Barçawelt
·25 June 2025
Einschränkungen bei Glücksspielwerbung: Schadet es dem Niveau der La Liga?

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·25 June 2025
Als in Spanien das Verbot für Glücksspielwerbung im Profifußball in Kraft trat, wurde damit nicht nur ein Markt reguliert, sondern ein ganzer Wirtschaftszweig aus dem Spielbetrieb gedrängt. Kaum ein Bereich des Fußballs war davon unberührt. Ob Trikotflächen, Stadionbande oder digitale Kanäle, die bisherigen Werbeplätze wurden in kurzer Zeit ersatzlos gestrichen. Was politisch als notwendiger Schritt zum Schutz gefährdeter Zielgruppen verkauft wurde, brachte für viele Vereine finanzielle Unsicherheit und strukturierte Einnahmeverluste mit sich.
Die Folgen dieser Entscheidung reichen weit über leere Werbeflächen hinaus. Vor allem Clubs mit begrenztem Budget, die nicht auf globale Sponsoren zurückgreifen können, kämpfen seither mit den wirtschaftlichen Auswirkungen. Währenddessen stellt sich leise, aber drängend die Frage, ob die Liga dadurch langfristig konkurrenzfähig bleibt oder zahlen sportliche Qualität und internationale Strahlkraft den Preis für ein gesellschaftlich motiviertes Verbot?
Die spanische Regierung hat sich bei ihrem Kurs nicht zurückgehalten. Mit dem königlichen Dekret „Real Decreto 958/2020“ wurde Werbung für Glücksspiele konsequent zurückgedrängt und das auf allen erdenklichen Kanälen. Trikots, Stadien, Fernsehen, soziale Medien und sogar Livestreams unterlagen der neuen Gesetzeslage. Ziel der Maßnahme war klar formuliert. Es sollen gefährdete Gruppen geschützt werden, insbesondere junge Menschen. Doch obwohl das moralische Motiv kaum in Zweifel gezogen wurde, traf es die Vereine mit voller Wucht.
Schätzungen zufolge verloren die Clubs Einnahmen in Höhe von etwa 90 Millionen Euro und so bevorzugt es heute ein Casino online Werbung zu machen, anstatt auf der Brust eines Trikots. Für Traditionsvereine mit begrenzten Einnahmequellen bedeutete das einen empfindlichen Schlag.
Während Größen wie Real Madrid oder der FC Barcelona auf globale Sponsorenportfolios zurückgreifen können, sahen sich Klubs wie Real Betis oder der FC Sevilla gezwungen, den Gürtel enger zu schnallen. Sponsorenverträge platzten oder wurden gar nicht erst verlängert, manche Vereine begannen die neue Saison sogar ohne ein Logo auf der Brust. Ersatz ließ sich nur schwer finden und falls doch, dann meist zu deutlich schlechteren Konditionen.
Dieser Verlust beschränkte sich nicht auf die Außendarstellung. Transferpläne mussten überdacht, Nachwuchsprogramme gestoppt und Personalbudgets gekürzt werden. In einem Markt, der ohnehin durch die Nachwirkungen der Pandemie geschwächt war, traf das Verbot viele mitten ins Herz.
Sponsoring ist im Profifußball längst mehr als nur ein Aufkleber auf dem Trikot. Die Einnahmen daraus fließen in Spielertransfers, Scouting-Netzwerke, Infrastruktur und die Jugendarbeit. Sobald dieses Kapital versiegt, geraten sportliche Ziele schnell ins Wanken.
Die Giganten der Liga, allen voran Real Madrid und der FC Barcelona, sind von der Entwicklung bislang kaum betroffen. Internationale Fernsehgelder, Merchandising in Übersee und Partnerschaften mit Unternehmen aus aller Welt machen sie relativ immun gegen nationale Werbeeinschränkungen.
Das führt zu einer Entwicklung, die sich immer deutlicher abzeichnet. Der Abstand zwischen der Spitzengruppe und dem Tabellenmittelfeld wächst. Auf den ersten Blick mag das sportlich wenig dramatisch wirken, doch langfristig verliert La Liga an Ausgeglichenheit. Das ist ein Faktor, der Zuschauer bindet und den internationalen Wert des Wettbewerbs bestimmt, denn Spannung ist nicht nur für Fans attraktiv, sie entscheidet auch über TV-Verträge und Sponsoreninteresse.
