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·25 June 2025
„DFB kann sich nicht alles erlauben“ – Richterin begründet Sommermärchen-Urteil

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·25 June 2025
Verurteilt und an den Pranger gestellt: Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) muss für die Verfehlungen seiner früheren Spitzenfunktionäre im sogenannten Sommermärchen-Skandal eine Strafe in Höhe von 130.000 Euro zahlen. Dieses Urteil fällte das Landgericht Frankfurt/Main am Mittwoch zum Ende des seit März 2024 andauernden Prozesses um die dubiosen Zahlungsflüsse rund um die WM 2006. Die Schelte des Gerichts für den Verband war harsch.
„Der DFB kann sich nicht alles erlauben, auch wenn der Fußball das liebste Kind der Deutschen ist“, sagte Richterin Eva-Marie Distler: „Die Zusammenarbeit mit dem DFB während der Ermittlungen war katastrophal. Der DFB ist ein Verlierer. Es wurden und werden Anwaltskosten in astronomischer Höhe produziert. Das wäre bei keinem Unternehmen vorgekommen, aber mit personellen Konsequenzen muss ja offenbar keiner rechnen. Man muss sich fragen: ‚Wie sind die eigentlich beraten‘?“
Das Gericht sieht eine Steuerhinterziehung als erwiesen an. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Geldbuße in Höhe von 270.000 Euro gefordert. Die Verteidigung hatte einen Freispruch beantragt. „Ehemalige Organe haben vorsätzlich Steuern hinterzogen. Das steht für das Gericht zweifelsfrei fest“, erklärte Distler: „Den DFB hat das Verfahren sehr viel gekostet. Das Image ist ramponiert. Fußball-Deutschland war Teil des Systems der FIFA. Auch der DFB hat mit Schwarzgeldzahlungen hantiert und das korrupte System der FIFA unterstützt.“
Von den anfangs drei Beschuldigten saß in der finalen Phase des Prozesses niemand mehr auf der Anklagebank. Die Verfahren gegen die drei ehemaligen DFB-Spitzenfunktionäre Theo Zwanziger, Wolfgang Niersbach und Horst R. Schmidt wurden gegen die Zahlung von Geldstrafen eingestellt. Zwanziger musste 10.000 Euro zahlen, Niersbach 25.000 Euro, Schmidt 65.000 Euro.
Für das Gericht steht fest, wofür die ominösen 6,7 Millionen Euro, die vom DFB als Ausgabe für eine nie stattgefundene WM-Gala deklariert worden waren, verwendet wurden: Demnach handelte es sich um eine von WM-Chef Franz Beckenbauer im DFB-Dienst veranlasste Schmiergeldzahlung an korrupte Mitglieder der damaligen FIFA-Finanzkommission um Mohamed bin Hammam. So wollten sich die damaligen DFB-Spitzenfunktionäre den am Ende gewährten WM-Zuschuss des Weltverbands in Höhe von 170 Millionen Euro sichern.
Die 6,7 Millionen wurden 2005 vom deutschen Organisationskomitee (OK) über die FIFA an den früheren adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus überwiesen. Exakt diese Summe war drei Jahre zuvor offenkundig in Form von Vorleistungen von Louis-Dreyfus an bin Hammam nach Katar geflossen. Der DFB verbuchte dies im Jahr 2006 als Betriebsausgabe.
In der Folge des Skandals war dem DFB rückwirkend die Gemeinnützigkeit aberkannt worden, 22 Millionen Euro musste der Verband an Steuern nachzahlen. Der DFB will vor dem Finanzgericht Kassel um die Rückerstattung seiner Steuernachzahlung kämpfen. Die Verurteilung durch das Landgericht ist dabei ein schwerer Rückschlag. Zur Sicherheit hat der DFB auch seinen Ex-Präsidenten Zwanziger verklagt, um möglichen Schadenersatz verlangen zu können.
„Das Verfahren vor dem Finanzgericht dürfte für den DFB essenziell sein und dürfte ihn schwer treffen“, sagte Distler: „Dass die Gemeinnützigkeit für das Jahr 2006 aberkannt wird, dürfte auf der Hand liegen.“