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Matti Peters·19 July 2025

Mafia-Deals & Oma starb x-Mal! So blieb ein Hochstapler 13 Jahre Profi

Article image:Mafia-Deals & Oma starb x-Mal! So blieb ein Hochstapler 13 Jahre Profi

Das direkt vorneweg: Er hat es wirklich geschafft. Carlos "Kaiser" Henrique Raposo schwindelte sich 13 Jahre lang durch den Profifußball ohne ein einziges Spiel zu machen. Lust zu kicken hatte er nie, dafür ein (fast) endloses Repertoire an Lügen und Ausreden.

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Carlos Kaiser wurde in die Fußballwelt gezwungen - oder zumindest behauptet er das. Wahrheit oder Lüge, da lässt sich der Brasilianer von keinem in die Karten gucken. Seine Version geht so: Im Alter von zehn Jahren hatte ihn ein Offizieller von Botafogo bei einem Straßenkick entdeckt. Doch mit "jogo bonito", dem schönen Spiel, war von da an Schluss. "Früher gab es in Brasilien ein Transfergesetz. Meine Mutter verkaufte den Transfer an einen Geschäftsmann, der eine sehr hohe Ablöse verlangte, und ich war gezwungen, von Verein zu Verein zu wechseln, obwohl ich es nicht wollte", beschrieb Raposo gegenüber 'SAPO Desporto' seinen Karrierestart wider Willen.


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Weil die Deals viel Geld einbrachten, habe seine Mutter ihn gewaltsam gezwungen weiterzuspielen. Den Traum vom Sportlehrer-Studium musste der kleine Carlos deshalb begraben und fügte sich seinem Schicksal.

Wahr oder nicht, es lässt erahnen, warum er wenig später zu einem Hochstapler sondergleichen wurde. Fakt ist: Nach kurzem Intermezzo bei Flamengo wechselte der Unwillige 1979 nach Puebla in Mexiko.

Da galt er noch als vielversprechendes Talent, bekam seinen Spitznamen "Kaiser", weil er grazil wie die deutsche Legende gespielt habe. Beziehungsweise ist das eine Version. Sein Freund Luiz Maerovitch behauptete später, der Spitzname sei auf die brasilianische Biermarke "Kaiser" zurückzuführen. Das würde zumindest zum Lebensstil des Partylöwen passen. Aber dazu gleich mehr.

Ein Spiel machte der gelernte Stürmer in zwei Jahren fernab der Heimat nie. Dafür erhielt er sein goldenes Ticket. Die Profilizenz, mit der er 1981 nach Brasilien zurückkehrte. Es ist auch der Startschuss für seine unglaublichen Intrigen, um nie auf dem Platz zu stehen.

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📸 Michael Kunkel - Bongarts

Dafür setzte der Kaiser auf seine größte Stärke, seinen Charme. „Er konnte so gut reden – wenn du ihn einmal den Mund öffnen ließt, war es vorbei“, gestand selbst die befreundete Brasilien-Legende Bebeto. Kontakte, wie diese, öffnen Raposo viele Türen - vor allem zu Diskotheken.

„Jede Nacht war ich bis in die frühen Morgenstunden in Nachtclubs unterwegs – von Montag bis Montag. Ehrlich gesagt war ich niemals in der Verfassung, morgens zu trainieren oder zu spielen“, gestand die Nachteule nach seiner "Karriere". Wenn er vormittags doch mal nüchtern war, wurde die große Schublade der Ausflüchte geöffnet.

So überredete das Schlitzohr Jugendspieler dazu, dass sie ihn umtraten. Mehrfach behauptete er vor Spieltagen, dass seine Oma gestorben sei und er deshalb nicht spielen könne. Er schmierte Sportjournalisten für positive Schlagzeilen über ihn, um bei einem neuen Verein anzuheuern. Ein Zahnarzt stellte ihm regelmäßig Attests aus, die Ursachen für seine erfundene Verletzungen fanden.

Lange machten seine Arbeitgeber das natürlich nie mit. "Alle Teams, für die ich spielte, jubelten zwei Mal - wenn ich kam und als ich wieder weg war", scherzte Raposo 2018 in der britischen 'Sun' treffend über seinen Werdegang.

Teil seines ausgeklügelten Plans war es außerdem kurzfristige Verträge zu unterschreiben. Nur um umgehend muskuläre Probleme vorzutäuschen und dann die Klubführung zu überzeugen, ihm einen Kontrakt bis zum Saisonende zu geben, damit er Zeit hatte fit zu werden und sich zu zeigen.

1988 schien seine weiße Einsatz-Weste dann aber doch fleckig zu werden. Carlos Kaiser war zu dieser Zeit bei Bangu in Lohn und Brot. Während eines Spiel wurde er zum Aufwärmen geschickt, weil er eingewechselt werden sollte. Statt wenig später zu spielen, fing er eine wilde Schlägerei auf der Tribüne an.

Was wie die Folge einer spontanen Aktion aussah, war von langer Hand geplant. Denn der Kaiser wusste: Um im Westen von Rio de Janeiro seine Ruhe zu haben, brauchte er den Klubpatron auf seiner Seite. Das war zu dieser Zeit Castor de Andrade, ein berüchtigter Mafia-Boss.

Also suchte der Drückeberger nach dem Spiel den Kontakt und behauptete, die gegnerischen Fans hätten Andrade als Gauner verunglimpft. Die Tumulte auf den Ränge verkaufte er anschließend erfolgreich als Verteidigung von Andrades Ehre. Statt rauszufliegen, wurde der Unruhestifter mit doppeltem Gehalt und einer Vertragsverlängerung von sechs Monaten belohnt.

Noch bis 1992 mogelt sich Raposo anschließend bei drei weiteren Klubs durch. Dann begann seine Fassade zu bröckeln. Einflussreiche Weggefährten gingen in Fußballer-Rente, der technische Fortschritt entlarvte seine Schein-Verletzungen. Mit 29 Jahren endete die Kaiser-Reise durch den Fußball. Er wird unvergessen bleiben - und das ohne einen einzigen Einsatz.


📸 Simone Arveda - 2024 Getty Images