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Rund um den Brustring
·16 February 2025
Außer Form
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Yahoo sportsRund um den Brustring
·16 February 2025
Gegen Wolfsburg kontrolliert der VfB lange das Spiel, ohne viel daraus zu machen — und wird nach der eigenen Führung bitter bestraft. Vor allem offensiv ist aktuell der Wurm drin.
Sieben verschiedene Spieler trugen sich in den ersten vier Spielen des Jahres in die Torschützenliste des VfB ein: Je zwei Mal Deniz Undav, Jamie Leweling und Nick Woltemade sowie Jacob Bruun Larsen, Ermedin Demirovic, Anthony Rouault und Fabian Rieder. Drei sechs Torschützen in den sechs folgenden Spielen trugen nicht einmal ein VfB-Trikot. PSGs Pacho und Gladbachs Elvedi sowie Ex-Kapitän Waldemar Anton zeichnen sich seitdem für die Hälfte der VfB-Tore verantwortlich. Bleiben noch übrig. Undavs Tor zum Pokalhalbfinale, Innenverteidiger Jeff Chabot und am gestrigen Samstag der wiedergenesene Joker Nick Woltemade, der nach über 70 Minuten endlich das Patt auflöste, in dass sich der VfB und die Gäste von VW manövriert hatten.
Mit einem maradonesken Solo tanzte er die Wolfsburger Hintermannschaft einfach aus, wo seine Kollegen zuvor immer wieder versucht hatten, den Ball ins Tor zu tragen und sich immer wieder vor der Verantwortung des Torschusses gedrückt hatten. Statt gezielten Angriffen wurde immer wieder abgebrochen, abgespielt oder der Ball unkoordiniert in den Strafraum geflankt. Ohne Ballkontrolle, ohne Schärfe, ohne Tempo. Daran haben wir uns in den letzten Spielen gewöhnt, als die Mannschaft einerseits die Vielzahl an Spielen und dann noch die offenbar schockierende Niederlage gegen PSG mental und körperlich verarbeiten musste — mal abgesehen von einer Reihe von Verletzungen und Erkältungen. In den letzten beiden Spielen standen unterm Strich immerhin der Auswärtssieg in Dortmund der Sieg im Pokal.
Für das Spiel gegen Wolfsburg war aber eigentlich alles angerichtet. Ein Heimspiel, eröffnet mit einer atemberaubenden Choreographie des Schwabensturms über die Cannstatter Kurve und zusätzlich die Gegengerade — etwas, was es Recherchen zufolge erst zum zweiten Mal im Neckarstadion gab, das erste Mal im Pokal-Halbfinale 1997. Eine volle Trainingswoche, die mit zwei freien Tagen nach dem Erfolg in Dortmund begonnen hatte. Einen Gegner, den man ernst nehmen muss, der mit der richtigen Herangehensweise aber alles andere als unbezwingbar ist und seinerseits auf wichtige Spieler verzichten musste. Und die große Chance, wieder auf Platz 4 zu springen und die direkte Konkurrenz etwas abzuhängen.
Bis zu jenem eben beschrieben Solo von Nick Woltemade rumpelte sich der VfB aber dennoch ziemlich durch dieses Spiel. Hinten musste die Mannschaft ab und zu mal einen langen Ball hinter die Kette wieder unter Kontrolle bringen, aber erst in der 84. Minute musste Alexander Nübel das erste Mal einen Ball halten. Die passive Kontrolle, die gegen Dortmund noch zum Erfolg geführt hatte, war in dieser Partie zu wenig und so waren die beiden Gegentore durch die Gäste — eins dusseliger als das andere — am Ende eine Art Strafe für den fahrlässigen Umgang der Mannschaft mit diesem Spiel. Wie so häufig war das Spiel zu lange zu offen und der VfB in entscheidenden Momenten nicht clever genug.
Am deutlichsten werden die Probleme, die jetzt zu drei Niederlagen in den letzten vier Ligaspielen geführt haben, an der eingangs aufgeführten Statistik: Offensiv ist beim VfB der Wurm drin. Mit Führich, Undav, Leweling und Millot standen drei vorne drei deutsche Nationalspieler und der Kapitän der französischen U21 auf den Feld. Einzig Führich war dabei in Normalform und machte mit Einzelaktionen immer wieder Betrieb über links. Undav und Millot sind aktuell völlig außer Form und kaum sichtbar, Leweling rennt seiner nach der Verletzung weit hinterher und konnte vom erneut indisponierten Josha Vagnoman auch keine Unterstützung erwarten. Ebenjene Spieler hätten in einem zähen Spiel aber den Unterschied machen können, vielleicht sogar müssen. Daher der Name Unterschiedsspieler.
Vielleicht hätte es nach Woltemades Führung auch trotzdem gereicht, das ändert aber nichts an dem grundsätzlichen Problem. Die Mannschaft hat ein gewisses Grundlevel und mit ein wenig Glück holt man damit auch mal einen Arbeitssieg. Wenn das Glück aber ausbleibt oder sich wie bei Josha Vagnomans Handspiel sogar ins Pech verkehrt, bräuchte man ebenjene Unterschiedsspieler, um das Spiel trotzdem auf seine Seite zu ziehen. Und wir haben noch nicht mal davon gesprochen, dass Ermedin Demirovic fast das gesamte Spiel auf der Bank saß.
Die Niederlage ist vor allem deshalb so ärgerlich, weil sie zum einen vermeidbar war und weil sie zum anderen wie gegen Mainz und Gladbach einer Mannschaft zugute kam, die auch ums internationale Geschäft mitspielt. Die Europapokalplätze werden natürlich nicht im Februar vergeben, aber der VfB lässt aktuell reihenweise Chancen liegen, sich in eine bessere Ausgangsposition zu bringen — vor allem weil als nächstes die Bayern und Leverkusen ins Neckarstadion kommen. Aber es hilft alles nichts, auch solche Dellen gehören dazu. Wichtig ist jetzt, dass sich die Mannschaft das Selbstverständnis zurückholt, dass sie Spiele aktiv gestalten muss. Vielleicht hilft dabei eine weitere volle und vor allem erkältungsfreie Trainingswoche. Und es ist ja schließlich noch nicht mal Friehling.
Titelbild: © Christian Kaspar-Bartke/Getty Images
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