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·18. Dezember 2024
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·18. Dezember 2024
Die Fußball-Welt ist reich an hochgehandelten Talenten, die den Sprung zum Weltstar aus welchen Gründen auch immer dann doch nicht schaffen. Viel weniger wird jedoch über die Akteure diskutiert, die eigentlich gar kein so großes Talent mitgebracht haben, durch harte Arbeit und mentale Stärke aber doch eine beachtliche Karriere hinlegen konnten oder sogar zu Weltstars wurden.
90min wirft einen genaueren Blick auf 13 Spieler, die Karrieren hingelegt haben, die weit über ihr eigentliches Talent-Level hinausgingen.
Thomas Müller ist ein echtes Phänomen. Während einige Fußballer im Verdacht stehen, dass sie das in den Beinen haben, was im Kopf fehlt, ist es bei Müller genau andersrum. Der Raumdeuter gehört wohl zu den spielintelligentesten Akteuren, die der Fußball je gesehen hat. Trotz seiner unorthodoxen Spielweise, seiner mäßigen Geschwindigkeit und gewissen technischen Mängeln, ist es Müller gelungen, zu einem der Top-Scorer in Europa und zum absoluten Publikumsliebling beim FC Bayern zu werden.
"Ich habe keinen Spieler erlebt, der es geschafft hat, auf dem Trainingsplatz und auf dem Spielfeld so nervig zu sein wie Thomas Müller. Wie kann das sein, dass der so gut ist? Wenn man den anschaut, denkt man, das ist ein Kreisligaspieler. Aber er funktioniert so schnell im Kopf und dann bewegt er eben seine Gräten – schneller als die anderen", beschrieb Bastian Scheinsteiger in der Amazon-Dokumentation "FC Bayern - Behind the Legend" das Phänomen Thomas Müller treffend. Müller hat in seiner Laufbahn bis jetzt zwölf deutsche Meistertitel und zweimal die Champions League gewonnen. In 728 Pflichtspielen gelangen ihm 246 Tore und 271 Assists.
Man kann nicht gerade behaupten, dass Marcel Schmelzer ein außergewöhnlich begnadeter Fußballer war. Insbesondere seine Technik und seine Flanken waren eher mittelmäßig ausgeprägt. Folgerichtig kam Schmelzer auch in der Nationalmannschaft fast nie zum Zug. Dafür legte der Linksverteidiger eine sehenswerte Karriere im Klub-Fußball hin. Als Nachfolger von Publikumsliebling Dedê wurde Schmelzer zum glasklaren Stammspieler und wusste insbesondere in der Klopp-Ära zu überzeugen.
Nicht ohne Grund sagt man, dass es Klopp wie kaum ein anderer versteht, Spieler über ihr eigentliches Leistungsvermögen zu bringen. Mit seiner Ausdauer und seiner Leidenschaft absolvierte Schmelzer 367 Profispiele für den BVB und war Stammspieler als der BVB seine ganz großen Erfolge feierte. Zwei Meistertitel, drei Pokal-Gewinne und das Erreichen des Champions-League-Finals stehen auf seiner Visitenkarte.
Kevin Großkreutz ist ein ähnlicher Fall wie Schmelzer, nur noch ein wenig extremer. Der Außenbahnspieler hatte technisch nie wirklich viel zu bieten und fußballerisch keine herausstechenden Stärken. Gelingt es Defensivspielern eher mal, rein durch Kampf und Leidenschaft eine gute Karriere hinzulegen, hat Großkreutz gezeigt, dass derartiges auch als Offensivspieler möglich ist. Der 36-Jährige, der heute noch in der Westafalenliga 2 aktiv ist, hatte seine Prime wie Schmelzer in der Klopp-Ära.
Großkreutz absolvierte 236 Pflichtspiele für den BVB, gewann den Pokal, holte zweimal die deutsche Meisterschaft und erreichte das Champions-League-Finale 2013. 2014 stand er zudem im WM-Kader und kann sich als Weltmeister bezeichnen, obwohl er keine Minute zum Einsatz kam. Seine wenig erfolgreichen späteren Stationen zeigen ganz klar, dass Großkreutz alleine durch sein schwarz-gelbes Herz und seiner Hingabe für den Verein weit über seinem eigentlichen Limit gekickt hat.
