem tief gespaltenen Kader den sofortigen Wiederaufstieg zu realisieren. Das Projekt scheiterte schon nach wenigen Monaten krachend und kann in der Netflix-Serie „Sunderland ‘til I die“ bestaunt werden.
Preston North End reagierte schnell. Der Schotte Alex Neil wurde nur wenige Tage später als neuer Trainer vorgestellt. Wie auch schon bei Simon Graysons Verpflichtung hatte Neils Vita als Aufstiegstrainer North End überzeugt. Der Schotte hatte 2015 mit Norwich den Wiederaufstieg in die Premier League geschafft und zuvor mit den Hamilton Academicals beeindruckende Erfolge in Schottland gefeiert.
Schon gleich in seiner ersten Pressekonferenz als PNE-Trainer sprach Neil die Rückkehr in die oberste englische Spielklasse an. „Der Verein hat das Ziel in der Premier League zu spielen. Ich werde aber nicht so dumm sein und sagen, dass wir es in diesem Jahr schaffen. Unser Ziel ist es, den Prozess, den der Verein begonnen hat, weiterzuführen.“
Mittlerweile befindet sich Neil in seiner vierten Saison bei PNE. Das Team aus der Kleinstadt Preston kann zwar regelmäßig um die Play Off-Plätze mitspielen, scheint aber für die meisten noch immer unter dem Radar zu fliegen.
Es wäre stark übertrieben, Preston eine Fußballhochburg zu nennen. Die Stadt ist eher für die University of Central Lancashire bekannt, die zu den größten Universitäten Großbritanniens gehört, als für ihre blühende Fußballlandschaft.
Dennoch hat die Kleinstadt aus Lancashire einen bedeutenden Platz in der Geschichte des englischen Fußballs. PNE wurde 1889 ungeschlagen der allererste englische Meister und erhielt so lange vor Arsene Wengers Arsenal-Team aus der Saison 2003/2004 den Spitznamen The Invincibles.
Nach der erfolgreichen Titelverteidigung 1890 sollte Preston North End jedoch nie mehr an diese erfolgreiche Phase anknüpfen können. Seit dem Abstieg in der Saison 1960/1961 konnte PNE nie wieder in das englische Oberhaus zurückkehren.
Mit durchschnittlich ca. 11.500 Zuschauern gehört das Deepdale nicht zu den Zuschauermagneten der Championship. Die Einnahmen aus den Ticketverkäufen und Werbeverträgen gehören zu den niedrigsten der Liga und auch der Gesamtumsatz des Klubs kann mit dem Gros der Liga nicht mithalten.
Noch mehr als andere Vereine der Championship ist man auf die Einnahmen aus den TV-Verträgen angewiesen, die bei weitem nicht an die Summen aus der Premier League heranreichen.
Seit 2012 hat PNE keinen Kredit bei anderen Gläubigern als Besitzer Trevor Hemmings aufgenommen. Dadurch ist der Verein zwar nach wie vor von Hemmings abhängig, hat aber keine Schulden bei anderen Parteien und kann deshalb für potentielle Käufer attraktiv werden.
Die Stadt Preston liegt in einer Region, die durch zahlreiche professionelle Fußballvereine hart umkämpft ist. Blackburn Rovers, Blackpool, Bolton Wanderers oder Burnley liegen in unmittelbarer Nähe.
Besonders im Jugendbereich macht sich jedoch die alles überragende Strahlkraft der Riesen aus Liverpool und Manchester bemerkbar, die die größten Talente der Region regelmäßig bereits früh abgreifen.
Im Gegensatz zu Vereinen wie Burnley, die ihr Jugendsystem von Grund auf renoviert haben und bereits erste Früchte ernten konnten, stellt PNE seit 2012 keine eigene U23 mehr.
Laut Neil sind dafür hauptsächlich finanzielle Aspekte verantwortlich. „Das ganze Geld, das wir in die erste Mannschaft stecken, um die besten Spieler zu haben, würde durch die Finanzierung einer U23 verringert.“ Peter Ridsdale – ehemals Chairman bei Leeds United – nennt die U23 sogar eine „Geldverschwendung“. PNE muss dementsprechend andere Wege finden, um konkurrenzfähig zu bleiben.
Alex Neil übernahm 2017 einen Kader, der zu weiten Teilen durch seinen Vorgänger Simon Grayson zusammengestellt wurde und führte ihn in seiner ersten Saison schon auf einen starken siebten Platz. Nur zwei Punkte trennten PNE von einem Play Off-Platz. Der Kern der Mannschaft hat sich seitdem kaum verändert.
Neil entwickelte das Team zu einer Mannschaft, die sich über lange Ballbesitzphasen und aggressives, hohes Pressing definiert. Er schafft es regelmäßig Spieler zu verbessern, sie weiterzuentwickeln und so die gesamte Mannschaft auf ein höheres Niveau zu befördern.
