WSG & Wacker: Zwischen Kooperation und Rivalität | OneFootball

WSG & Wacker: Zwischen Kooperation und Rivalität | OneFootball

In partnership with

Yahoo sports
Icon: Österreichische Fußball-Bundesliga

Österreichische Fußball-Bundesliga

·16. Mai 2024

WSG & Wacker: Zwischen Kooperation und Rivalität

Artikelbild:WSG & Wacker: Zwischen Kooperation und Rivalität

WSG & Wacker: Zwischen Kooperation und Rivalität

16. May 2024 in ADMIRAL Bundesliga

Artikelbild:WSG & Wacker: Zwischen Kooperation und Rivalität

Auch wenn sie in vielen Namen daherkamen, die Geschichte des Tiroler Fußballs in der Bundesliga ist jene des FC Wacker und der WSG Tirol. Kaum einer kennt sie besser als Roland Kirchler.


OneFootball Videos


„Viele sagen, Wattens hat keine Tradition“, gab Thomas Silberberger in der Sendung „Talk & Tore" unlängst Nachhilfe in österreichischer Fußball-Geschichte, „Wattens war 1975 in der Spielgemeinschaft mit Innsbruck der erste Bundesliga-Meister!“ Und damit hat der WSG-Trainer den Tiroler Fußball der vergangenen 50 Jahre „in a nutshell“, wie die Engländer sagen würden, erklärt.

„Wattens war der Kleine, der für Wacker immer alles geben musste“, beschreibt Roland Kirchler, wie die Rollenverteilung im Tiroler Fußball bis vor wenigen Jahren ausgeschaut hat. Der heutige Sportdirektor des SCR Altach weiß, wovon er spricht. Er ist bei der WSG groß und mit den Innsbruckern Meister geworden. Er war bei beiden Klubs Trainer und dann als Sportkoordinator des Tiroler Fußballverbandes für beide Vereine zuständig – und kennt deshalb auch die Rivalität, die sich Wattens und Wacker trotz vieler gemeinsamer Jahre bewahrt haben.

Gemeinsam erster Bundesliga-Meister

Bereits 1971, unmittelbar nach Wackers erstem Meistertitel, haben sich die beiden Klubs zusammengetan und als SpG Swarovski Wattens-Wacker Innsbruck große Erfolge gefeiert, die freilich nur auf dem Briefpapier der Innsbrucker stehen. Nach ihrem Titel-Hattrick von 1971 bis 1973 waren die Tiroler vom SK VÖEST entthront in die erste Bundesliga-Saison 1974/75 gegangen. Da sorgte Branko Elsner, der Fußballprofessor aus Ljubljana, der später auch ÖFB-Teamchef werden sollte, nicht nur mit der Einführung der Raumdeckung für Furore, sondern vor allem mit den jungen Neuerwerbungen Bruno Pezzey und Kurt Welzl. Pezzey war dann am 21. Mai 1975 auch einer der Torschützen beim entscheidenden 3:0-Sieg gegen den SC Eisenstadt, mit dem die Tiroler bereits vier Runden vor Schluss den ersten Meistertitel der Bundesliga-Geschichte fixierten.

Happel und die Glanzzeit

1977 feierte die ungleiche Spielgemeinschaft noch einen Bundesliga-Titel, ehe 1979 das schier Unmögliche eintrat und der Dominator der 1970er-Jahre als ÖFB-Cupsieger abstieg. Dem damals kaum neunjährigen Roli Kirchler ging das alles noch nicht so nah. „Den Papa hat das sicher mehr geschmerzt“. 1986, die WSG war zwischendurch wieder bis in die 2. Division hoch geklettert, wurde die Spielgemeinschaft aufgelöst und Swarovski-Chef Gernot Langes verwandelte Schwarz-Grün in ein blau-weißes Starensemble mit dem Namen FC Swarovski Tirol, das seiner Marke internationalen Glanz verleihen sollte. Das gelang mit dem Einzug ins UEFA-Cup-Semifinale auf Anhieb. Mit Ernst Happel sollte noch mehr gehen. Der wollte schon 1989 den noch nicht 19-jährigen Roli auf den Tivoli holen. „Ich musste die Schule fertig machen und habe abgesagt. Aber er hat mich auch ein Jahr später noch genommen.“ Da hatte der „Alte" mit Tomislav Ivkovic im Tor, dem aus der Deutschen Bundesliga zurückgekehrten Bruno Pezzey in der Abwehr, den „Zauberern" Hansi Müller und Pipo Gorosito im Mittelfeld, sowie den Torjägern Peter Pacult und Vaclav Danek im Angriff bereits zwei Meistertitel gefeiert. „Ich war die Nummer 22 im Kader“, erinnert sich Kirchler an eine „beinharte Zeit. In der Kabine bin ich neben Peter Pacult gesessen, er hat mir wirklich viel beigebracht, aber wir waren drei Jahre lang per Sie.“ Auch Happel hat die Jungen wie Kirchler, Michael Baur und Jürgen Hartmann zwar forciert, geschenkt hat er ihnen aber nichts. „Aber wenn ihm im Training ein Junger gefallen hat, hat er auch die Stars auf die Bank gesetzt, das war ihm egal.“

