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·22 de enero de 2025
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Krisenstimmung in Dortmund: Bei Dortmund steht die nächste Trainer-Entlassung bevor. Nicht das erste Tal der Tränen
Borussia Dortmund zählt zu den größten Überraschungen dieser Saison – in negativer Hinsicht. Platz zehn in der Bundesliga, genauso oft gewonnen wie verloren, Aus im DFB-Pokal. Trainer Nuri Sahin erwartet seine Entlassung beim BVB. Da ist das Wort Krise schon berechtigt. Aber historisch? Nun ja. Das waren die schlimmsten BVB-Krisen.
Seit 1963 spielte Borussia in der Bundesliga mit, ging als amtierender Meister in die erste Saison. 1966 gewann sie als erster deutscher Klub den Europapokal. Aber mit dem Abgang der Nationalspieler Lothar Emmerich (noch immer Rekordtorschütze) und Siggi Held ging auch der Erfolg. 1969 noch am letzten Spieltag dem Abstieg entronnen, war es nur ein Aufschub. Nach Platz 13 in 1970/71 erwischte es den BVB 1971/72. Trainer Horst Witzler beklagte den personellen Aderlass im Sommer 1971 wortreich und gab den Schwarzen Peter dem Vorstand, der ihm eine dermaßen unerfahrene Mannschaft überlassen habe („Sie wurden ja regelrecht vom Lande geholt“), und „nun stehe ich da und muss den Scherbenhaufen kitten“.
Gesagt nach dem historischen 1:11 bei den Bayern Ende November. Eine Woche später flog er, Herbert Burdenski konnte die Karre auch nicht mehr aus dem Dreck fahren. Borussia stieg als Vorletzter ab – mit den meisten Gegentoren ihrer Historie (83) und den wenigsten Zuschauern (Schnitt 16.011). Finanziell ging es ihr so schlecht, dass Schalke 1974, als sie immer noch zweitklassig war, zu einem Benefizspiel anreiste (bei der Eröffnung des Westfalenstadions nahm sie kein Honorar). Die maximale Demütigung! Erst 1976 kehrte man in die Bundesliga zurück, wo sie bis heute ununterbrochen spielen.
Michael Meier sagte es im Brustton der Überzeugung: „Wer gegen den FC Bayern antreten will, muss das mit den Mitteln des FC Bayern tun und nicht mit denen des VfL Bochum.“ Dieses Credo führte den BVB zwar zur Meisterschaft 2002 und in die Champions League, aber auch an den Rande des Abgrunds. Zu Beginn des Jahrtausends lebte der Verein über seine Verhältnisse und war auf Gedeih und Verderb dem sportlichen Erfolg ausgeliefert. Als am letzten Spieltag 2002/03 gegen Absteiger Energie Cottbus Platz zwei verspielt wurde (1:1) und im August auch die Zusatzchance auf die Qualifikation zur Champions League gegen RSC Anderlecht, schlugen sie in der Vorstandsetage die Hände vor dem Kopf zusammen. Sie tanzten jahrelang auf dem Drahtseil mit ihren Millionengehältern und einer Stadionmiete von 17 Millionen Euro, nun drohte der Sturz ins Bodenlose. Medienberichte kurz vor Weihnachten 2023 enthüllten das ganze Finanzdesaster: wegen horrender Schulden hatte sich der Verein sogar beim Investmentbanker Stephen Schechter um eine 100-Millionen-Euro-Anleihe bemüht. Präsident Norbert Niebaum und Manager Meier schimpften zunächst auf die Investigativjournalisten von Kicker und SZ, gestanden aber zum Saisonende 2003/04 einen Schuldenberg von 67,7 Millionen Euro und eine „existenzbedrohende Lage“ ein. Die nicht besser wurde, als die Champions League erneut verpasst wurde (6. Platz). Die Spieler wurden zu Gehaltsreduzierungen gezwungen, Torsten Frings quasi über Nacht zu einem Wechsel zu den Bayern: „Ich musste mich innerhalb von ein, zwei Stunden entscheiden.“ Transferrechte an Stars wie Marcio Amoroso, Tomas Rosicky oder Jan Koller wurden ebenso verpfändet wie das Logo und die Rechte am Klubnamen. Das Stadion wurde für 75 Millionen Euro verkauft!
Trotzdem drohte Anfang 2005 bei nun 119 Millionen Euro Schulden die Insolvenz und erst in einer Gläubigerversammlung des Molsiris-Stadionfonds am 14. März 2005 zog Borussia am Düsseldorfer Flughafen den Kopf aus der Schlinge, weil 94,4 Prozent der Gläubiger dem Sanierungskonzept zustimmten und die Stadionfinanzierung zu erträglicheren Bedingungen erlaubten.
„Es waren eine Menge Leute dabei, die ein schwarz-gelbes Herz hatten“, schwärmte der mehrmalige BVB-Präsident Reinhard Rauball später. „Dieser Sieg war wichtiger als der Gewinn des Europapokals“, sagte Hans Tilkowski, der 1966 in Glasgow im Tor stand. Was zeigt, wie schwer eine Niederlage den Verein getroffen hätte. Vielleicht gäbe es ihn heute gar nicht mehr.
