REAL TOTAL
·17 September 2025
„Er wurde sauer“: Joselu über Alonso und ein Team ohne Egos

In partnership with
Yahoo sportsREAL TOTAL
·17 September 2025
In nur einer Nacht machte sich Joselu unsterblich – Thomas Coex/AFP via Getty Images
Wie oft José Luis Mato Sanmartín, besser bekannt als Joselu, auf das Halbfinalrückspiel am 8. Mai 2024 gegen den FC Bayern angesprochen wird, weiß er selbst nicht. Aber eines steht für den Spanier und ehemaligen Canterano fest: Für ihn war sein Last-Minute-Doppelpack zum späten 2:1-Sieg, der den Weg ins Finale und letztendlich zum gewinn des 15. Henkelpotts ebnete, der magischste und wichtigste Moment seiner gesamten Karriere. Nicht zuletzt machte ihn sein ganz persönliches Märchen zum Star der Stunde: „Diese Nacht hat mein Leben komplett verändert. Danach wurde ich plötzlich überall auf der Welt erkannt.“ Bis heute bereiten ihm die Gedanken an diese legendären Nacht Gänsehaut. Am liebsten erinnere er sich an die atemberaubende Stimmung im Bernabéu nach dem Ausgleich, wie er gegenüber SPORT BILD verriet: „Ab diesem Augenblick wusste das ganze Stadion, dass wir noch ein Tor machen und weiterkommen würden. Das war ein brutales Gefühl. Das habe ich in meiner gesamten Karriere nur im Trikot von Real Madrid gefühlt. Wir hatten speziell in der damaligen Saison einfach das Gefühl, dass uns niemand bezwingen konnte.“
Auf die Bilderbuch-Saison mit Gewinn der Königsklasse und der 36. Meisterschaft in LaLiga folgte große Ernüchterung nach einer titellosen Folgesaison. „Da hat sich gezeigt, wie schwer es eigentlich ist, dieses unglaublich hohe Niveau zu halten, auf dem Real in den vergangenen Jahren war. Ich glaube, dass die sechs Champions-League-Titel im vergangenen Jahrzehnt dazu geführt haben, dass irgendwann nicht mehr gesehen wurde, wie kompliziert es ist, diesen Wettbewerb zu gewinnen.“, weiß der 35-Jährige. Trotz Abschluss des langersehnten Transfers von Kylian Mbappé an die Concha Espina, hing zeitgleich ein ganz Großer die Fußballschuhe an den Nagel: Toni Kroos. Für Joselu war der Mittelfeldregisseur wegen seiner Spielweise und seines Siegeswillens sowohl auf dem Platz als auch in der Kabine fundamental für die Erfolge der Mannschaft: „Ich habe in den vergangenen 15, 20 Jahren keinen Spieler seines Profils gesehen, der so gut war wie er!“ Und Joselus Schwärmen ging weiter: „Toni wurde geboren, um vor der Abwehr das Spiel seiner Mannschaft zu dirigieren. Er hat eine Gabe dafür. Ich bin überzeugt, dass er auch mit 40 Jahren noch weiterspielen hätte können. Aber er wollte einfach in seinem besten Moment aufhören. Das war für Real ein Verlust, der nicht von einem auf den anderen Tag zu kompensieren ist.“
Ähnlich wie der Deutsche, kehrte auch Joselu den Blancos auf seinem Höhepunkt den Rücken: „Wenn ich mit dem Herz entschieden hätte, wäre ich zu 100 Prozent bei Real geblieben. Ich bin von klein auf Fan dieses Klubs und meine Familie auch. Das, was wir 2023/24 erleben durften, war für uns alle ein wahr gewordener Traum.“ Statt in die Fußballer-Rente verschlug es den in Stuttgart geborenen Angreifer im Sommer 2024 zu Al Gharafa: „Dank dieser Saison bekam ich dann aber auch das Angebot aus Katar, das ich mit Blick auf unsere Zukunft nicht ablehnen konnte. Das war eine brutal schwere Entscheidung. Meine Frau und ich konnten drei Tage lang nicht miteinander über das Thema reden, weil es uns so leid tat, ein Leben hinter uns zu lassen, in dem wir alles hatten, was wir wollten.“ Auch auf die ersten Nachfragen seiner Teamkollegen konnte er im Moment der Bekanntmachung seines Wechsels nicht reagieren. Mittlerweile habe er mit seiner damaligen Entscheidung Frieden geschlossen und sieht Eigengewächs Gonzalo García als seinen Nachfolger.