Die Karriere von Khedira nahm Fahrt auf, nachdem sich Ballack im Vorfeld der WM 2010 verletzt hatte. Khedira rückte in die Startelf und konnte sich ins Blickfeld großer Klubs spielen. Wenig später folgte der Wechsel zu Real Madrid. Für viele kam der Wechsel überraschend, da die Madrilenen normalerweise mit Vorliebe technisch starke und spektakuläre Spieler verpflichten. Khedira hingegen war nie der feine Fußballer. Demnach war er bei den Fans von Real Madrid auch nicht unumstritten. Dank seiner Arbeits-Moral, seiner Leader-Fähigkeiten und seiner Gabe, mit Druck klarzukommen, erkämpfte er sich dennoch einen Stammplatz.
Khedira hat mit Real die Champions League gewonnen und war auch später bei Juventus Turin sehr gut unterwegs. Zudem war er jahrelang Stammspieler in der Nationalmannschaft und gehörte zum Weltmeister-Team 2014, selbst wenn er das Finale verletzungsbedingt verpasste. Ohne die Verletzungen hätte Khedira noch ein paar Jahre mehr im Tank gehabt, jedoch hat er auch so schon enorm viel aus seinen Möglichkeiten herausgeholt.
Niclas Füllkrug ist weder sonderlich schnell noch technisch begabt. Folgerichtig lief seine Karriere auch lange mittelmäßig, was gewiss auch an einigen Verletzungen lag. Füllkrug hat jedoch im Verlaufe der Jahre gelehrt, die Fähigkeiten, die er hat, möglichst gewinnbringend einzusetzen. Der Angreifer besticht durch seine Größe, seine Kopfballstärke und seine Arbeit für das Team. Füllkrug ist ein Leader-Typ und weiß, wo das Tor steht. Normalerweise würde das allerdings nicht reichen, um eine große Rolle im DFB-Team einzunehmen. Genau das hat Füllkrug allerdings geschaft und war phasenweise Stürmer Nummer eins. Füllkrug wurde 2022/23 Torchützenkönig, spielte daraufhin ein Jahr für den BVB und verdient nun in England gutes Geld. All das hätte man vor fünf Jahren nicht erahnen können.
Ein funktionierendes zentrales Mittelfeld muss nicht unbedingt aus zwei genialen Spielern bestehen. So richtig gewinnbringend wird es erst, wenn sich die beiden Partner ideal ergänzen. Genau das war bei Italien und beim AC Mailand über Jahre hinweg der Fall, weil mit Andrea Pirlo und Gennaro Gattuso zwei komplett gegensätzliche Spielertypen auf dem Feld standen. Pirlo war für die fußballerischen Feinheiten, das schöne Spiel und die Kreativität zuständig, während Gattuso der Mann für das Grobe war. Obwohl Gattuso zweifellos kein großer Kicker war, kann er in seiner damaligen Rolle als absoluter Weltklasse-Spieler angesehen werden. Ein Weltmeistertitel, zwei Champions-League-Siege und zwei italienische Meistertitel krönen seine Karriere.
"Weltmeister ohne Talent", lautet der Titel der Biographie von Per Mertesacker. Zwar ist das vielleicht ein klein wenig übertrieben, jedoch dürfte Mertesacker bei seiner heutigen Tätigkeit als Leiter der Nachwuchsabteilung beim FC Arsenal täglich junge Akteure beobachten, die mehr Talent haben als es er selbst jemals hatte. Dennoch werden die wenigsten Youngster eine solch erfolgreiche Karriere hinlegen wie es Mertesacker getan hat.
Der ehemalige Innenverteidiger bestach durch seine Größe, Zweikampfstärke und Kopfballstärke, spielte aber gewiss nicht die ganz moderne Klinge. In Bremen und beim FC Arsenal war Mertesacker über viele Jahre ein Leader und hat dreimal den englischen Pokal und einmal den DFB-Pokal gewonnen. Zudem war er jahrelang eine feste Größe im DFB-Team und gewann 2014 die Weltmeisterschaft.
Für Christoph Kramer liefen die letzten Jahre abgesehen von seiner Experten-Tätigkeit nicht mehr so wahnsinnig gut. Inzwischen ist der 33-Jährige auch schon seit einem halben Jahr vereinslos. Dabei darf man allerdings nicht vergessen, dass der Mittelfeldspieler definitiv eine gute Karriere hingelegt hat. Kramer war über Jahre hinweg Stammspieler in der Bundesliga und hat erfolgreich für Gladbach und Leverkusen gespielt. Zudem gehörte er nicht nur dem Weltmeister-Kader aus dem Jahr 2014 an, sondern stand auch im WM-Finale auf dem Platz - auch wenn er das selbst nicht mehr so genau weiß.
