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·18 July 2025
Naiv oder doch der richtige Mix? Wücks Feuerprobe gegen Frankreich

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·18 July 2025
Zumindest kurzzeitig blendete Christian Wück das lästige Geraune vor dem Showdown aus. Als der Bundestrainer das mitreißende Drama zwischen England und Schweden auf der Tribüne des Züricher Letzigrunds verfolgte, waren die zunehmend hitzigen Diskussionen um Taktik, Personal und die Zukunft des 52-Jährigen für ein paar Stunden weit weg. All die Nebengeräusche werden Wück aber spätestens am Samstag (21.00 Uhr/ZDF und DAZN) in Basel wieder einholen.
Denn beim Viertelfinal-Kracher gegen Frankreich steht mehr als nur der deutsche EM-Titeltraum auf dem Spiel. Es geht in gewisser Weise auch um die Frage, ob Wück der Neuanfang im DFB-Team gelungen ist. Nachdem durch die Abreibung gegen Schweden (1:4) erhebliche Zweifel aufgekommen waren, mühten sich die deutschen Verantwortlichen und Spielerinnen in dieser Woche, die Stimmung ins Positive zu drehen.
Das Weiterkommen sei „ein Erfolg. Trotzdem sind wir hier, um die nächsten drei Spiele auch zu gewinnen“, sagte Flügelspielerin Klara Bühl vor dem K.o.-Duell mit den bislang so überzeugenden Französinnen. Im Team habe sich trotz des jüngsten Rückschlags „ein Glaube entwickelt, dass wir hier etwas bewegen können. Wir wollen am Samstag den ersten Schritt gehen und ins Halbfinale einziehen.“
Die Erkenntnis, dass dafür auch die etwa von Alexandra Popp geforderten Anpassungen in der riskanten Herangehensweise des Bundestrainers nötig sind, verbreitete sich von Tag zu Tag schneller. Kompaktheit lautet das Zauberwort bei den Vize-Europameisterinnen, die sich aufgrund der fehlenden Konstanz selbst Rätsel aufgeben. Es wäre „naiv zu sagen, wir machen gar nichts und spielen so weiter. Am Ende ist es der Mix“, sagte Bühl: „Der Matchplan ist klar.“
Doch was passiert mit Wück, der als U17-Coach äußerst erfolgreich war, sollte es schiefgehen? „Ich glaube, eng wird es für ihn noch nicht“, vermutet Ex-Nationaltorhüterin Almuth Schult als Expertin in der ARD: „Er hat genau das vor dem Turnier gesagt – ‚Man wird mich, wenn das nicht funktioniert, kritisieren‘. Die Kritik kann kommen.“
Auf die Spielerinnen wirkt Wück jedenfalls weiter „gelassen“. Er wisse, „was er tut“, betonte Abwehrspielerin Kathrin Hendrich. Sportdirektorin Nia Künzer baute dennoch vor, als sie bereits das Erreichen des Viertelfinales als „Auszeichnung“ herausstellte.
Das Fehlen von Giulia Gwinn (Knieverletzung) und Carlotta Wamser (Rotsperre) zwingt Wück zwar ohnehin zu Umstellungen, personell wird der Bundestrainer laut Bild aber deutlich mehr verändern. Demnach soll die schnellere Hendrich für Rebecca Knaak in der Abwehrzentrale spielen, Sarai Linder auf die rechte Seite rücken und die 20-jährige Franziska Kett ihr EM-Debüt auf links feiern. Im Mittelfeld darf angeblich die routinierte Frankreich-Expertin Sara Däbritz ran.
„Wir haben die Französinnen gut analysiert und wissen, was uns erwartet“, versicherte Wück: „Ihre individuelle Klasse ist unbestritten. Wir wollen ein unangenehmer Gegner sein und unsere Qualität und Mentalität auf den Platz bringen.“
Mut macht den deutschen Fußballerinnen ihre perfekte Bilanz gegen Frankreich, noch nie verloren die DFB-Frauen ein Turnierspiel gegen Les Bleues. Aber auch die Kulisse mit erneut Tausenden deutschen Fans im St. Jakob-Park könne „der ausschlaggebende Faktor“ werden, sagte Angreiferin Giovanna Hoffmann. So oder so müsse das Ziel sein, „in den Kopf der Französinnen“ zu kommen.
Der Druck, der nach der teilweise holprigen Gruppenphase auf der DFB-Auswahl lastet, dürfe das Team „nicht lähmen“, betonte Hoffmann, sondern müsse es „antreiben“.