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Selina Eckstein·21. April 2024
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Selina Eckstein·21. April 2024
"Jahrhunderttalent", "Wunderkind", "Kommender Weltstar": Wenn ein 17-Jähriger mit Superlativen überschüttet wird, scheint der großen Karriere eigentlich nichts mehr im Wege zu stehen. Oder etwa doch?
Als Jann-Fiete Arp 2017 in den Fokus der Öffentlichkeit rückte, wurde er schnell zur neuen Sturm-Hoffnung Deutschlands erklärt. Das sprach sich auch bis nach München herum. 2019 wechselte der Hamburger zum deutschen Rekordmeister. Fünf Jahre später sitzt er nun in der 2. Bundesliga auf der Bank. "Wenn man es unter fünf Trainern in drei verschiedenen Teams nicht geschafft hat, dann fehlen einem die Argumente, wenn man ehrlich zu sich selber ist", gestand der frühere U19-Nationalspieler den 'Kieler Nachrichten'. Wie konnte das passieren?
Arp wurde in der Jugend beim Hamburger SV ausgebildet und erzielte ein Tor nach dem anderen. Es dauerte also nicht lange, bis er auch bei den Profis mittrainierte. Sein Bundesliga-Debüt gab er 2017 gegen Werder Bremen, stand beim 0:0 aber auch nur eine Minute auf dem Platz. Wesentlich länger waren seine Einsätze in den folgenden Spielen. Er traf in zwei Partien hintereinander und schon war der Hype um ihn da.
Doch war Arp damals wirklich so gut? "Ich habe die ersten Bundesliga-Spiele leistungstechnisch für Aufsehen gesorgt, danach halt nicht mehr", sagte er im Sky-Format 'Meine Geschichte'. Rückblickend habe er sich gewünscht, dass das mediale Interesse um seine Person mit seiner Leistung wieder sinken würde. Denn die Aufregung sei "too much gewesen". Nicht nur für ihn persönlich, sondern auch wie er dargestellt wurde: "Es war für mich irgendwann nicht mehr begründet, warum dieser Hype nicht aufhört."
Ein Grund für das große Interesse an ihm waren wohl vor allem die Gerüchte rund um den FC Bayern, der in der Angst ein mögliches "Wunderkind" zu verpassen lieber zu früh als zu spät zuschlug. Für den Hamburger SV und Arp selbst schien es damals die beste Lösung zu sein. Der HSV brauchte Kohle und Arp könnte sich bei den Münchenern vielleicht besser entwickeln. Von den großen Stars lernen, einer vor vielen sein und nicht mehr so im Mittelpunkt stehen.
Vor allem in der Kabine sei er gut aufgenommen worden, erzählt er rückblickend. Und auch die Vorbereitung unter Niko Kovac lief gut. Der Stürmer traf auf der USA-Reise gegen Tottenham.
Doch daran konnte er zum Saisonstart nicht anknüpfen, denn Arp hatte nicht das nötige Selbstvertrauen, um "besondere Dinge leicht aussehen zu lassen, habe es aber trotzdem immer wieder versucht." Er sei damals zu jung im Kopf gewesen, gestand er. Zudem habe er Privates und Berufliches nicht trennen können. Wenn es privat nicht gut lief, nahm er dieses Gefühl mit ins Training und umgekehrt. "Ich habe mich die ganze Zeit mit irgendwelchen Nebengeräuschen beschäftigt und vergessen, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren."
Am Ende fehlte es ihm schlicht an der nötigen Persönlichkeit und auch Klasse für die Bayern. Er machte kein Bundesliga-Spiel für die Profis, saß entweder auf der Bank oder war gar nicht erst im Kader. Vielmehr sammelte er seine Spielzeit in der zweiten Mannschaft, die zu diesem Zeitpunkt in der 3. Liga spielte.
Aus dem "Wunderkind" war nun ein ganz normales Talent geworden, das dringend Spielpraxis brauchte, um in seiner jahrelang stehen gebliebenen spielerischen Entwicklung voranzukommen. Eine Leihe zu einem anderen Klub sollte ihm 2021 in seiner Karriere weiterhelfen.
Er ging nach Kiel, zurück in den hohen Norden, wo sich Arp am wohlsten fühlt, weil es sein Zuhause ist. Sein Gefühl verbesserte sich dadurch, doch die Probleme blieben die gleichen. Drei Tore und zwei Vorlagen waren wettbewerbsübergreifend seine magere Ausbeute in 26 meist kurzen Saison-Spielen. Die Konstanz fehlte weiterhin.
Doch in seiner Karriere passierte zum ersten Mal etwas, was der heute 24-Jährige so noch nicht kannte. Das mediale Interesse um seine Person nahm ab und er fing an, sich mit sich selbst auseinander zu setzen: "Ich habe ein Zusammenspiel zwischen Mensch Fiete und Sportler Fiete gefunden." Mittlerweile sei er im Erwachsenenleben angekommen und auch eben fest in Kiel.
Bei den Störchen sah es in dieser Saison auch so aus, als habe er den nächsten Entwicklungsschritt. Kurz vor der Winterpause erzielte der Angreifer in vier Spielen vier Tore, hatte bis zu diesem Zeitpunkt sieben Mal in der Startelf gestanden. Dann bremste ihn ein Sehnenanriss aus.
Die Verantwortlichen boten ihm dennoch einen neuen Vertrag an, denn in diesem Sommer wäre Arp vereinslos gewesen. "Fiete Arp hat gerade zum Ende der Hinrunde gezeigt, was für ein fußballerisches Potential in ihm steckt", sagte Uwe Stöver, Geschäftsführer Sport, zur Verlängerung.
Bei den Kielern ist er nicht mehr das "Wunderkind", sondern einfach nur Fiete Arp. Dadurch kann er sich nun auf das Wesentliche konzentrieren und hoffentlich doch noch die in in gesteckten Erwartungen erfüllen. Nicht als Deutschlands Sturmhoffnung, sondern als ganz normaler Profi-Kicker.