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·8 March 2025
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·8 March 2025
Fragt man nach den besten offensiven Mittelfeldspielern der Bundesliga, ist die Sachlage eigentlich ziemlich eindeutig: Flo Wirtz und Jamal Musiala und dann kommt ganz lange niemand. Gut, wenn man Niko Kovač fragt, gehört Julian Brandt auch noch dazu, aber um diese wahrscheinlich ziemlich exklusive Meinung des Dortmunder Trainers soll es hier nicht gehen. Genauso wollen wir jetzt nicht behaupten, dass es noch einen anderen Spieler gibt, der gerade auf dem selben Niveau ist. Was aber sicherlich interessant sein kann, ist die Frage, wer denn der gerade der drittbeste offensive Mittelfeldspieler der Liga ist.
Wir wollen hier mal jemanden vorschlagen, der vielleicht schon deshalb im ersten Moment ein klein wenig abwegig daherkommt, weil über den Mann trotz sehr starker Leistungen in der aktuellen Saison kaum gesprochen wird. Also: Sprechen wir über Ritsu Doan.
📸 Christian Kaspar-Bartke - 2025 Getty Images
Natürlich muss man, wenn man den Freiburger Dribbler als den drittbesten hinter Wirtz und Musiala sehen will, die Position des Rechtsaußen auch als Teil des offensiven Mittelfelds verstehen. Da sowohl Flo Wirtz als auch Jamal Musiala aber in der Offensive über den Verlauf eines Spiels eigentlich immer überall zu finden sind, erlauben wir uns das hier mal. Wer dem nicht zustimmen möchte, kann diesen Text auch einfach als Vorschlag für den drittbesten Offensivspieler der Bundesliga verstehen, der kein Neuner ist.
Aber wie kann man Ritsu Doan überhaupt ansatzweise in die Nähe von Wirtz und Musiala bringen? Schließlich liegen zwischen den beiden DFB-Juwelen und dem vor gar nicht allzu langer Zeit noch für Arminia Bielefeld tätigen Japaner Welten. Beziehungsweise: 118 Millionen Euro.
Während das Portal ‘Transfermarkt.de’ Wirtz und Musiala bei jeweils 140 Millionen Euro Markwert einschätzt, steht Doan gerade mal bei 22 Millionen. Geht man also nach Transferwerten, ist unsere These so unhaltbar wie ein handelsüblicher Harry-Kane-Elfmeter, aber Marktwerte sind ja nunmal nie ein zweifelsfreier Indikator dafür, wie gut ein Spieler wirklich ist. Woran also erkennt man einen richtig guten Spieler? Klar, man erkennt ihn, wenn man sieht, wie gut er spielt. Um aber einen etwas weniger subjektiven Indikator zu haben, machen wir einen weiteren Vorschlag: Dass ein Spieler richtig gut ist, erkennt man vor allem dann, wenn er nicht spielt.
Denn besonders viel besprochen werden Flo Wirtz und Jamal Musiala in den Medien nach einer Glanzleistung ja mittlerweile gar nicht mehr. Zu sehr hat man sich an die ständigen Weltklasseperformances gewöhnt. Aber wenn einer von beiden in Leverkusen oder München mal ausfällt: Dann wird medial Alarm geschlagen. Dann gibt es täglich, manchmal fast stündlich, Updates zum Genesungsprozess und oft wird mit Blick auf’s nächste Spiel von einem “Wettlauf gegen die Zeit gesprochen”. Weil die beiden für das Offensivspiel ihrer Mannschaften kaum verzichtbar sind und man ihre Abwesenheit, allen anderen Weltklassespielern bei Bayer und Bayern zum Trotz, sofort bemerkt.
📸 Adam Pretty - 2023 Getty Images
Wirklich beziffern lässt sich so eine Unverzichtbarkeit zwar nicht, aber wenn man es versuchen will, geht das wohl am ehesten mit den prozentualen Torbeteiligungen. Besonders Wirtz liefert hier einen beeindruckenden Wert: An 20 der 55 Leverkusener Treffer war er in den 24 bisher gespielten Spielen direkt über Tor oder Vorlage beteiligt, was einen Anteil von 36 Prozent ausmacht. Bei Musiala sind es mit 14 Direktbeteiligungen an den 72 Bayern-Toren zwar nur knapp 20 Prozent, das hat aber auch damit zutun, dass der 22-Jährige in dieser Saison im Gegensatz zu Wirtz schon drei Spiele verletzt oder erkrankt gefehlt hat. Schauen wir nun zu Ritsu Doan: Vor dem heutigen Topspiel gegen RB Leipzig stehen 13 Scorerpunkte in 24 Spielen zu Buche. Von den 34 Toren, die der SC Freiburg im bisherigen Saisonverlauf gemacht hat, sind das sogar 38 Prozent. Ein Wert, auf den normalerweise fast nur treffsichere Mittelstürmer kommen.
Dass Doan, obwohl er nach den prozentualen Torbeteiligungen stärker ist als Wusiala, deutlich weniger wert ist, hat natürlich trotzdem seine Richtigkeit. Schließlich geht es hier um Prozentwerte und nicht um absolute Zahlen. Außerdem spielen noch viele andere Faktoren wie zum Beispiel das Alter bei der Zusammensetzung von Marktwerten eine Rolle. Doch dass zwischen Ritsu Doan und Wusiala diese 118-Millionen-Euro-Lücke klafft, hat wahrscheinlich einen Grund, der dabei besonders schwer wiegt: Den SC Freiburg.
Genau wie der 2022 aus Eindhoven in die Bundesliga zurückgekehrte Rechtsaußen mit seinen starken Leistungen ein wenig unter dem Radar fliegt, ist das auch bei seiner Mannschaft insgesamt seit jeher der Fall. Wer kein Freiburg-Fan ist, erschrickt manchmal fast ein bisschen, wenn er feststellt, dass die Breisgauer sich schon wieder an die oberen Plätze angeschlichen haben.
Dabei sind sowohl die Freiburger als Mannschaft als auch Doan individuell fast immer stark, aber selten spektakulär. Genau wie der SCF auch unter Julian Schuster selten mehrere Spiele hintereinander mit großem Abstand gewinnt, gibt es auch bei Doan eher selten einen Auftritt, über den nach dem Wochenende die gesamte Fußballwelt spricht. Klub und Spieler eint aber eine unglaubliche Konstanz. Die Freiburger holen ihre Punkte nämlich zum Beispiel mit einer Serie aus drei unspektakulären 1:0-Siegen, während Doan diese Konstanz allein schon dadurch liefert, dass er in der aktuellen Spielzeit nie länger als drei Spiele ohne Torbeteiligung bleibt.
Auch wenn das niemals rechtfertigen würde, ihn auf die gleiche Stufe mit Wusiala zu stellen, müsste man doch wahrscheinlich etwas länger grübeln, um abseits dieser beiden einen offensiven Mittelfeldspieler zu finden, der in der Bundesliga gerade besser ist. Vielleicht muss Ritsu Doan, damit man seinen wahren Wert erkennt, einfach mal ausfallen. Einen höheren Marktwert als Julian Brandt (laut transfermarkt.de 35 Millionen) hätte er aber wohl in jedem Fall verdient. Denn als der zuletzt mal fehlte, bemerkte man das durchaus. Aber eben dadurch, dass der BVB auf einmal besser spielte.
📸 Christian Kaspar-Bartke - 2025 Getty Images