Aus dem durchschnittlichen Championship-Mittelfeldspieler Alan Browne ist mittlerweile ein torgefährlicher und vielseitiger Führungsspieler geworden.
Das Eigengewächs Ben Davies, zunächst als linker Verteidiger mehrfach verliehen, wurde zu einem starken Innenverteidiger, der am Deadline Day 2021 von Meister Liverpool aufgeschnappt wurde.
Ben Pearson kam als junger Spieler, der hauptsächlich durch Disziplinlosigkeiten auffiel und gehört mittlerweile zu den besten zentralen Mittelfeldspielern der Liga.
Der Verein hat über Jahre immer wieder erfolgreich entwicklungsfähige Spieler aus den unteren Ligen oder dem Jugendsystem der großen Vereine für wenig Geld verpflichtet. Mit diesen wurde geduldig eine Mannschaft aufgebaut, die sich spielerisch immer weiter entwickeln konnte. Die Spieler können sich in der Mannschaft präsentieren und eventuell später für viel Geld weiterverkauft werden.
Spieler wie Jordan Hugill, der 2014 nur für ca. 50.000 Pfund verpflichtet wurde und vier Jahre später für ca. 10 Millionen Pfund in die Premier League zu West Ham United wechselte, stehen für diesen Weg. Der Verein ist regelmäßig auf solche Verkäufe angewiesen, um negative Bilanzen auszugleichen und die nach wie vor vorhandene Abhängigkeit von Hemmings zu mindern.
Vor der durch die Coronapandemie erzwungene Unterbrechung des Spielbetriebs befand sich PNE in einer guten Ausgangsposition, um im dritten Versuch unter Alex Neil endlich die Play Off-Plätze zu erreichen. Für einige Leistungsträger, deren Verträge im darauffolgenden Jahr ausliefen, war es die letzte Chance dieses Ziel mit Preston North End zu erreichen.
Nach dem Re-Start im Juni verlief die restliche Saison jedoch enttäuschend. Das Momentum war verloren. Aus den verbliebenen neun Spielen konnte man nur noch zwei Spiele gewinnen und landete am Ende auf einem enttäuschenden achten Rang, mit vier Punkten Rückstand auf den letzten Play Off-Platz.
Im Sommer stand der Verein am Scheideweg. Hat die aktuelle Mannschaft ihren Leistungszenit erreicht und muss aufgefrischt und weiterentwickelt werden oder war dieser noch nicht erreicht und ein weiterer Angriff auf die Play Off-Plätze möglich?
Der Verein schob diese Frage im Sommer noch auf, ohne sie in der Hinrunde los zu werden. Auf dem Transfermarkt wurde man – auch aufgrund der finanziellen Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Coronapandemie – kaum tätig. Die Frage nach den auslaufenden Verträgen von Ben Davies, Ben Pearson, Daniel Johnson und Kapitän Alan Browne nahm man mit in die neue Saison. Das Problem der „Big Four“, wie die vier Spieler von den Fans mittlerweile genannt wurden, ließ man somit permanent über dem Verein schweben.
Sportlich verlief der Saisonstart nicht nach Plan und man fand sich schnell im Niemandsland der Tabelle wieder. Viele Verletzungsprobleme, wie der Achillessehnenriss des deutschen Innenverteidigers Patrick Bauer, ließen Neil nur selten die Möglichkeit, seine stärkste Mannschaft auf das Feld zu schicken.
Während man in einigen Spielen, wie dem 2:2 in Norwich überzeugen konnte, ließ man viel zu häufig unnötig Punkte liegen, um einen ernsthaften Angriff auf die Play Off-Plätze zu starten.
Im abgelaufenen Wintertransferfenster lenkte die Vereinsführung ein und schob den dringend benötigten Umbruch verspätet an.
Davies und Pearson, die ihre Verträge nicht verlängern wollten, verließen den Verein Richtung Liverpool und Bournemouth. Die zentralen Mittelfeldspieler Daniel Johnson und Alan Browne blieben dagegen an Bord und unterschrieben neue langfristige Verträge.
Mit Ben Whiteman verpflichtete PNE einen der besten zentralen Mittelfeldspieler der League One als direkten Pearson-Ersatz. Kurzfristigen Ersatz für die meisten Positionen, fand man jedoch hauptsächlich über Leihspieler.
Linksverteidiger Greg Cunningham, den man 2018 noch für mehrere Millionen an Cardiff verkauft hatte, kehrte für die restliche Saison zurück. Junge, vielversprechende Spieler, wie Evertons Anthony Gordon oder Brightons Jayson Molumby wurden ausgeliehen. Mit dem jungen und unerfahrenen Sepp van den Berg schickte Liverpool am Deadline Day einen direkten Ersatz für Ben Davies per Leihe nach Lancashire.
Daniel Iversen, der von Leicester City ausgeliehen wurde, ersetzt Torhüter Declan Rudd, der mit einer Knieverletzung für den Rest der Saison nicht mehr zur Verfügung stehen wird.
