Miasanrot
·4 July 2024
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·4 July 2024
Die EM geht am Freitagabend weiter. Deutschland eröffnet das Viertelfinale gegen Spanien. Doch wie sollte Julian Nagelsmann aufstellen?
„Fußball ist wie Schach – nur ohne Würfel.“ Ein Satz, der Fußballgeschichte geschrieben hat. Auch wenn er fälschlicherweise Lukas Podolski zugeschrieben wird, obwohl Jan Böhmermann ihn im Rahmen einer Parodie 2006 in die Welt gesetzt hat.
Doch auch wenn wir die Würfel mal beiseite legen: Fußball wird häufig mit Schach verglichen. Taktische Duelle, Matchpläne, Spielzüge, die den Gegner wiederum zu einer Entscheidung zwingen. Der stetige Versuch, aus der Defensivhaltung in eine aktivere Haltung zu kommen, oder die Defensivhaltung zur Stärke zu machen.
Mit Julian Nagelsmann und Luis de la Fuente treffen bei der EM 2024 nun die beiden Schachgroßmeister aufeinander. Keine anderen Trainer haben es geschafft, ihren Teams eine derart kohärente, fluide und aktive Spielweise zu vermitteln. Auch wenn Spanien fußballerisch und taktisch nochmal Vorteile hat, haben die Deutschen gute Karten, den Top-Favoriten zu stürzen.
Bleibt die Frage, wie die Aufstellung von Nagelsmann aussehen wird. Im Vergleich zum Schachspieler können Trainer nämlich die Ausgangsformation verändern – in der Anordnung und in der konkreten Besetzung. Da habt ihr jetzt aber wieder etwas gelernt. Wird schwer, das im weiteren Artikel zu toppen.
In der deutschen Startelf sind mindestens sieben Plätze bereits vergeben: Manuel Neuer, Joshua Kimmich, Antonio Rüdiger, Robert Andrich, Toni Kroos, Ilkay Gündogan und Jamal Musiala haben ihren Platz im nominellen 4-2-3-1 sicher.
Gegen Dänemark wurden die restlichen vier Positionen von Nico Schlotterbeck, David Raum, Leroy Sané und Kai Havertz besetzt. Im Turnierverlauf hatte sich Jonathan Tah statt Schlotterbeck festgespielt, Raum kam erst im letzten Gruppenspiel als Einwechselspieler gegen die Schweiz zum Einsatz und überzeugte. Zuvor verteidigte Maximilian Mittelstädt links hinten.
In der Offensive rückte Sané gegen Dänemark für Florian Wirtz in die Startelf. Kai Havertz ist wiederum der Spieler, der auch als achter sicherer Starter bezeichnet werden kann. Bisher begann er jede der vier EM-Partien mit deutscher Beteiligung – und doch gab es Diskussionen. Auch gegen Spanien?
Vermutlich nicht. Denn bei aller Qualität, die Füllkrug hat, wird es gegen Spanien darum gehen, Tempo in die Offensive zu bekommen. Sei es durch schnelles und technisch anspruchsvolles Passspiel oder durch Tiefenläufe mit purer Geschwindigkeit. In beiden Kategorien hat Havertz die Nase vorn.
Mit seiner Flexibilität und seinem Gespür für die richtigen Räume kann er Spanien gefährlich werden. Etwas mehr Effizienz beim Abschluss fehlt ihm noch, um aus einem sehr guten Turnier eine Weltklasseleistung zu machen. Diskussionen rund um seine Position arbeiten sich zu sehr an der Chancenverwertung ab. Die Anerkennung für seine Qualität, die er bei der EM auf den Platz bringt, ist viel zu klein.
Deutlich kniffliger ist die Entscheidung zwischen Wirtz und Sané. Wirklich genutzt hat der Bayern-Star seinen Einsatz gegen Dänemark nicht. Zwar war er sehr aktiv, hat viele Räume aufgerissen und hatte auch eigene Aktionen – nur waren die oft unglücklich. Das bekannt Bild.
Für Sané spricht, dass er einer für die großen Spiele sein kann. In der Champions League hat der Linksfuß das oft bewiesen. Auch taktisch spricht einiges für ihn: Sané ist extrem schnell und prädestiniert für eine tragende Rolle im Umschaltspiel gegen aufgerückte Spanier. Wirtz ist da oftmals den Tick zu langsam.
Dafür ist der Leverkusener der bessere Kombinations- und Nadelspieler. Bedeutet: Er trifft in engen Räumen zuverlässiger Entscheidungen. Das kann für eine Partie, in der mit viel und gut organisiertem Angriffspressing der Spanier zu rechnen ist, sehr wertvoll sein. Natürlich hat man mit Musiala einen weiteren Spielertypen, der das gut kann, nur wird es auch darüber hinaus wichtig sein, möglichst viele Spieler zu haben, die keine Fehler am Ball machen.
Und da fiel Sané zuletzt häufig negativ auf. Nagelsmann muss also abwägen: Risiko und mehr offensiver Punch? Dann wäre Sané die schlüssige Wahl. Mehr Sicherheit? Dann hat Wirtz die Nase vorn. Meine persönliche Entscheidung? Risiko. Ich glaube, Sanés Tempo ist mehr Wert als die gute Entscheidungsfindung von Wirtz. Zumal der in den vergangenen Spielen nicht auf Top-Level war.
Auf der linken Defensivseite ist die Sache klar: Es wäre unsinnig, auf Raum zu verzichten. Mittelstädt hat es seinen Qualitäten entsprechend gut gemacht, ist aber vor allem im Spiel mit dem Ball eine klare Schwachstelle. Auch Raum ist nicht die Idealbesetzung, bietet offensiv aber mehr Lösungen an und ist defensiv in etwa auf einem Niveau mit Mittelstädt. In jedem Fall wird die linke Defensivseite ein Knackpunkt im Spiel.
Dass vor dem Spanien-Spiel überhaupt darüber diskutiert wird, ob Tah oder Schlotterbeck starten sollten, hat zwei Gründe: Die Gelbsperre des Leverkuseners und die starke Leistung des Dortmunders gegen Dänemark.
Die Entscheidung wird nach ähnlichen Kriterien getroffen wie bei Wirtz und Sané: Sicherheit oder Risiko? Die sichere Variante ist Tah. Es ist ganz offensichtlich, was Nagelsmann da bekäme: Defensiv eine gute und stabile Leistung, in Schulnoten eine Zwei. Im Spielaufbau hingegen totale Enthaltung und keine Kreativität. Eher eine 4.
Schlotterbeck ist die Wundertüte. Gegen Dänemark gab es diesen einen Moment, in dem er im eigenen Strafraum anfing zu dribbeln und so beinahe ein Gegentor verschuldete. Abseits dieses Moments war er herausragend in Spielaufbau und auch im Zweikampfverhalten. Schulnoten für dieses Spiel: 2 und 2 in den beiden Bereichen.
Nur: Bei Schlotterbeck besteht größeres Risiko, dass es komplett nach hinten losgeht. Dem müsste sich Nagelsmann bewusst sein, wenn er zockt. Meine Meinung: K.-o.-Spiele sind immer auch ein Stück weit Glück. Das Glück herauszufordern, gehört dazu. Schlotterbeck kann dem Team im Spiel mit dem Ball eine sehr wichtige Komponente geben. Gerade gegen das hohe Pressing der Spanier. Ich würde zocken. Oder anders: Bringen wir doch ein paar Würfel ins Schachspiel.
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