DFB-Frauen
·26. September 2025
Torjägerin Marlene Haberecht vor Pokalpremiere: "Es herrscht Ausnahmezustand"

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·26. September 2025
Marlene Haberecht, die in der Saison 2022/2023 die Torjägerkanone für alle in der 5. Liga gewann, trifft mit der BSG Chemie Leipzig aus der Landesliga Sachsen am Sonntag (ab 14 Uhr) in der ersten Runde um den DFB-Pokal der Frauen auf den FC Carl Zeiss Jena aus der Google Pixel Frauen-Bundesliga. Es ist für die "Chemikerinnen" der erste Auftritt der Vereinsgeschichte im bundesweiten Pokalwettbewerb. Im DFB.de-Interview spricht die 35 Jahre alte Offensivspielerin, die im Berufsleben in einem Leipziger Klinikum tätig ist, über das Pokalduell im Alfred-Kunze-Sportpark und die Chancen auf eine Sensation.
DFB.de: Am Sonntag steht für die BSG Chemie Leipzig im DFB-Pokal der Frauen das Traditionsduell mit dem Erstligisten FC Carl Zeiss Jena an. Wie groß ist bereits die Vorfreude oder überwiegt die Anspannung, Frau Haberecht?
Marlene Haberecht: Die Vorfreude auf das Pokalspiel war schon unmittelbar nach der Auslosung sofort bei allen Spielerinnen spürbar. Für uns war es deshalb in den zurückliegenden Wochen unglaublich schwierig, den Fokus auf den Ligabetrieb in der Landesliga zu richten, weil alle nur noch an den Kracher gegen den FC Carl Zeiss Jena denken. Wir sind unglaublich motiviert und freuen uns auf die Partie.
DFB.de: Das Pokalspiel wird auf dem Hauptfeld im Alfred-Kunze-Sportpark ausgetragen. Ist das für das Team noch eine zusätzliche Motivation?
Haberecht: Definitiv. In der Regel absolvieren wir unsere Heimspiele auf einem Nebenplatz auf Kunstrasen. Spiele im großen Stadion austragen zu dürfen, ist für uns deshalb etwas ganz Besonderes. Der Support von unseren Fans ist größer, was die Sache für uns attraktiver und spannender macht.
DFB.de: Die BSG Chemie Leipzig hat schon mit der ersten Pokalteilnahme Historisches erreicht, ist außerdem der einzige Klub aus der 4. Liga in der ersten Runde. Wie hat sich die Mannschaft auf diesen sportlichen Höhepunkt vorbereitet?
Haberecht: Bei uns herrscht absoluter Ausnahmezustand. Normalerweise trainieren wir nur zweimal in der Woche. Seit einiger Zeit haben wir jedoch noch eine zusätzliche Einheit bei unserer zweiten Mannschaft eingeschoben. Einige Spielerinnen absolvieren auch noch privat zusätzliche Ausdauerläufe, um sich gegen Jena in Bestform zu präsentieren.
DFB.de: Wie macht sich dieser Ausnahmezustand bemerkbar?
Haberecht: Je näher der Tag des Pokalspiels rückt, umso aufgeregter wird man. Die Motivation und das Trainingsniveau sind deutlich gestiegen, weil jede Spielerin unbedingt dabei sein will.
DFB.de: Die BSG Chemie Leipzig geht als klarer Außenseiter in die Partie. Wie wollen Sie die Aufgabe angehen?
Haberecht: Wir wollen zeigen, dass unser Verein auch einiges zu bieten hat. Wir werden alles investieren, um das Spiel möglichst offen zu gestalten. Wir wissen, dass wir nicht so viele Offensivaktion haben werden. Aber wenn sich eine Torchance ergibt, müssen wir sie nutzen.
DFB.de: Welchen Gegner hatten Sie sich für die erste Runde gewünscht?
Haberecht: Ich hätte gerne gegen Eintracht Frankfurt gespielt, weil zwischen den Fans der BSG Chemie Leipzig und der Eintracht seit vielen Jahren eine Fanfreundschaft besteht. Vielleicht kann es ja noch in der zweiten Runde zu dem Duell kommen. (lacht)
DFB.de: Durch das Erreichen des sächsischen Landespokal-Finales hatte sich Ihre Mannschaft trotz des 0:1 im Endspiel gegen RB Leipzig II für die Play-Offs des DFB-Pokals qualifizieren. Wie gerne hätten Sie den Pokal dennoch in die Höhe gehalten?
Haberecht: Wir haben gegen RB Leipzig II eine super Leistung abgeliefert, hatten den höherklassigen Gegner am Rande einer Niederlage. Leider haben wir das Finale durch eine ganz unglückliche Aktion verloren. Beide Mannschaften waren nach dem Abpfiff völlig platt.
DFB.de: In den Play-offs setzte sich die BSG Chemie gegen den FC Freiburg-St. Georgen 3:2 durch und steht damit erstmals in der Hauptrunde um den DFB-Pokal der Frauen. Wie schwer war die Aufgabe gegen den Oberligisten?
Haberecht: Wir wurden von den Freiburgerinnen in der Anfangsphase fast überrannt, sind früh in Rückstand geraten. Unserer Torhüterin Lina Bredereck parierte dann jedoch einen Elfmeter und hielt uns dadurch im Spiel. Danach war kein Klassenunterschied mehr zu erkennen. Am Ende hatten wir mehr Power und auch den größeren Siegeswillen.
DFB.de: Was muss passieren, damit gegen Jena die ganz große Überraschung gelingt?
Haberecht: Alle müssen über sich hinauswachsen, die Köpfe freibekommen und das Spiel genießen. Wenn wir alle cool bleiben, können wir dem Gegner Paroli bieten.
DFB.de: Der FC Carl Zeiss Jena erkämpfte zuletzt ein überraschendes 0:0 beim Deutschen Meister FC Bayern München. Wie sehr hat Sie das beeindruckt?
Haberecht: Als ich das Ergebnis gesehen habe, musste ich auch erst einmal schlucken. Aus München einen Punkt mitzunehmen, ist schon nicht ohne. Vielleicht haben wir als Underdog am Sonntag aber auch unseren Glückstag.
DFB.de: Sie haben sich in der Saison 2022/2023 in der Landesklasse mit 64 Treffern die Torjägerkanone für alle gesichert. Warum läuft es für Sie in dieser Spielzeit noch nicht wie gewünscht?
Haberecht: Diese Frage beschäftigt mich auch. Die Torjägerkanone steht bei mir zu Hause in einer Schrankwand, ich laufe jeden Tag daran vorbei. Warum ich momentan nicht so viele Treffer erziele, hängt vielleicht mit einer Systemumstellung zusammen. Ich übernehme jetzt andere Aufgaben auf dem Platz, trete mehr als Vorbereiterin in Erscheinung. Wenn wir die Spiele gewinnen, kann ich auch gerne auf Tore verzichten.
DFB.de: Sie gehören mit 35 Jahren nach wie vor zu den Stammspielerinnen. Wie schwer fällt es Ihnen, mit den jungen Spielerinnen mitzuhalten?
Haberecht: Damit habe ich überhaupt keine Probleme. Ganz im Gegenteil, ich würde sogar behaupten, dass ich im Team immer noch eine der fittesten Spielerinnen bin. (lacht)