Im Fan-Podcast „From the Finney“ erklärte Peter Ridsdale: „Wir haben eine Reihe an Leihspielern verpflichtet, wodurch wir im Sommer einige freie Kaderplätze haben werden, die wir mit unseren Top-Transferzielen schließen können.“
Mitten in der Saison hat Alex Neil somit fast seine gesamte Achse verloren, die über Jahre das Grundgerüst der Mannschaft bildete und mit neuen Spielern ersetzt.
Das Team, das Alex Neil bei der Heimniederlage gegen Rotherham United aufs Feld schickte, war für die meisten PNE-Fans nicht wieder zu erkennen. Ganze sechs Winterneuzugänge starteten das Spiel, ein siebter wurde eingewechselt.
Aus einer Saison, in der man noch einmal die Play Off-Plätze angreifen wollte, wurde eine Übergangssaison, wie Neil selbst einräumte. „Diese Saison ist eine Übergangssaison für uns, überhaupt keine Frage. […] Die Herausforderung ist es, sicherzustellen, dass wir einen guten Kader zusammenstellen, mit dem wir in der zweiten Saisonhälfte konkurrenzfähig sind.“
Mit dem Aufstieg wird diese Mannschaft aller Voraussicht nach in dieser Saison nichts zu tun haben, aber wohin soll die Reise gehen?
Preston North End kann finanziell und von seinen Standortfaktoren mit den Schwergewichten der Liga nicht mithalten, spricht aber trotzdem gerne von der Premier League.
Besitzer Trevor Hemmings füllt zwar fleißig die finanziellen Lücken, kann aber nicht die Lücke zur Ligaspitze schließen. Ein finanzkräftiger neuer Besitzer ist zudem nicht in Sicht.
Abseits des Platzes hat PNE dennoch Fortschritte gemacht. Man nutzte die Insolvenz Wigan Athletics und kaufte ihnen ein hochmodernes Trainingszentrum in Euxton billig ab, das die Latics ihrerseits den Bolton Wanderers abgekauft hatten, als der Verein kurz vor der Auflösung stand.
In den jüngsten Transferfenstern ist jedoch das bisherige Erfolgsmodell zunehmend ins Stocken geraten. Spieler wie die beiden Ex-Exeter City-Spieler Jordan Storey, Jayden Stockley sowie Tom Bayliss entwickelten sich nicht so wie erwartet.
Der Abgang von Mittelstürmer Jordan Hugill konnte nie wirklich aufgefangen werden. David Nugent, der als erfahrener Ersatz zurückgeholt wurde, konnte die Erwartungen nicht erfüllen. Im Januar wurde mit Ched Evans ein weiterer Stürmer geholt, dessen Verpflichtung allerdings u.a. aufgrund seiner Vergewaltigungsanklage von den eigenen Fans heftig kritisiert wurde.
Emil Riis war im Sommer 2020 der erste Spieler seit neun Jahren, den North End von außerhalb der britischen Inseln verpflichtete. Peter Ridsdale begründet dies damit, dass man das Spielniveau der anderen Ligen schwerer einschätzen könne als die bekannten heimischen Ligen.
Dass dies kein Hindernis sein muss, haben zuletzt Vereine wie Norwich bewiesen, die intensiv in ihr europäisches Scouting investiert haben und damit große Erfolge feiern konnten.
Gerade in einer Zeit, in der es durch die neuen Regeln für Spielerverpflichtungen schwieriger geworden ist, Spieler aus der EU zu verpflichten, und der englische Markt gleichzeitig immer umkämpfter wird, muss ein Verein wie PNE kreative Lösungen finden, um konkurrenzfähig zu bleiben.
Während sich andere Vereine dieser Größenordnung auf eine starke Jugendabteilung stützen können, ist der Sprung zwischen Jugend- und Profibereich bei North End viel zu groß.
In den letzten sieben Jahren schafften mit Josh Earl und Ben Davies nur zwei Spieler den Schritt in die Profimannschaft. Eine U23, die als Brücke zwischen den Bereichen wirken kann, gibt es bereits seit Jahren nicht mehr.
Wichtige Entscheidungen stehen an. Mehr als zehn Verträge – u.a. Scott Sinclair, Tom Barkhuizen, Patrick Bauer – laufen nach der kommenden Saison aus. Alex Neil bekommt dagegen nicht mehr die Zeit, den Umbruch weiter zu gestalten. Der Schotte wurde nach einer Serie aus nur einem Sieg in den letzten neun Spielen entlassen und wirkte zuletzt ausgelaugt.
Im Sommer muss die begonnene Erneuerung des Spielerkaders fortgesetzt werden, damit der erste englische Meister nach mehr als 60 Jahren eine realistische Chance auf die Rückkehr ins englische Oberhaus hat. Ein neuer Trainer muss gefunden werden, der die Mannschaft formen und weiterentwickeln kann. Die Frage wird jedoch sein, ob das nötige Geld dafür vorhanden sein wird.
(Titelbild: ©Getty Images)