MillernTon
·28. August 2025
Vorbericht: Hamburger SV – FC St. Pauli (2. Spieltag, 25/26)

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·28. August 2025
Die 112. Stadtmeisterschaft steht an, der FC St. Pauli gastiert beim Hamburger SV und trifft dort auf Ähnlichkeiten.(Titelfoto: Peter Boehmer)
Derbyzeit! Kaum hat die Saison 25/26 angefangen, wartet auf den FC St. Pauli bereits eines der großen Highlights: Erstmals seit 14 Jahren treffen der FCSP und der HSV wieder in der Bundesliga aufeinander. Dieses Spiel ist nicht nur aus geografischer Sicht ein besonderes, sondern dürfte auch für das Wohl und Wehe im Abstiegskampf eine wichtige Rolle spielen. Zur Vorbereitung hört gerne das Debüt von MillernTon-Neuzugang Jutta, die sich mit Marie vom „Woran hat’s jelegen?“-Podcast unterhalten hat. Einen ausführlichen Rückblick auf die Duelle zwischen dem FC St. Pauli und Hamburger SV gibt es hier: The Story so far: Hamburger Stadtmeisterschaft
Fünf Spieler werden dem FC St. Pauli im Volkspark sicher fehlen: Karol Mets und Jackson Irvine befinden sich im Aufbautraining, ebenso wie Ricky-Jade Jones. Irvines Aufbautraining bestand in dieser Woche aber bereits aus sehr viel Teamtraining, sein Comeback rückt näher und er könnte nach der Länderspielpause bereits einen großen Schritt näher am Spieltagskader sein. Mets hat sein Lauftraining auch gesteigert, ist also auch weiterhin auf dem Weg der Besserung. Etwas weiter weg scheint Jones zu sein, der sich laut Blessin aktuell viel im Kraftraum befindet und an seiner Schulter arbeitet.
Auch David Nemeth wird für das Derby ausfallen. Alexander Blessin erklärte auf der Pressekonferenz nur kurz, dass der Innenverteidiger nicht spielen kann und seine Aussage lässt vermuten, dass aktuell nicht so richtig klar ist, wann er wieder einsatzbereit ist. Leider, leider, leider fehlt auch Abdoulie Ceesay am Freitag. Der Angreifer hat sich im Dortmund-Spiel eine größere Schnittwunde zugezogen, die genäht werden musste und einen Einsatz im Derby verhindert. Dieser Ausfall wiegt relativ schwer, da Ceesay gegen den BVB von der Bank nochmal richtig Power in die Offensive brachte. Power, die nun anderweitig ins Spiel gebracht werden muss. Unter der Woche traten auch Dapo Afolayan und Eric Smith etwas kürzer. Allerdings seien beide laut Blessin einsatzbereit.
Fünf Ausfälle beim FC St. Pauli sind mittelmäßig, beim HSV ist die Personalsituation besser. Robert Glatzel und Silvan Hefti sind in dieser Woche wieder ins Training zurückgekehrt. Beide hatten für den Ligaauftakt passen müssen. Ebenfalls nicht mit am Start in Mönchengladbach war Bakery Jatta. Der 27-jährige hat auch in dieser Woche bisher nur individuell trainieren können, ein Einsatz am Freitag kommt für ihn, wie auch für Glatzel, nicht infrage.
Dafür werden aber Yussuf Poulsen und Jean-Luc Dompé in besserer körperlicher Verfassung sein, als sie es letzte Woche waren. Beide kamen zwar gegen Mönchengladbach zum Einsatz, allerdings nur für wenige Minuten. Am Freitag dürften beide Kandidaten für die Startelf sein.
Wer die aktuellen Nachrichten verfolgt, dürfte mitbekommen haben, dass sich beim HSV personell noch mindestens ein Neuzugang ankündigt. Dass das noch Auswirkungen auf den Kader für Freitag haben wird, ist aufgrund der Kürze der Zeit aber eher unwahrscheinlich. Grundsätzlich hat der HSV diesen Sommer aber einen ähnlich großen Umbruch erlebt wie der FC St. Pauli.
Mit Ludovit Reis (nach Belgien), Davie Selke (in die Türkei) und Sebastian Schonlau (in die USA) haben drei durchaus wichtige Spieler den HSV verlassen. Auch Ransford Königsdörffer stand kurz vor einem Wechsel nach Frankreich, dieser platzte aber auf den letzten Metern. Fast ein Dutzend weiterer Spieler musste ebenfalls gehen. Auf der Gegenseite kamen zwar (bisher) nicht ganz so viele neue Spieler dazu, aber zum Ligaauftakt standen fünf davon in der Startelf. Die beiden wohl wichtigsten Neuzugänge dürften Nicolai Remberg und Nicolás Capaldo sein, zwei zentrale Mittelfeldspieler, die besonders als Duo eine richtig gute Figur abgeben können. Es gibt also eine runderneuerte Doppelsechs beim HSV und der Umbruch hat somit durchaus Ähnlichkeiten zu jenem des FC St. Pauli.
