
LIGABlatt
·7 September 2025
3:1! Verbessert aber ausbaufähig – Deutschland gegen Nordirland in der Einzelkritik

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·7 September 2025
Nur wenige Tage nach der schmachvollen 0:2-Niederlage gegen die Slowakei in der WM-Qualifikation war die deutsche Mannschaft in Köln gegen Nordirland auf Wiedergutmachung aus. Nach einem vielversprechenden Start verfielen die Jungs von Bundestrainer Julian Nagelsmann allerdings schnell wieder in alte Muster und das Spiel wurde statisch und fehleranfällig. Durch wohlüberlegte Wechsel in der zweiten Halbzeit kam dann der erhoffte neue Schwung in die Partie und man konnte die Begegnung letztendlich verdient mit 3:1 für sich entscheiden. Wie gut sich dabei die einzelnen deutschen Spieler schlugen, erfahrt ihr in unserer Einzelkritik.
Oliver Baumann: Gegen die Slowaken war der Hoffenheimer Schlussmann der beste Spieler im deutschen Team, gegen Nordirland wiederum hatte er nur selten die Gelegenheit, sich auszuzeichnen. Insgesamt jedoch strahlte Baumann Ruhe und Sicherheit aus und machte beim Herauskommen eine gute Figur. Beim Gegentreffer konnte er nichts machen. (Note: 2,5)
Antonio Rüdiger: Der rechte Part in der Dreierkette der Deutschen hatte gegen die Slowakei einen Horrorauftritt hingelegt und musste an diesem Abend antworten. Tatsächlich war auch dieser Auftritt nicht besonders berauschend. Zwar schob Rüdiger oft vor und versuchte durch Halbfeldflanken für Gefahr zu sorgen, doch kamen seine Bälle nur selten an. Hinten wiederum agierte der Star von Real Madrid oftmals fahrig, wodurch er unter anderem einen Eckball verschuldete, der zum zwischenzeitlichen 1:1 führte. In der zweiten Halbzeit machte Rüdiger einen sichereren Eindruck, wurde aber aufgrund einer zuvor kassierten Gelben Karte in der 82. Spielminute für Jonathan Tah ausgewechselt. (Note: 4)
Waldemar Anton: Gegen die Slowakei nicht zum Einsatz gekommen, spielte der Dortmunder in der neuen 3-4-2-1-Formation im Zentrum der Dreierabwehrkette. Als solcher wurde er immer wieder von seinen Nebenleuten als Anspielstation gesucht, um von hinten heraus das Spiel aufzubauen. Auf diese Weise sammelte Waldemar Anton beeindruckende 147 Ballkontakte, die mit Abstand meisten auf dem Feld. Die Spieleröffnung klappte nur gelegentlich und (zu) häufig suchte der 29-Jährige den risikofreien Pass zum direkten Nebenspieler. Defensiv machte Anton seine Sache insgesamt ordentlich, obgleich er in der ersten Halbzeit in den Zweikämpfen ab und an etwas zögerlich wirkte. (Note: 3)
Robin Koch: Ebenfalls neu in der Startelf, sollte der Abwehrchef von Eintracht Frankfurt für zusätzliche defensive Stabilität sorgen und genau das tat er auch. Nur selten ging der 29-Jährige ins Risiko, sondern konzentrierte sich fast ausschließlich auf seine defensiven Aufgaben, das allerdings sehr gewissenhaft. Mit Gelassenheit und Übersicht suchte Koch in den richtigen Momenten die Zweikämpfe und ließ sich in Kontersituationen nur selten überspielen, weshalb die Nordiren aus dem Spiel heraus kaum zu Torschussannäherungen kamen. (Note: 2,5)
Jamie Leweling: An diesem Abend ungewohnt auf der rechten Schiene eingesetzt, machte der Stuttgarter seine Sache tatsächlich richtig gut und nutzte wiederholt sein Tempo, um Tiefenläufe zu starten und lange Bälle von hinten heraus zu fordern. Mutig im Eins-gegen-Eins zog der nominelle Offensivspieler auch immer wieder in die Mitte, um entweder ins offensive Passspiel zu kommen, oder selbst den Abschluss zu suchen. Auch nach hinten arbeitete der 24-Jährige fleißig und scheute keinen Zweikampf. Trotz der ungewohnten Rolle, sammelte Jamie Leweling Argumente dafür, gegen tiefstehende Gegner als Waffe zu fungieren, der das Angriffsspiel der deutschen Mannschaft beleben kann. (Note: 2)
