Wundertüte Kaiserslautern: Viele Fragezeichen auf dem Betzenberg | OneFootball

Wundertüte Kaiserslautern: Viele Fragezeichen auf dem Betzenberg | OneFootball

In partnership with

Yahoo sports
Icon: 90PLUS

90PLUS

·29 July 2025

Wundertüte Kaiserslautern: Viele Fragezeichen auf dem Betzenberg

Article image:Wundertüte Kaiserslautern: Viele Fragezeichen auf dem Betzenberg

Der 1. FC Kaiserslautern startet als eine der Wundertüten der 2. Bundesliga in die neue Saison. Auf dem Betzenberg ist vieles ungewiss.

Bis zum 34. Spieltag waren die Roten Teufel in der abgelaufenen Saison im Aufstiegsrennen, doch das 0:4 beim 1. FC Köln beendete die letzten Träume von einer Rückkehr in die Bundesliga. Dem FCK ging im Saisonfinale die Puste aus, der Traditionsverein gewann nur drei seiner letzten zehn Spiele und trennte sich Ende April überraschend von Trainer Markus Anfang. Torsten Lieberknecht übernahm für die letzten Partien der Saison und soll die Lautrer in die nächste Spielzeit führen.


OneFootball Videos


Dass am Ende nicht mehr drin war als der siebte Platz, überrascht Sportjournalist Chris McCarthy nicht. „Die Defensive war nie aufstiegstauglich“, stellt der Kaiserslautern-Anhänger klar: „Darüber hinaus hatte der FCK in den ersten zwei Dritteln der Saison eine ordentliche Portion Spielglück – zehn Punkte hatten die Lautrer zwischenzeitlich mehr auf dem Konto als gemäß Expected Points zu erwarten war.“

Nach Anfang-Ende: Lieberknecht soll Kaiserslautern Konstanz verleihen

Die Klubführung habe sich von den positiven Ergebnissen in der ersten Saisonhälfte blenden lassen und das Ziel, eine Platzierung in der oberen Tabellenhälfte, zu früh nach oben korrigiert, kritisiert McCarthy: „Und das, obwohl der Kader im Winter nicht signifikant verstärkt wurde. Der Anfang vom Ende und das Ende für Anfang.“

Article image:Wundertüte Kaiserslautern: Viele Fragezeichen auf dem Betzenberg

Foto: Getty Images

Vier Spiele vor Schluss musste der Trainer seinen Hut nehmen. „Der Trend war nicht so, wie wir uns das alle vorgestellt haben. Die Nicht-Explosion der Mannschaft war bedenklich“, erklärte Geschäftsführer Thomas Hengen seinerzeit die umstrittene Entscheidung. Anfang hatte sich seit seinem Amtsantritt vorgenommen, dem FCK eine aktivere Spielidee mit weitaus mehr eigenen Ballbesitzphasen einzuimpfen. Der spielerische Fortschritt war durchaus zu erkennen, doch die fehlende Konstanz wurde dem ehemaligen Werder-Coach letztendlich zum Verhängnis.

„Obwohl Anfang noch nicht den Kader für sein bevorzugtes 4-3-3 hatte, war die spielerische Entwicklung meiner Meinung nach beachtlich. Das Problem: So ein gravierender Einschnitt in die Philosophie bringt immer (!) Schwankungen mit sich und Erfordert Geduld. Diese ist um und auf dem Betze rar gesät“, hadert McCarthy mit dem überraschenden Rauswurf des 51-Jährigen.

Mit Torsten Lieberknecht steht seitdem ein erfahrener Zweitligacoach an der Seitenlinie, der bereits Eintracht Braunschweig und Darmstadt 98 trotz durchschnittlicher individueller Qualität im Kader in die Bundesliga führte. Der 51-Jährige verfolgt jedoch einen pragmatischeren Ansatz als Anfang. McCarthy sieht im Trainerwechsel daher einen Rückschritt und bemängelt fehlende Weitsicht.

Funktioniert der FCK ohne Top-Stürmer Ache?

Nicht nur wegen des noch immer neuen Übungsleiters startet der FCK mit vielen Fragezeichen in die neue Spielzeit. Mehrere Leistungsträger haben den Meister von 1998 verlassen. Top-Stürmer Ragnar Ache will sich beim 1. FC Köln in der Bundesliga durchsetzen, ihn werden die Roten Teufel nicht ohne Qualitätsverlust ersetzen können. Mit Mahir Emreli (1. FC Nürnberg) und Ivan Prtajin (Union Berlin) soll die Verantwortung im Sturmzentrum auf mehrere Schultern aufgeteilt werden.

