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·7 de marzo de 2025
Hab‘ schon Thomas-Müller-Trennungsschmerz

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·7 de marzo de 2025
Seit dieser Woche können wir alle am Leben des Thomas Müller etwas mehr teilhaben, als uns in manchen Szenen lieb ist, aber das macht gute Dokus schließlich aus. „Einer wie keiner“, das auf Amazon Prime läuft, begleitet den Mann, der einfach nicht weggehen will, eine Saison und ein Leben lang, manchmal bis zur Zahnbürste und ins Bett – und man muss das lieben.
Ich brauche vermutlich lediglich denjenigen, die sich bei der Suche nach Schnittmustern oder Quantencomputern hierher vergoogelt haben, erklären, wer Thomas Müller ist. Die Amazon-Doku zeichnet ziemlich genau nach, wie es so weit kommen konnte, dass heute die ganze Welt diesen Bayern kennt; vorauszusehen war es nicht.
Müller ist vermutlich der normalste nicht normale Mensch, den es je gab. Einer, der nichts besonders gut konnte, als er jung war, und dann daraus das Beste herausholte und Weltmeister wurde.
Die gute Laune der Nation ist Müller heute noch, obwohl er inzwischen oft auf der Bank vor sich hinsauert wie jetzt bei 3:0 der Bayern im ersten Champions-League-Achtelfinale gegen Leverkusen. Man spürt, dass es langsam zu Ende geht mit ihm, er ist ja bereits 36.
Und hier setzt der Trennungsschmerz ein: Wie soll sich die Fußballwelt ohne Thomas Müller weiterdrehen?
Andererseits gibt es wohl keinen deutschen Fußballer, mit dem es so oft zu Ende zu gehen schien, und der doch immer wieder zurückkam. Auch ich habe mir die Finger verbrannt an diversen „Das war’s jetzt aber“-Müller-Kolumnen.
Das Schöne an der Doku ist gar nicht die Zurschaustellung der Leistungsfähigkeit des zweimaligen Champions-League-Siegers Thomas Müller, auch wenn beeindruckend viele Experten wie Louis van Gaal oder Pep Guardiola darüber dozieren, was Müller alles kann, nämlich vor allem andere motivieren und die Gruppe stärken und den Raum deuten.
Und auch auf ein Geprotze à la Cristiano Ronaldo, in dessen Doku wir und sein wehrloser kleiner Sohn vom Portugiesen recht schnell einen breitgefächerten Hausfuhrpark erklärt bekommen, wartet man vergebens.
Stattdessen bietet „Einer wie keiner“: Thomas Müller am Esstisch mit Mama, Papa und Bruder. Die Mama, wie sie ihn ermahnt, nicht in der großen Salatschüssel rumzustochern. Normale Tischgespräche, wie bei dir und mir halt.
Und natürlich: Müller beim Zähneputzen.
Beim Zähneputzen merkt man erst, wie stinknormal dieser Müller ist. Er benutzt seine elektrische Zahnbürste wie eine manuelle, schrubbt sich also damit fast das Gebiss weg, es ist zum Totlachen, wie normal der Kerl auch in dieser nächtlichen Hotelzimmerszene ist. Unweigerlich fragt man sich: Wie kann man Weltmeister werden, aber nicht mal wissen, wie eine elektrische Zahnbürste korrekt benutzt wird?
Und ja, das macht ihn sympathisch. Man wünscht sich so einen Müller als Kumpel, weil er so klar und witzig und allürenfrei ist. Und man neidet ihm solche Eltern, die helle und normal geblieben sind und nicht plötzlich Guccimäntelchen tragen.
Aber das Schönste an ihm: diese Ehrlichkeit, diese Nicht-Frisur, diese vielen fehlenden Tätowierungen.
Einmal sagt Müller in der Doku, was er von Julian Nagelsmann als Bundestrainer hält: nichts. Es hätte ein Skandal draus gemacht werden können, wurde aber nicht. Müller und Skandal, das passt nämlich zusammen wie Weißwurscht und Drei-Sterne-Miso-Caramel-Sauce.
Dass die Nagelsmann-Szene nicht rausgeschnitten wurde, obwohl Müller ja im Nachhinein ziemlich dumm dasteht mit seiner Meinung, ist übrigens die bemerkenswerteste Leistung in der jüngeren Zensurgeschichte des Fußballs. Danke auch dafür.
Ach, dieser Müller! Er ist der Letzte seiner Art. Man muss ihn lieben, selbst als BVB– oder 1860- oder al-Nassr-FC-Fan.
Hoffentlich bleibt er uns noch ein bisschen erhalten.
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