Wenig Ähnlichkeiten gibt es dann aber in Sachen Vorbereitung. Angefangen bei den Verpflichtungen. Denn während der FCSP bereits zu Beginn der Vorbereitung einen Großteil des Teams beisammen hatte, dauerte es beim HSV nicht nur etwas länger, sondern dauert auch weiterhin an. Und während es beim FC St. Pauli fast durchweg positive Testspielergebnisse gab, war es beim HSV fast umgekehrt: Einzig die ersten beiden Testspiele gegen unterklassige Gegner konnten gewonnen werden. Darauf folgten ausschließlich (teils deutliche) Niederlagen. Das große Thema der Vorbereitung und auch das große Fragezeichen vor Saisonbeginn war die eigene Defensive, die teils extrem wackelig wirkte, auch beim Pokalspiel in Pirmasens, das der HSV durchaus glücklich gewann.
Umso überraschender kam für viele, das sich der Hamburger SV am ersten Spieltag in Mönchengladbach mit einer kämpferischen Defensivleistung ein 0:0 verdiente. Nun sind die Fohlen sicher nicht das Maß der Dinge in der Bundesliga, Blessin bezeichnete ihre Spielweise als „langsam“ und „träge“ und wie schwer oder leicht es ist gegen dieses Team die Null zu halten, wird sich erst in den kommenden Wochen zeigen. Trotzdem war nach der Gegentor-reichen Vorbereitung nicht damit zu rechnen, dass der HSV so stabil in der Arbeit gegen den Ball sein und einen „verdienten“ (Blessin) Punktgewinn einfahren würde.
Und dann gibt es doch wieder Ähnlichkeiten: Denn die Formation, mit der gegen Mönchengladbach ein Punkt erkämpft wurde, dürfte vielen beim FC St. Pauli bekannt vorkommen. Das Team von Trainer Merlin Polzin formiert sich in einem 5-2-3 und, wenn es tiefer steht, 5-4-1 an. Genauso, wie es der FC St. Pauli seit einiger Zeit tut (diese Saison aber bisher nicht mehr so deutlich). Für Alexander Blessin ist das ein Vorteil, weil man die Schwächen kennt: „Wir wissen, wo wir vielleicht ansetzen können, was es für Probleme geben könnte. Wir haben uns mit diesen Problemen länger auseinandergesetzt – das kann uns helfen.“
Was also sind die Probleme, die ein Team in so einer Formation bekommen kann? Grundsätzlich ist so ein kompaktes 5-2-3/5-4-1 vor allem dann stark, wenn es eben kompakt bleibt, also die Abstände untereinander klein sind. Sobald es dem Gegner gelingt, diese Abstände zu vergrößern, Räume zu öffnen, ergeben sich Chancen. Der HSV hatte gegen Mönchengladbach vor allem im ersten Abschnitt Probleme, den ballfernen Sechserraum zu schließen. Auch das Timing, wann die Außenverteidiger rausschieben beziehungsweise wie dahinter nachgeschoben wird, ist immer eine potenzielle Schwachstelle in so einer Formation und war es auch am ersten Spieltag. Zudem agierte der HSV recht mannorientiert gegen Mönchengladbach, was auch teilweise zu Problemen führte, wenn die Fohlen (und das taten sie viel zu selten) rotierten.
Räume und Lücken finden – und das zum richtigen Zeitpunkt. Das wird für Mathias Pereira Lage und dem Rest des FC St. Pauli spielentscheidend sein.
// (c) Stefan Groenveld
Dem FC St. Pauli muss es also gelingen, die Defensive des HSV in Bewegung zu bringen, sie vor Entscheidungen zu stellen und im besten Fall den Schwachstellen einen andauernden Stresstest unterziehen. Blessin erklärt, dass es darum gehe, „Räume zu suchen und dann zu belaufen“. Das aber auf jeden Fall immer mit dem notwendigen Blick für die Restverteidigung. Denn der Fokus des HSV auf offensive Umschaltmomente war ebenfalls klar erkennbar und das Polzin-Team wurde am ersten Spieltag im zweiten Abschnitt offensiv, vor allem nach der Einwechslung von Dompé und Poulsen, immer stärker.
Wie der FC St. Pauli diese Räume schaffen möchte, zeigte sich in den Testspielen und den ersten Pflichtspielen recht deutlich, was aber nicht heißt, dass es einfach zu verteidigen ist. Merlin Polzin erklärte auf der PK vor der Partie, dass es wichtig sei, „die Überzahlsituationen und die Zielstrebigkeit“ zu verteidigen. Beides sind eher grundverschiedene Ansätze. Entweder versucht es der FCSP über Dreiecksbildung auf den Außenbahnen oder über direktes Spiel in die Spitze. Es wird darauf ankommen, in den richtigen Momenten das richtige Mittel zu finden, um den HSV vor Probleme zu stellen.