Bis heute nicht egal ist Roland Kirchler, wie er in seinem ersten Jahr den Titel verpasste. „Wir haben als Erster überwintert und am Ende auch mehr Punkte gehabt als die Austria, aufgrund der Punkteteilung war sie trotzdem Meister.“ Noch etwas wurmt: „Ihre letzte Partie hat 20 Minuten nach uns angefangen. Wir waren beim Apfiff unseres Spieles (2:1-Sieg in Salzburg; Anm.) vorne, die Austria hat dann aber gegen die Admira noch das 2:2 geschossen und war Meister.“

Höhenflüge und Abstürze

Ein Jahr später war die Ära Swarovski zu Ende. Gernot Langes hatte bereits 1987 in einem Spiegel-Interview klargestellt: „Der FC Swarovski ist Teil der Firma. Eine Abteilung wie jeder andere Produktionsbereich. Falls sich die Firma nicht mehr mit dem Klub identifizieren kann, wird alles an unseren früheren Partner Wacker Innsbruck zurückgegeben.“ Und so war es dann auch. 1992 /93 trugen die Tiroler wieder Schwarz-Grün – und holten trotz Sparkurs den Cup. Zwei Jahre später hatten die Innsbrucker schon wieder ein vermeintliches „Dream Team“, das aber aufgrund dubioser Finanzierungen fürchterlich Schiffbruch erlitt. Es folgten schwere Zeiten, „in denen wir jedes Jahr einen neuen Trainer hatten“, erinnert sich Kirchler an Cipro, Constantini & Co. Aber sobald der Trainer Kurt Jara hieß, war der Erfolg zurück auf dem Tivoli. 2000 und 2001 steuerte er die ersten zwei Drittel des Titel-Hattricks bei, den der spätere Weltmeister-Trainer Jogi Löw 2002 finalisierte. Danach gingen die Lichter aus. Der FC Tirol Innsbruck meldete Konkurs an.

Umgekehrte Kräfteverhältnisse

Einmal mehr war die WSG Wattens der Rettungsanker. Eine neuerliche Spielgemeinschaft sorgte dafür, dass Wacker nur bis in die Regionalliga abstürzte. Haudegen wie Robert Wazinger und Ali Hörtnagl machten den Abstieg mit und sobald Sammy Koejoe das Konstrukt in die 2. Liga geschossen hat, wurde es wieder aufgelöst. Der FC Wacker Tirol stürmte auch in der 2. Liga zum Titel, die WSG Wattens fand sich als Dank für ihre Hilfsdienste eine Klasse tiefer in der Tiroler Liga wieder.

Auch wenn es nach Wackers Rückkehr in die Bundesliga nie mehr so war wie früher, kurze Strohfeuer ließen die Nordkette etwa unter Walter Kogler doch immer wieder brennen. Dass die WSG dem großen „Bruder“ einmal den Rang ablaufen würde, war jedenfalls undenkbar. 2019 war es dann doch so weit. Gerade als „der Wacker“ in seiner bisher letzten Bundesliga-Saison abstieg, schaffte die WSG mit Diana Langes, der Tochter von Gernot Langes, als Präsidentin den Aufstieg.

Während sich die nunmehrige WSG Tirol seither tapfer in der ADMIRAL Bundesliga hält, erhielt der FC Wacker 2022 keine Lizenz mehr für die 2. Liga und verabschiedete sich in die Tiroler Liga. „Es ist ruhig geworden um Wacker, vielleicht ist das ein gutes Zeichen und entsteht mit dem Partner aus Los Angeles endlich etwas Gutes“, hofft Roland Kirchler. „Dafür, was Köck und Silberberger mit der WSG jedes Jahr schaffen, gebührt ihnen ein großes Kompliment. Die Frage nach der Sinnhaftigkeit stellt sich aber schon, wenn man sich die Trainingsmöglichkeiten oder die Spiele im fremden Stadion anschaut.“ Roland Kirchlers Fazit: „Tirol hat die letzten 20 Jahre im Fußball leider verschlafen.“ Dabei gibt es kaum einen, dem die Renaissance des Tiroler Fußballs mehr am Herzen liegen würde. Egal, ob sie von der WSG oder Wacker ausgeht.

Die Bundesligageschichte des Bundeslandes im Video:

To view this video please enable JavaScript, and consider upgrading to a web browser that supports HTML5 video

Fotos: GEPA pictures, Votava / brandstaetter images / picturedesk.com

Redakteur: Horst Hötsch

Impressum des Publishers ansehen