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Niklas Levinsohn·23. Juni 2019
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Niklas Levinsohn·23. Juni 2019
Seit Freitagabend läuft der Afrika-Cup 2019. Auch wenn das Kontinentalturnier neuerdings im Sommer stattfindet, müssen Spieler immer noch ihre Teilnahme rechtfertigen. Das hat vor allem mit der europäischen Perspektive zu tun.
Dieses Mal erwischte es Gladbach-Profi Ibrahima Traoré, der als Kapitän von Guinea beim Afrika-Cup an den Start geht. Im Vorfeld des Turniers hatte der Flügelspieler mit der ‚Rheinischen Post‘ gesprochen und war von der Zeitung gefragt worden, ob es für ihn ein Nachteil sei, dass er durch seine Teilnahme verspätet bei der Borussia in die Vorbereitung einsteigt. Die Antwort des 31-Jährigen war ebenso treffend wie entlarvend.
„Ich bin hier voll im Training und werde gut vorbereitet in Gladbach einsteigen, wenn es soweit ist. Bei Spielern wie Matthias Ginter oder Thorgan Hazard ist nicht diskutiert worden, ob es ein Nachteil für sie war, als sie im vergangenen Jahr später kamen wegen der Weltmeisterschaft“, so Traoré, der noch hinterher schob: „Der Afrika-Cup wird einfach noch nicht richtig wertgeschätzt in Europa. Aber es ist ein großer und wichtiger Wettbewerb, bei dem auf hohem Niveau gespielt wird.“
Dabei geht es gar nicht so sehr darum, den Afrika-Cup als europäischer Fußball-Fan genauso spannend finden zu müssen wie den eigenen Kontinentalwettbewerb. Interesse entsteht nun mal in erster Linie durch relative Nähe zu einem Ereignis und die ist bei der EURO eben mehr gegeben als beim afrikanischen Pendant dazu. Auch würde wohl kaum jemand auf die Idee kommen, das spielerische Niveau auf eine Stufe stellen zu wollen.
Allein der Vergleich wäre aber ohnehin schon überflüssig, denn die Qualität des Fußballs sollte keinerlei Relevanz für die Daseinsberechtigung eines Turniers auf Nationalmannschaftsebene haben. Trotzdem ist vor allem beim Afrika-Cup im Subtext oft mitgeschwungen, dass es sich bei dem Turnier insbesondere für die Klubs um ein lästiges Zusatzrisiko handelt, das zähneknirschend hingenommen werden muss.
In der Vergangenheit wurde der Missmut der Spieler abstellenden Vereine vor allen am Termin festgemacht. So fand der Afrika-Cup bis zu diesem Jahr nicht etwa im Sommer, sondern im Januar oder im Februar statt. In der Folge fehlten die von ihren Teams einberufenen Akteure ihren Klubs entweder im aktiven Spielbetrieb (zum Beispiel in England) oder aber in der Vorbereitung für die Rückrunde (zum Beispiel in Deutschland).
Der Ärger, der dadurch bei den Verantwortlichen hervorgerufen wurde, nahm mitunter irrwitzige Züge an: Als Sam Allardyce noch Crystal Palace coachte, dachte er im Winter der Saison 2016/17 laut der ‚Sun‘ vor lauter Wut sogar darüber nach, Starspieler Wilfried Zaha zu verkaufen. Hatte der es doch ernsthaft in Erwägung gezogen, beim Turnier in Gabun für die Elfenbeinküste aufzulaufen.
Dann wiederum gab es die Fälle, in denen Profis wie Joel Matip (bei Liverpool, 2017) und Eric Maxim Choupo-Moting (auf Schalke, 2017) freiwillig auf ihre Teilnahme verzichteten. Möglich, dass beide diesen Entschluss selbstbestimmt gefasst haben. Ihr gutes Recht wäre das allemal. Restzweifel bleiben nichtsdestotrotz, ob da nicht auch Klubinteressen hinter geschlossenen Türen Teil des Entscheidungsprozesses waren. Offen verweigern können die Vereine die Freigabe ihrer Profis schließlich nicht. Das verbietet der Weltverband FIFA.
Wie wohlwollend Europas Fußballelite auf den Afrika-Cup blickt, sollte allerdings genauso wenig damit zu tun haben, ob der Ball im Winter oder im Sommer rollt. Der Fußball ist sowieso schon eine durch und durch eurozentrische Angelegenheit. Auf Klub- wie auf Nationalmannschaftsebene ist es für uns in Europa selbstverständlich, dass der Rest der Welt stillsteht, wenn in unseren Wettbewerben die großen Entscheidungen fallen.
Tun uns die anderen Dachverbände, zahlenmäßig übrigens deutlich reicher bevölkert als der europäische, aber schon den Gefallen, ihren Fußballkalender um unsere Befindlichkeiten herum zu basteln, dann sollten wir zumindest den Anstand haben, uns das Gemurre zu sparen, wenn sie sich alle zwei Jahre vier Wochen rausnehmen, um die beste Nation ihres Kontinents zu küren.
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