Joshua Kimmich: Erneut im Mittelfeldzentrum eingesetzt, machte der Kapitän der deutschen Mannschaft seine Sache merklich besser als gegen die Slowakei und initiierte durch kluge Pässe und Chip-Bälle mehrere Offensivaktionen, gerade in der letzten halben Stunde des Spiels. Zwischenzeitlich hing Kimmich etwas in der Luft und wirkte, genau wie fast die ganze deutsche Mannschaft, etwas ideenlos. Nach hinten hinaus versuchte der 30-Jährige durch gesteigerte Aggressivität und Galligkeit voranzugehen, was sich auch auf seine Mitspieler übertrug. (Note: 2,5)
Pascal Groß: Als Nebenmann von Joshua Kimmich sollte der Dortmunder gleichermaßen für kreative Elemente sorgen als auch seinem Kapitän defensiv den Rücken freihalten. Vor allem seine defensiven Aufgaben erfüllte Pascal Groß sehr gewissenhaft und suchte häufig die Zweikämpfe. Offensiv wiederum konnte der 34-Jährige nur wenige Akzente setzen und wählte daher meist die sichere Option, wodurch er allerdings gelegentlich das deutsche Spiel unnötig etwas verschleppte. In der 66. Spielminute wurde Pascal Groß durch Leon Goretzka ersetzt. (Note: 2,5)
David Raum: Als linker Schienenspieler eingesetzt, war der Leipziger an vielen Offensivaktionen der Deutschen direkt beteiligt, arbeitete aber auch viel nach hinten, wobei er zumindest in der ersten Halbzeit in den Zweikämpfen nicht immer die beste Figur machte. In der zweiten Spielhälfte wiederum schob Raum immer wieder vor und erhöhte den Druck auf die gegnerische Abwehr. In der 69. Spielminute dann schlug der 27-Jährige eine tolle Halbfeldflanke, die eigentlich für Maximilian Beier gedacht war, am Ende aber Nadiem Amiri fand, der die Kugel zum erlösenden 2:1 über die Linie schob. (Note: 2)
Serge Gnabry: Gegen die Slowakei hatte der Münchner einen richtig schlechten Auftritt hingelegt und musste seine erneute Startelf-Nominierung durch Leistungen rechtfertigen. Dies gelang Gnabry nach nicht einmal sieben Minuten tatsächlich, als er die Vorlage von Mittelstürmer Nick Woltemade verwertete und das frühe 1:0 erzielte. Insgesamt war der 30-Jährige, ähnlich wie beim FC Bayern nun in deutlich zentralerer Rolle eingesetzt, in der Anfangsphase der auffälligste deutsche Spieler, der durch mehrere Offensivläufe weiterhin für Gefahr sorgte, doch hatte Serge Gnabry aktiven Anteil am zwischenzeitlichen Bruch im deutschen Spiel, als er bei einer Ecke der Nordiren in der 34. Spielminute den ihm zugeordneten Isaac Price entwischen ließ, der so das 1:1 erzielen konnte. Hiernach war Gnabry kaum noch zu sehen und wurde in der 61. Spielminute durch Maximilian Beier ersetzt. (Note: 3)
Florian Wirtz: Man hatte sich bereits gegen die Slowakei mehr vom Neu-Liverpooler erwartet, wo Wirtz allerdings insgesamt zu lässig agierte und nur selten seine Genialität auf den Platz bringen konnte. Gegen Nordirland wiederum wirkte der 22-Jährige von Beginn an motiviert und ging ungewohnt aggressiv gegen den Ball vor. Mit dem Ball am Fuß gelang dem Ex-Leverkusener allerdings zunächst auffallend wenig. Zwar hatte er einige gute Dribblings, doch brachten diese letztendlich nichts ein. Seinen ganz großen genialen Moment hatte Florian Wirtz dann aber doch, als er in der 72. Spielminute per Topspin in traumhafter Manier einen Freistoß zum 3:1 für die deutsche Mannschaft direkt verwandelte. (Note: 2,5)
