Nur die Raute
·22 July 2025
5 Erkenntnisse zur Vorbereitung: Hier ist der HSV schon bundesligareif!

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·22 July 2025
Seit mittlerweile drei Wochen bereitet sich der HSV auf die kommende Saison vor. Merlin Polzin dürfte nach vier Tests bereits um einiges schlauer geworden sein.
Am 24. August ist es soweit: Gegen Borussia Mönchengladbach absolviert der Hamburger SV sein erstes Bundesliga-Spiel seit über sieben Jahren. Acht Tage zuvor, am 16. August, gastieren die Rothosen in der 1. Runde des DFB-Pokals bei FK Pirmasens. In dreieinhalb Wochen wird es für die sich im Umbruch befindlichen Hanseaten also zum ersten Mal ernst.
Für Trainer Merlin Polzin heißt das: Es ist fast Vorbereitungshalbzeit! Ein Trainingslager in Herzogenaurach und vier Testspiele liegen bereits hinter der Mannschaft. In wenig aussagekräftigen Partien gegen unterklassige Gegner aus Elstorf (8:1) und Oldenburg (2:1) setzte es zwei Auftaktsiege, ehe man gegen die nationalen Meister Kopenhagen (0:1) und Sturm Graz (1:2) unterlegen war.
Doch solche Niederlagen sind einkalkuliert: Ganz bewusst testet der HSV schon zu einem verhältnismäßigen frühen Zeitpunkt gegen namhafte Teams. „Ich habe lieber Testspielgegner, bei denen man auf höchstem Niveau auch gefordert wird. Es soll sich nicht leichter anfühlen, als es in der 1. Liga dann sein wird“, begründet Polzin diese Maßnahme.
Trotzdem geizte der 34-Jährige nach der Pleite in Graz, wo seine Schützlinge vor allem in den ersten 20 Minuten deutlich unterlegen waren, nicht mit Kritik. „Der Anspruch von uns muss extrem hoch sein und wenn wir das Level nicht erreichen, dann sieht es so aus wie in den ersten 20 Minuten.“ Und dennoch: Die ersten klaren Standortbestimmungen dieses Sommers brachten dem Trainerteam zahlreiche Erkenntnisse ein.
Sowohl in Kopenhagen als auch in Graz gehörte Emir Sahiti nach seiner Einwechslung zu den besten Akteuren auf dem Platz. Zwar spielte der Kosovare „nur“ in den zweiten Halbzeiten und somit tendenziell nicht gegen die A-Besetzungen der Gegner, trotzdem wusste er zweimal nachhaltig zu überzeugen.
Sahiti, nominell auf dem rechten Flügel zu Hause, rückte auffallend oft ins Zentrum ein und machte sich auf diesem Wege immer wieder anspielbar. Auch in den Trainingseinheiten ist zu beobachten, dass Polzin den 26-Jährigen vermehrt in der Zentrale testet. Schon in der abgelaufenen Saison zog der Edeltechniker von der rechten Seite aus immer wieder in die Mitte.
Dort fühlt sich Sahiti sichtlich wohl und kann seine athletischen Defizite besser kompensieren. Die Qualitäten als Spielmacher wiederum kommen so noch besser zur Geltung. Der vorläufige Lohn: Gegen Graz bereitete der Rechtsfuß den 1:2-Anschlusstreffer durch Robert Glatzel mit einer mustergültigen Flanke vor. Im Duell mit Neuzugang Rayan Philippe sammelte er so erste Argumente für sich!
Dass der Bundesliga-Aufsteiger in besagtem Graz-Duell nicht deutlicher verlor, lag zu großen Teilen an Daniel Heuer Fernandes. Vor allem in der sehr nervösen Anfangsphase war der Keeper ein echter Fels in der Brandung und vereitelte gleich mehrere gegnerische Chancen durch Glanzparaden. „Ich freue mich, dass Ferro so eine Leistung gezeigt hat. Ich habe aber auch nicht weniger erwartet“, stelle Polzin später klar.
Nur zwei Tage vor der offiziellen Verpflichtung von Daniel Peretz untermauerte Heuer Fernandes seinen Anspruch, auch in der kommenden Saison die Nummer eins im HSV-Tor zu sein. Doch in Stein gemeißelt ist dieses Vorhaben keineswegs: Der Israeli hat sich nicht vom FC Bayern in den Norden ausleihen lassen, um ein weiteres Jahr auf der Bank zu sitzen.