Gerade die Überladungen auf den Außenbahnen sind dabei vielversprechend, weil der HSV gegen Mönchengladbach noch ein paar Abstimmungsprobleme bei den Übergaben in seiner Defensivformation hatte. Da zusätzlich auch die Option „vertikal auf Hountondji/Pereira Lage“ nahezu immer gegeben ist, könnte genau der gewünschte Stresstest für die Defensive des HSV entstehen, wenn es dem FC St. Pauli gelingt, in den richtigen Momenten das richtige Stilmittel zu wählen. Entsprechend benennt Blessin Handlungsschnelligkeit als wichtigste Komponente: „Wie schnell erkenne ich Räume, Positionen, Positionswechsel – es wird wichtig sein, dass wir da klare Gedanken haben und dann auch schnelle Entscheidungen auf dem Platz fällen können.“
Beim HSV wird wohl Dompé in die Startelf rücken und dort Alexander Røssing-Lelesiit verdrängen, der allerdings auch ein ordentliches Auftaktspiel ablieferte. Dass auch Poulsen in die Startelf rückt, ist etwas unwahrscheinlicher, zumal Königsdörffer für offensive Umschaltmomente etwas geeigneter scheint. Weitere personelle Veränderungen sind nicht zu erwarten, sofern nicht der Name Vušković auf dem Spielberichtsbogen auftaucht.
Erwartete Aufstellung beim Spiel Hamburger SV gegen FC St. Pauli
HSV: Heuer Fernandes – Omari, Elfadli, Torungarigha – Gocholeishvili, Remberg, Capaldo, Muheim – Sahiti, Königsdörffer, Dompe FCSP: Vasilj – Wahl, Smith, Ritzka – Pyrka, Sands, Fujita, Oppie – Hountondji, Sinani, Pereira Lage
Beim FC St. Pauli sind zwei personelle Veränderungen denkbar: Zum einen stellt sich für Alexander Blessin erneut die Frage, ob Adam Dźwigała oder Lars Ritzka links in der Innenverteidigung spielt. Für Dźwigała spricht, dass er eine „Kampfmaschine“ (Blessin) sei. Die Probleme, die er im BVB-Spiel hatte, habe man analysiert, so der FCSP-Cheftrainer. Ob Analyse und Einstellung aber reichen, um auch am Freitag in der Startelf zu stehen? Zumindest in Sachen Einstellung dürfte Lars Ritzka ähnlich drauf sein. Für ihn sprechen zudem unter anderem Wachsamkeit und die Art der Vorwärtsverteidigung, Ritzka hat es letzte Saison auf dieser Position auch gut gemacht. So oder so sei Blessin bei dieser Entscheidung „nicht angst und bange“ – ich tippe darauf, dass Lars Ritzka in der Startelf stehen wird.
Ebenfalls ein enges Rennen gibt es auf der rechten Schienenposition. Dort konkurrieren Manos Saliakas und Arkadiusz Pyrka um den Startelfplatz. Pyrka hat ein gutes Bundesligadebüt gefeiert, Saliakas nach seiner Einwechslung ebenfalls richtig Schwung reingebracht. Blessin betonte die steile Lernkurve des Neuzugangs und seine Zweikampfstärke, aber auch die Probleme bei der defensiven Positionierung. „Manos“, so Blessin, „ist auf einem guten Weg.“ Der 28-jährige brenne auf einen Einsatz und sei „ein bisschen wilder“ als Pyrka. Der Konkurrenzkampf der beiden befindet sich „auf Augenhöhe“ und es ist absolut nicht absehbar, wer am Freitag in der Startelf stehen wird.
Ganz vorsichtig hatte ich auf der Pressekonferenz gefragt, ob Alexander Blessin die beiden letzten Niederlagen des FC St. Pauli im Volkspark innerhalb des Teams thematisiere. Die Schelte folgte umgehend: „Es interessiert mich gar nicht, das ist kalter Kaffee!“ und da Blessin schon öfter erklärte, dass ihm Ruhm vergangener Tage wurscht ist, hätte ich mir diese Antwort auch denken können. Das bedeutet aber natürlich nicht, dass ihm das Derby egal ist, auch dessen Historie. Vielmehr war Alexander Blessin auf der PK anzumerken, wie groß die Lust auf dieses Spiel ist, wie sehr es auch ihn elektrisiert, dass ihm völlig klar ist, dass es um weit mehr als „nur“ drei Punkte geht. Wenn der Trainer diese Motivation auch nur ansatzweise ans Team übertragen kann, dann wird der FC St. Pauli gut vorbereitet sein.Auf geht’s zur Stadtmeisterschaft!
Forza!// Tim
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