Niemand wäre während seiner Zeit bei Hertha BSC auf die Idee gekommen, dass Lukas Piszczek eines Tages zum Weltklasse-Rechtsverteidiger heranwachsen sollte. Piszczek wechselte 2010 zum BVB, wo seine Karriere schnell Fahrt aufnahm. Jürgen Klopp schulte den Polen vom Offensivspieler zum Rechtsverteidiger um, wo er jahrelang als klarer Leistungsträger seinen Platz sicher hatte. Piszczek wurde mit dem BVB zweimal Meister, gewann dreimal den Pokal und stand im Champions-League-Finale. Insgesamt absolvierte er 382 Matches für die Schwarz-Gelben. Piszczek war nie der ganz große Kicker, wusste aber seine Athletik, seine Leidenschaft und seine Zweikampfstärke exzellent einzusetzen.
Vor rund zehn Jahren kannte N‘Golo Kanté praktisch niemand. Der Mittelfeldspieler kickte für SM Caen in Frankreich und niemand hätte ahnen können, dass aus dem kleinen und schmächtigen Spieler ein echter Weltstar werden sollte. Mit Demut, harter Arbeit und großer Ausdauer kämpfte er sich jedoch nach oben. Bereits im ersten Jahr nach seinem Wechsel nach England gewann der Franzose sensationell die Meisterschaft mit Leicester City und schloss sich dann dem FC Chelsea an.
Bei den Blues verbesserte sich der nur 1,68 Meter große Sechser nochmals enorm, wurde erneut Meister und sicherte sich 2021 den Henkelpott. Bereits 2018 konnte er mit Frankreich zudem die Weltmeisterschaft gewinnen. In seiner Prime war Kanté wohl der beste Sechser weit und breit. Da sieht man mal, was aus vermeintlich mittelmäßigen Spielern werden kann, wenn sie sich voll auf sich und ihre Aufgabe im Spiel konzentrieren und dann auch noch viel Willenskraft und einen enormen Fußball-IQ vorweisen.
Jamie Vardy ist ein Paradebeispiel eines technisch limitierten Stürmers, der aber treffsicher wie kaum ein anderer auftreten kann. Der Engländer war bereits 25 Jahre alt, als er sich dem damaligen Zweitligisten Leicester City angeschlossen hatte. Der Angreifer erreichte gemeinsam mit dem Team ungeahnte Sphären und gewann 2016 die Meisterschaft. Vardy wurde zum Spieler der Saison gewählt und Englands Fußballer des Jahres, trotz all der prominenteren und talentierteren Konkurrenten. Im Jahr 2019 wurde Vardy Top-Torjäger der Premier League und blieb seinem Herzensklub immer treu. Angesichts seiner 196 Tore, ist Vardy die absolute Vereins-Ikone und heute noch Kapitän von Leicester City.
Luca Toni war ähnlich wie Jamie Vardy nie das ganz große Talent und hat folgerichtig auch lange benötigt, um überhaupt als Top-Stürmer wahrgenommen zu werden. In Palermo und Florenz hat Toni jedoch als grandioser Torjäger auf sich aufmerksam gemacht. Im Jahr 2006 gewann er den Goldenen Schuh und wurde mit Italien Weltmeister. Ein Jahr später folgte der Wechsel zum FC Bayern, wo er zumindest für zwei Jahre stark performte, ehe es bergab ging. Toni hatte jedoch auch nach seiner Rückkehr nach Italien Erfolg und wurde 2012 Meister, ehe er 2014/15 nochmals die Torjäger-Kanone gewinnen konnte.
Marco Materazzi war einer dieser Spieler, die man lieber selbst im Team hatte als beim Gegner zu wissen. Materazzi verstand vom schönen Spiel praktisch nichts, wusste aber, wie man seinen Gegenspielern körperlich und verbal so richtig Schmerzen zufügen kann. Der Italiener ist eines der besten Beispiele dafür, dass man im Fußball mit Freundlichkeit meist wenig erreicht.
Sinnbildlich für seine Karriere steht das WM-Finale 2006, in dem er Zinedine Zidane so lange provozierte, bis dieser ausrastete und seine Karriere mit einem Kopfstoß gegen den Italiener beendete. Materazzi gewann aber nicht nur die WM, sondern wurde auch fünfmal italienischer Meister, einmal Champions-League-Sieger und einmal Klub-Weltmeister. Eine erstaunliche Bilanz, bedenkt man, dass er im Alter von 27 Jahren noch ein absoluter No-Name war, ehe sein Wechsel zu Inter alles veränderte.
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