Schon 1984/85 war der BVB nur knapp dem Abstieg entronnen (14. Platz). Da wurde Erich Ribbeck noch als Retter gefeiert. Doch der Sir ging wieder und man holte in Pal Csernai einen zweimaligen Meistertrainer (mit Bayern München). Der hatte in München freilich weit besseres Spielermaterial als bei den klammen Dortmundern. Nach dem sechsten Spieltag (1:6 in Bochum) forderten die Fans erstmals seinen Kopf, doch der Verein ließ ihn bis zum 32. Spieltag auf der Bank. Dann, auf Platz 16, musste er doch gehen und sein Assistent Reinhard Saftig brachte die Saison zu Ende. Sie ging in die Verlängerung mit drei (!) Relegationsspielen gegen Fortuna Köln. Beim Zweitligisten verloren sie 0:2, zuhause führten sie bis zur letzten Minute nur 2:1. Da hielt Gästekeeper Jacek Jarecki einen harmlosen Schuss von Ingo Anderbrügge nicht fest und Jürgen Wegmann, der sich selbst Kobra nannte („Ich bin giftiger als die giftigste Schlange“) drückte den Ball über die Linie. Das damals nur halb so große Westfalenstadion wurde zum Tollhaus. Eine Woche später wurde gegen entkräftete und dezimierte Kölner im Düsseldorfer Rheinstadion der Klassenerhalt gesichert (8:0). Näher stand Borussia nie mehr am zweiten Abstieg.
Mit dem unerfahrenen Trainer Michael Skibbe war Borussia 1999 Vierter geworden. Das war zwar ein klarer Fortschritt, aber nun wollten sie mehr. Als der Rückrundenstart gegen Kaiserslautern (0:1) misslang, wurde Skibbe auf Platz Sechs entlassen. Man konnte ja nicht ahnen, dass das der Beste des Jahres bleiben würde. Es kam der Ex-Gladbach-Trainer und Ex-BVB-Spieler Bernd Krauss. Der spielte in den ersten fünf Spielen viermal 1:1 und gewann keines seiner elf. Ende März, nach einem peinlichen 1:3 zuhause gegen Aufsteiger Unterhaching, trennte man sich. Auf Platz 13 stehend, waren es nur noch zwei Punkte zu den Abstiegsrängen – und das mit einem Starensemble um die Weltmeister Jürgen Kohler, Stefan Reuter und Andy Möller sowie dem Europameister Fredi Bobic. Nun konnte nur noch einer helfen: der schon 65jährige Udo Lattek, längst in Rente, kehrte nach acht Jahren auf die Bank zurück und rettete im Verbund mit Assistent Matthias Sammer den BVB vor der Zweitklassigkeit. Dabei gewann auch er nur zwei von fünf Spielen. Die Rettung hatte aber auch einen fatalen Nebeneffekt: der Verein rüstete nun gnadenlos auf, was zur Beinahe-Insolvenz führte.
Noch immer gilt Jürgen Klopp als bester, schillerndster und beliebtester Trainer der Vereinsgeschichte, obwohl Ottmar Hitzfeld und nicht er die Champions League gewann – und genauso viele Meisterschaften. Auch gab es unter Hitzfeld nie Abstiegssorgen. Mit Klopp aber passierte das in seinem verflixten siebten Jahr. Nach der für Deutschland erfolgreichen WM 2014 kehrten fünf Weltmeister vier Wochen nach Trainingsstart zurück (Sonderurlaub), Marco Reus war wieder mal verletzt und Robert Lewandowski zu den Bayern gewechselt. Trotzdem träumte Boss Hans-Joachim Watzke von einem Platz unter „den zehn besten Mannschaften Europas“.
Dazu war dieses Team nicht in der Lage. Bezeichnend für die verkorkste Saison war schon der Start gegen Leverkusen mit einem Gegentor nach 9,3 Sekunden, es ist mit das schnellste der Ligahistorie.
Im Herbst gab es fünf Niederlagen in Folge und Ende November war der BVB erstmals seit 1985 Letzter. Klopp kokettierte mit seinem Rücktritt („Wenn der Verein käme und hätte eine Spitzenidee, ich würde mich dem gewiss nicht verschließen.“ Doch sie hielten in Treue an Klopp fest, trotz Platz 17 nach der Hinrunde, einem 0:1 im ersten Heimspiel 2015 gegen Augsburg und dem erneuten Sturz auf den letzten Platz. Das zermürbte Klopp und obwohl sich Borussia in der Rückrundentabelle auf Platz Fünf und insgesamt auf Platz Sieben vorschob, blieb es eine verkorkste Saison. Klopp gab im April seinen Abschied bekannt – gegen den Willen von Watzke und der ganzen schwarzgelben Welt. Nicht mal ein Abgang im Triumph war ihm vergönnt, im Pokalfinale setzte es eine Niederlage gegen den VfL Wolfsburg. Seither hat Borussia keine schlechtere Saison mehr gespielt, nun könnte es passieren.