Verwandte Beiträge
Neben Nacho Fernández und Joselu, die im vergangenen Sommer Real Madrid endgültig den Rücken... weiterlesen
Vor Neu-Trainer Xabi Alonso zieht der ehemalige Bundesliga-Knipser (Hannover 96, Eintracht Frankfurt, TSG Hoffenheim) den Hut: „In Leverkusen hat er bewiesen, dass er Großes schaffen kann. Ich weiß aus meinen Zeiten in der Bundesliga, was für eine außergewöhnliche Leistung es ist, den Bayern eine Meisterschaft und einen Pokal wegzuschnappen. Bei Real wird er jetzt aber eine Schwierigkeit vorfinden, die er bei seinen bisherigen Stationen als Trainer noch nicht hatte.“ Dabei beziehe er sich vor allem auf den unvergleichlichen Erfolgsdruck in der spanischen Hauptstadt. Für Alonsos Trainer-Qualitäten gab hingegen frühe Anzeichen. Joselu, der sich die Kabine kurzzeitig mit Reals neuem Cheftrainer teilte, plaudert dabei gegenüber Reporter Nicolas Linner aus dem Nähkästchen: „Wenn ich jetzt darüber nachdenke, merke ich schon, dass er damals bereits einige Qualitäten für eine mögliche Trainerkarriere gezeigt hat: Er wurde sauer, wenn etwas im Training nicht gut lief, er sprach schon sehr viel in der Kabine und auf dem Platz hat er das Team angeführt und gelenkt.“
Mit Alonso an der Seitenlinie sieht er Real Madrid in der Champions League, vor dem Hintergrund der speziellen Verbindung zwischen Klub und Wettbewerb, als klaren Titel-Kandidaten: „Das merkt man schon einige Tage vor den Spielen: Wenn der Zeugwart die Trainings-Outfits und die Bälle für die Champions League rausholt, verändert sich irgendwie die Energie auf dem Trainingsgelände. Da sind dann auch die vorangegangenen Ergebnisse in der Liga und im Pokal egal. Es fühlt sich an, als würde das gesamte Team plötzlich seine Software austauschen und sagen: ‚Das hier ist unser Wettbewerb und den beherrschen wir wie kein anderer Klub.“
Joselu für Real
Auf die Frage, was Xabi Alonso anpassen müsse, damit die Königlichen zurück auf der Erfolgsspur landen, hat der 1,91-Meter-Joker keine spezielle Formel, betont aber aus seinen Erfahrungen: „Wir waren eine Gruppe mit herausragenden Einzelspielern, aber ohne Egos.“ Zwar hätte es auch mal „den einen oder andern kleinen Ärger“ gegeben, „aber das hat nichts daran geändert, dass wir die gemeinsame Zeit genossen haben und uns alle freuten, wenn es bei einem Mitspieler gut lief. Deswegen hatten wir auch diesen besonderen Spirit.“ Wenn Alonso jenen Geist und diese Selbstsicherheit zurück in die Mannschaft bekäme, könne sie wieder alles gewinnen. Der Kader sei in Joselus Augen nach wie vor extrem stark. Ob er selbst zeitnah an seine alte Wirkungsstätte zurückkehren wolle, stehe für ihn außer Frage: „Mittelfristig würde ich natürlich wahnsinnig gerne wieder in irgendeiner Weise mit Real verbunden sind – sei es beispielsweise als Stürmer-Trainer in der Nachwuchsabteilung oder in einer anderen Funktion.“ Für den Moment wolle er sich aber noch auf seine aktive Karriere fokussieren – und die läuft in Katar angesichts 22 Toren und vier Vorlagen aus 40 Partien auch nicht so verkehrt weiter.
Real Madrids neues Trikot 2025/26: Jetzt im Adidas-Onlineshop bestellen