Article image:Wundertüte Kaiserslautern: Viele Fragezeichen auf dem Betzenberg

Foto: Getty Images

Im Mittelfeld sieht McCarthy das Team trotz des Abgangs von Filip Kaloc gewappnet: „Der rustikale Fabian Kunze passt zum Lieberknecht-Stil, der spielstarke Semih Sahin könnte ein Coup sein. Ich glaube das Mittelfeld ist dadurch besser aufgestellt.“ Kunze kam ablösefrei von Ligarivale Hannover 96, für Elversberg-Achter Sahin legte der FCK 1,5 Millionen Euro auf den Tisch.

Ein besonders spannender Neuzugang kommt aus der Premier League. Innenverteidiger Ji-soo Kim wird die kommende Saison auf Leihbasis „uffm Betze“ verbringen. Der 20-jährige Südkoreaner steht beim FC Brentford unter Vertrag und durfte zuletzt dreimal Erstligaluft schnuppern. Vor zwei Jahren galt sogar der FC Bayern als Interessent, Kim entschied sich damals aber für einen Wechsel nach London.

„Er hat nicht nur bereits in jungen Jahren sein großes Potential unter Beweis gestellt hat, sondern zeichnet sich auch durch seine Beidfüßigkeit, Technik und seine Physis aus“, erklärte Sportdirektor Marcel Klos, wieso man sich für den Youngster entschieden hat: „Mit seinen Qualitäten hat er sich auf dem internationalen Markt bereits in den Fokus gespielt.“ Ebenfalls neu im Aufgebot sind Innenverteidiger Maxwell Gyamfi, der vom VfL Osnabrück kommt und Simon Asta. Der 24-jährige Rechtsverteidiger spielte zuletzt für die SpVgg Greuther Fürth.

FCK vor dem Saisonstart: Viel Potenzial, durchwachsene Tests

Der Kader um Kapitän und Schlüsselspieler Marlon Ritter hat trotz der namhaften Abgänge – auch Flügelstümer Daisuke Yokota ist nach seiner Leihe nach Gent zurückgekehrt – weiterhin großes Potenzial. „Wenn die neuen Angreifer funktionieren, Brentford-Leihgabe Ji-soo Kim in der Innenverteidigung zündet und noch ein Unterschiedsspieler für die Kreativabteilung kommt, hat der Kader durchaus das Potential, besser und ausgeglichener zu sein als im Vorjahr“, gibt sich auch McCarthy optimistisch, fügt jedoch an: „Das sind aber einige ‚wenns‘.“

Article image:Wundertüte Kaiserslautern: Viele Fragezeichen auf dem Betzenberg

Foto: Getty Images

Kann Ache ersetzt werden? Starten die Neuen durch und kommt der benötigte Kreativspieler? Funktioniert der Lieberknecht-Ansatz? Die vielen Ungewissheiten machen es schwer, vor der Saison eine realistische Einschätzung abzugeben, wo der FCK sich in der engen 2. Bundesliga einordnen wird. Laut McCarthy geht es in erster Linie um Kontinuität: „Erfolgreich wäre die Saison, wenn man eine spielerische Entwicklung erkennt und der Trainer auch in die Vorbereitung der kommenden Saison geht.“

Die Testspiele verliefen jedoch durchwachsen, spielerisch ist noch kein klarer Plan zu erkennen. In der Generalprobe vor dem Auftakt in Hannover unterlag der FCK der AS Roma mit 0:1, wenngleich das italienische Top-Team sicherlich kein Gradmesser für einen deutschen Zweitligisten darstellt.

Die Vereinsführung peilt erneut einen Platz unter den ersten Sechs an, das Aufstiegsrennen soll zumindest in Reichweite sein. „Das ist für meinen Geschmack das absolute Optimum“, zweifelt McCarthy an der Zielsetzung der Bosse: „Viel wahrscheinlicher ist für mich eine erneut stürmische Saison auf dem Betze – samt Trainerwechsel. Die Qualität des Kaders sollte aber genügen, damit der FCK am Ende im sicheren Mittelfeld landet.“

View publisher imprint