Ein kurzer Blick auf den Kontinent offenbart, dass die Herangehensweisen der europäischen Topligen gegensätzlicher kaum sein könnten. In England hat man sich für eine graduelle Veränderung entschieden. Ab der Saison 2026/27 wird auf der Trikotvorderseite keine Werbung für Wettanbieter mehr zu sehen sein, aber andere Werbeformen bleiben vorerst erlaubt. Etwa acht Clubs der Premier League sind derzeit betroffen. Der Verlust dürfte sich auf rund 100 Millionen Pfund jährlich belaufen.
In Italien fiel die Entscheidung bereits 2019. Dort wurde Glücksspielwerbung in allen Formen untersagt. Die Folge sind massive Klagen aus den Clubs, die auf ihre Einnahmen angewiesen waren. Die Serie A fordert seit Jahren, dass zumindest regulierte Anbieter wieder zugelassen werden. Der wirtschaftliche Schaden sei nicht länger tragbar, so die Argumentation.
Deutschland geht einen ganz anderen Weg. Dort ist Glücksspielwerbung erlaubt, solange sie klaren gesetzlichen Vorgaben entspricht. Der Glücksspielstaatsvertrag sieht Beschränkungen bei Sendezeiten und Inhalten vor, außerdem wird besonderer Wert auf den Schutz Minderjähriger gelegt
Die neue Gesetzeslage trifft nicht nur die Clubs, sondern auch die Anbieter selbst. Wer eine offizielle Lizenz besitzt, Steuern zahlt und Präventionsarbeit leistet, will sich im Markt auch präsentieren dürfen. Wenn diese Möglichkeit wegfällt, geraten legale Unternehmen ins Hintertreffen. Der Werbedruck verlagert sich ins Internet, wo weniger regulierte oder gar illegale Anbieter oft aggressiver auftreten.
Statt das Problem an der Wurzel zu packen, wächst es dort, wo Kontrolle fehlt. Der Schwarzmarkt gewinnt an Sichtbarkeit, während der legale Markt unsichtbar bleibt. Genau diese Dynamik kritisieren viele Branchenvertreter. Werbung ganz zu verbieten, verhindert nicht die Existenz der Angebote, sie verändert nur deren Erscheinungsbild.
In Ländern mit moderater Regulierung zeigt sich, dass Werbung mit Auflagen durchaus möglich ist. In Deutschland etwa gibt es klare Regeln für Inhalte und Platzierung, obwohl die meisten Fans dagegen sind. Auch in England wird mit Kodizes und freiwilligen Einschränkungen gearbeitet. Diese Modelle bieten ein Maß an Kontrolle, das sowohl dem Spielerschutz als auch den wirtschaftlichen Realitäten gerecht wird.
Wer Fußball konsumiert, wird nicht nur unterhalten. Die Liga ist mehr als ein Wettbewerb, sie ist eine Projektionsfläche. Die Sponsoren, die auf den Trikots prangen, transportieren Werte. Deshalb liegt auf dem Sport eine besondere Verantwortung, insbesondere wenn es um Werbung für potenziell gefährdende Branchen geht.
Dass Werbung einen Einfluss hat, ist kein Geheimnis. In Großbritannien etwa wurden an einem Wochenende fast 30.000 Glücksspiel-Werbeeinblendungen gezählt, das ist eine Zahl, die selbst hartgesottene Anhänger stutzig macht. Bei dieser Reizdichte fällt es schwer, von einem beiläufigen Phänomen zu sprechen. Es geht längst nicht mehr nur um ein Logo, es geht um das Bild, das der Fußball nach außen trägt.
Dass Einnahmequellen wegbrechen, ist nie leicht zu verkraften. Das Verbot hat bei spanischen Clubs tiefe Spuren hinterlassen, manche mehr, andere weniger. Ob sich diese Verluste langfristig kompensieren lassen, bleibt offen.
Ein möglicher Weg wäre eine Rückkehr zu regulierter Werbung mit klaren Grenzen und gesellschaftlichem Rückhalt. Ebenso denkbar sind alternative Sponsorenmodelle. Clubs könnten sich verstärkt auf nachhaltige Marken konzentrieren, sich sozial engagieren oder gezielt mit Unternehmen kooperieren, deren Werte mit dem eigenen Image harmonieren. Das schafft vielleicht keine Rekordsummen, bringt aber Glaubwürdigkeit.
Foto-Quelle: https://unsplash.com/de/fotos/9DSUwm1_N8k