Nick Woltemade: Der Ex-Stuttgarter, der gerade erst für bis zu 90 Millionen Euro zu Newcastle United gewechselt war, wird mit gemischten Gefühlen auf dieses Spiel zurückblicken. Zwar kann man ihm erneut attestieren, bemüht gewesen zu sein und auch konnte er durch seine Vorlage auf Serge Gnabry zum zwischenzeitlichen 1:0 endlich einen Scorer für die deutsche A-Nationalmannschaft sammeln, hiervon abgesehen wirkte der fast zwei Meter große Mittelstürmer erneut eher wie ein Fremdkörper im deutschen Team, der nur selten von seinen Mitspielern gefunden wurde und mit den wenigen Zuspielen meist auch nur wenig anzufangen wusste. In der 61. Spielminute war dann für Nick Woltemade Schluss und für ihn kam Nadiem Amiri ins Spiel. (Note: 3,5)
Nadiem Amiri (ab Spielminute 61): Gegen die Slowakei hatte die Einwechslung des Mainzers überhaupt nichts gebracht und ihm selbst war fast gar nichts gelungen. Dieses Spiel wiederum stellte praktisch die genaue Antithese zu seinem vorherigen Einsatz dar, da Nadiem Amiri zusammen mit Maximilian Beier frischen Wind ins Spiel brachte, der die Lethargie der Deutschen in Energie umwandelte. Mutig und geradlinig spielte er viel nach vorne, vertändelte in der einen oder anderen Situation aber etwas überhastet den Ball. Seine gute Leistung an diesem Abend konnte der 28-Jährige auch durch seinen ersten Länderspieltreffer krönen, als er nach einer Flanke von David Raum ein Missverständnis in der Defensive der Nordiren ausnutzen und zum zwischenzeitlichen 2:1 für Deutschland einschieben konnte. (Note: 1,5)
Maximilian Beier (ab Spielminute 61): Der für den aufgrund einer Verletzung ausgefallenen Niclas Füllkrug nachnominierte Maximilian Beier sollte in der zweiten Hälfte durch sein Tempo für neuen Schwung sorgen, was prompt aufging, da der Dortmunder die Gegner früh anlief und so Fehler provozierte. Beim zwischenzeitlichen 2:1 durch Nadiem Amiri war es Beier, der durch seinen Tiefenlauf Druck auf den gegnerischen Torwart ausübte, der dadurch wiederum die Flanke von David Raum falsch einschätzte, die so bei Amiri landete, der letztlich seinen ersten Länderspieltreffer markieren konnte. Beier zeigte an diesem Abend, dass ein Spieler nicht viel am Ball sein muss, um eine gute Rolle zu spielen, da er vor allem durch seine Beweglichkeit seinen Mitspielern Räume ermöglichte und somit für offensive Varianz sorgte. (Note: 2,5)
Leon Goretzka (ab Spielminute 66): Da das deutsche Offensivspiel nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich der Nordiren etwas eingeschlafen war, sollte Goretzka, der gegen die Slowakei wirklich nicht gut aussah, durch seine Dynamik wieder für mehr Bewegung in Richtung gegnerisches Tor sorgen. Offensiv fand der Münchner tatsächlich nicht allzu viel statt, der gewünschte Effekt schlich sich aber dennoch ein und in der letzten halben Stunde wirkten die Deutschen wieder deutlich frischer. Am Ball gelang Goretzka dabei allerdings auffallend wenig, wobei er wiederum gegen den Ball gut arbeitete und mehrere wichtige Zweikämpfe gewann. (Note: 3)
Jonathan Tah (ab Spielminute 82): Für den wieder einmal enttäuschenden Antonio Rüdiger eingewechselt, bekam der Neu-Münchner seine Chance, seine schwache Leistung gegen die Slowakei zumindest wieder ein wenig gerade zu bügeln. Auf dem Platz wiederum hatte Tah tatsächlich nur wenig Gelegenheit, einen positiven Eindruck zu hinterlassen, da nach seiner Einwechslung nichts Relevantes mehr passierte. Der 29-Jährige spielte zwar noch einige Pässe, da die Nordiren aber nicht mehr wirklich nach vorne kamen, konnte er sich defensiv gar nicht mehr auszeichnen. Eine adäquate Einschätzung seiner Leistung ist daher nicht möglich. (Note: ohne Wertung)
Foto: Stuart Franklin / Getty Images