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·29. April 2025
Rüdiger und VfL, Real und VfB: Fußballwochenende suboptimal

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·29. April 2025
Was den Fußball angeht, so war mein Wochenende scheiße. Der VfL Bochum versaut mir mit dem Remis gegen Eisern Union quasi jetzt schon sicher das beste Auswärtsspiel der Saison – denn wer wollte noch dran glauben, dass die den Klassenerhalt schaffen? Aber Ilja (Känzig) musste ja par tout den alten Dieter (Hecking) als Trainer holen, um dann noch den unfassbaren Dirk (Dufner) als Sportdirektor oben drauf zu setzen. Da hätte ich ihm mehr zugetraut. Dass ich ihm überhaupt etwas zutraue, mag daran liegen, dass er Schweizer ist – und im Rahmen meiner generellen Schweizliebe ist er da wohl einfach so mit reingerutscht ins Feld der Kompetenten. Fahren wir also in der nächsten Saison nicht mehr mit dem VfB nach Bochum, sehr schade…
„Mein“ Verein, der VfB Stuttgart, hatte zwei Tage zuvor tatsächlich daheim gegen Heidenheim verloren, sechste Heimniederlage in Folge – und dass sie damit dem VfL von 1848 das Grab noch tiefer geschaufelt haben, ist halt doppelt doof. Schwacher Trost da für uns, dass wir den Pokal gewinnen und uns der weitere Saisonverlauf eigentlich komplett egal sein kann. Auch wenn manch Freiburger Freund sich schon jetzt, Wochen vor dem eigentlichen Pokalsieg, quasi in vorauseilendem Neidreflex auskotzt über unseren zu erwartenden, glanzlosen 2:0-Sieg und die dann anstehenden Feierlichkeiten, die natürlich in einem Ausmaß stattfinden werden, als hätten wir den FC Liverpool im Champions League Finale abgefidelt.
Und dann war da noch das spanische Pokalfinale, Copa del Rey, FC Barcelona gegen Real Madrid. Für unsereins, also die Menschen im vorgerückten Alter, fast eine Zumutung, das bis zum Ende zu schauen – kaum möglich, ohne Drogen so lange wach zu bleiben. Aber es ist mir gelungen, und es ist ja nun auch geil, diese Intensität, die einen wachhält, auch wenn nicht ein Traumpass auf den anderen folgt.
Wer dieses Match gesehen hat und die spanischen Verhältnisse nicht kennt, muss schockiert gewesen sein. Bis fast um ein Uhr morgens Ortszeit haben sie gekickt, gekämpft, Mbappé (!) zunächst auf der Bank, Spieler warfen Eiswürfel auf den Platz, Schiedsrichter weinten am Tag zuvor und eine Mannschaft hatte gedroht, gar nicht erst anzutreten… Ein kompletter Wahnsinn in einem Spiel, das von jeher nicht nach normalen Maßstäben gemessen wird.
Real Madrid machte seine Drohung, gar nicht erst anzutreten, teilweise wahr und war in der ersten Halbzeit eigentlich gar nicht auf dem Platz. Ein unwürdiger Auftritt, „son unos cobardes“ hörte ich mich schreien, „verdammte Feiglinge!“ Nach der Pause wurde es besser, da kam die Kontrolle. Weil der Trainer wechselte und die geilen Spieler plötzlich anfingen, zu laufen und richtig zu kicken.
Trainer Carlo Ancelotti, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Textes möglicherweise schon seine Koffer gepackt, sich Richtung Brasilien abgesetzt und Bayer 04 Leverkusen mitsamt der halben Bundesliga in Aufruhr versetzt hat, brachte Mbappé, Arda Güler und Luca Modric – und damit war Madrid eine andere Mannschaft, drehte das Spiel und hätte es eigentlich in der regulären Spielzeit gewinnen müssen.
Aber, und Sie mögen mir diesen Gemeinplatz an dieser Stelle verzeihen, das ist Fußball. In der 96. Minute, in der allerletzten Aktion des Spiels, war ausgerechnet der Video-Schiedsrichter, mit dem sich die Königlichen im Vorfeld ganz besonders angelegt hatten, entscheidend, weil er den Elfmeter annullierte, den der Schiri auf dem Feld gegen Madrid gegeben hatte. Raphinhas Schwalbe war freilich noch klarer als Hölzenbein vs Holland 74, und wenn sie den nicht zurückgenommen hätten, dann weiß ich auch nicht.
Schwer bis gar nicht nachzuvollziehen, warum Carletto Ancelotti das Finale ohne Mbappé beginnen ließ. Die erste Halbzeit komplett hergeschenkt, und erst mit Mbappé nach der Pause ging es rund für die Weißen. Der Einfluss des Franzosen auf das Spiel war sofort spürbar, und ich frage mich, warum sie ihn während der Saison immer mal wieder im Bernabeu ausgepfiffen haben.
Und dann war da Antonio Rüdiger. Schon lange bin ich Fanboy und erinnere mich mit Grausen, wie sie ihn einst beim VfB behandelt haben. Der einzige Spieler in Weiß, der in der ersten Halbzeit seine Teamkollegen anschrie und wie gewohnt Verzweiflung, Not und Schrecken beim FC Barcelona verbreitete. Die halbe Saison schon spielt er mit maladem Knie, wenn er schlau ist, lässt er die Club-WM sausen und kuriert sich aus. Ein echter Krieger. Ohne ihn, wer weiß, ob Real so weit gekommen wäre in Liga und Pokal. Leider hat er seine brutal guten Leistungen auf dem Platz am Ende mit einem Mega-Ausraster konterkariert.
Auch im Ausrasten ein Krieger, und eigentlich mag ich es, wenn er über die Grenzen geht. Am Samstag in Sevilla ging er freilich ein wenig zu weit drüber, und seine Entschuldigung danach war mehr als angebracht. Was allerdings jetzt hierzulande schon wieder von Experten und den üblichen leeren Hosen in Medien und in der Anonymität des Netzes über Antonio Rüdiger abgelassen wird, das ist halt auch wieder ein klares Zeichen dafür, dass der Mensch von Natur aus eben nicht gut sondern ziemlich beschissen ist. So beschissen mindestens wie der Rasen im Stadion La Cartuja, wo einmal pro Jahr das wichtigste Fußballspiel Spaniens ausgetragen wird. Man sollte meinen, dass sie zu diesem besonderen Anlass einen Rasen hinzaubern, der einem feinen Teppich gleicht. Haben sie aber nicht. Und das sind dann eben auch diese spanischen Verhältnisse. Kaum zu glauben, manchmal…
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