Direktor Sport Claus Costa erhofft sich von diesen Transfer vor allem eines: „Dass die Jungs sich gegenseitig zu Höchstleistungen pushen.“ Und auch Stefan Kuntz bekräftigte erneut, wie wichtig eine starke Torhütergruppe für den mannschaftlichen Erfolg ist. Egal wer letztlich spielt: Zwischen den Pfosten verfügt der HSV unbestritten über Bundesliga-Niveau!
Der HSV investierte im Winter stolze zwei Millionen Euro in die Verpflichtung des hierzulande fast gänzlich unbekannten Abwehr-Talents Aboubaka Soumahoro vom FC Paris. Der 20-Jährige war dabei als unmittelbare Verstärkung vorgesehen und sollte bereits in der Rückrunde eine zentrale Rolle im Volkspark übernehmen. Ein komplizierter Sehnenriss machte diesen Plan jedoch zunichte.
Mit einigen Monaten Verspätungen könnte sich der Wunsch der Klub-Bosse nun bewahrheiten. Soumahoro verpasste in den letzten drei Wochen keine einzige Trainingseinheit und stand auch in den Tests gegen Kopenhagen und Graz für jeweils 45 Minuten auf dem Feld.
Dabei kann sich der erste Eindruck mehr als nur sehen lassen. Der junge Franzose deutete herausragende Fähigkeiten im Spielaufbau an, schob als nomineller Innenverteidiger im Ballbesitz auf die Sechserposition hoch. Mit dynamischen Vorstößen und technisch feinen Pässen gab Soumahoro eine erste Kostprobe seines großen Potenzials.
Foto: IMAGO
Als deutlich weniger vielversprechend erwies sich hingegen die Mittelfeld-Besetzung aus Jonas Meffert und Neuzugang Nicolai Remberg. Sowohl gegen Kopenhagen als auch gegen Graz bildeten die beiden Ex-Kieler in der ersten Halbzeit die Doppelsechs beziehungsweise Doppelacht.
Dass es dem HSV-Spiel ausgerechnet in diesen beiden Durchgängen merklich an Kreativität mangelte, ist beileibe kein Zufall. Meffert und Remberg haben ihre Stärken primär in der Defensivarbeit und bevorzugen im Spielaufbau zumeist den sicheren Pass. Die Folge: Progressivität suchte man im Spiel des ehemaligen Bundesliga-Dinos vergeblich.
Gerade gegen spielerisch klar überlegene Gegner wie den FC Bayern oder Bayer Leverkusen, wenn taktische Disziplin und kompaktes Verteidigen gefragt sein werden, muss das nicht zwangsläufig etwas schlechtes sein. Polzin dürfte dennoch gesehen haben, dass er vom Duo Meffert/Remberg wenig bis keine spielerische Impulse erwarten darf.
Aus Vereinskreisen ist momentan zu vernehmen, dass nur drei Spieler der vergangenen Aufstiegssaison auch in diesem Jahr einen Stammplatz sicher haben. Gemeint sind Unterschiedsspieler Jean-Luc Dompé, Defensiv-Allrounder Daniel Elfadli und Linksverteidiger Miro Muheim. Die beiden Letztgenannten gelten sogar als heiße Anwärter auf das Kapitänsamt.
Vor allem Muheim zauberte eine überragende Spielzeit aufs Parkett und trug mit satten elf Vorlagen entscheidend zur Bundesliga-Rückkehr des HSV bei. Dass der Linksfuß unumstritten gesetzt ist und die Mannschaft auf seine Qualitäten als Flanken- und Passgeber schlichtweg nicht verzichten kann, ist unstrittig.
Und dennoch hat vor allem die Partie gegen Graz ein weiteres Mal gezeigt: Muheim weist in der Abwehrarbeit unverändert gravierende Mängel auf. Dadurch, dass der 27-Jährige häufig weit in die gegnerische Hälfe aufrückt und naturgemäß kein Top-Sprinter ist, bleibt die linke Defensivseite der Rothosen immer wieder verwaist – so zuletzt beim ersten Gegentreffer am letzten Samstag. Auch das Verteidigen von Flanken bereitete Muheim schon in der 2. Liga immer wieder Probleme. Im Oberhaus wird es umso mehr Teamwork brauchen, um die Schwächen des Hamburger Assistkönigs zu kaschieren.