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Justus Pludra·23 de noviembre de 2024

Macht jeden Spieler besser: Wieso spricht keiner über dieses Trainertalent?

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Als Julian Nagelsmann im zarten Traineralter von 28 Jahren Chefcoach in Hoffenheim wurde, rannten die Journalisten der TSG die Bude ein. Über 100 Interviewanfragen sollen eingegangen sein. Eine Sensation, ja eine Attraktion, ein Jahrhunderttalent an der Seitenlinie! Das Interesse an jungen Übungsleitern ist seitdem ungebrochen groß, nur für einen scheint sich niemand zu interessieren.

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Denn wenn die deutschen Trainertalente aufgezählt werden, fällt der Name Ole Werner nur ganz selten. Dabei ist er im Alter von gerade mal 36 Jahren der zweitjüngste Coach der Bundesliga! Wieso spricht keiner über den Coach, der seit drei Jahren alle ihm gesteckten Ziele übertrifft?


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Einerseits, weil sich selber nicht zu wichtig nimmt. Im Sommer 2022 interviewt das Fußballmagazin '11Freunde' den Werder-Coach. Als visuelle Untermalung wollen sie Werner am Steuer eines Segelschiffes ablichten. Doch der Norddeutsche lehnt ab. Als Kapitän der SVW-Flotte will er sich nicht inszenieren.

Dieses Understatement liegt in seiner Natur und ist keinesfalls gespielt.  Mit Mitte 20 muss er sein Studium abbrechen. Das Geld reicht hinten und vorne nicht. "Es gab auch Zeiten, da konnte ich meine Miete nicht bezahlen“, blickte Werner in dem Interview auf diese harten Tage zurück.

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📸 Cathrin Mueller - 2019 Getty Images

Zu seinem Glück, kann er bei Holstein Kiel als Jugendcoach unterschlüpfen. Der damalige Gärtner tauscht Heckenschere gegen Taktikbrett und findet nicht nur Gefallen an der Sache, sondern auch rasch Erfolg. Im September 2019 übernimmt er schließlich die Profis der Störche auf Platz 16 der 2. Liga. Knapp eineinhalb Jahre später wird der Erstligaaufstieg erst in der Relegation verpasst.

Im November 2024 sind das für Ole Werner verblasste Erinnerungen. Seit ziemlich genau drei Jahren schwingt er mittlerweile das Zepter bei Werder Bremen. Abstiegsangst gab es bisher zu keinem Zeitpunkt. Der Wiederaufstieg wurde zuvor trotz Tabellenplatz zehn bei seinem Amtsantritt, souverän gemeistert. Und das obwohl das Geld an der Weser notorisch knapp ist.

In der Gehaltstabelle ist der Klub Kellerkind. Transferwünsche, die Werner für seine Verhältnisse mit einer fast vehementen Regelmäßigkeit fordert, bleiben oft unerfüllt. Seine pragmatische Reaktion: "Ich bin Trainer hier. Ich bin in erster Linie dafür verantwortlich, mit den Spielern zu arbeiten, die da sind."

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📸 Christian Kaspar-Bartke - 2023 Getty Images

Wie gut Werner das gelingt, attestierte ihm zuletzt Ex-Schützling Niclas Füllkrug:  "Es gibt keinen Spieler, der unter ihm nicht besser geworden ist", adelte der Stürmer seinen ehemaligen Übungsleiter, unter dem er selber vom Zweitliga-Angreifer zum Stammspieler in der deutschen Nationalmannschaft reifte.

Dabei ist Werner niemand, der das Rad neu erfindet. Wer sich Pressekonferenzen mit dem Fußballlehrer ansieht, wird immer wieder über die gleichen Begriffe stolpern. Einstudierte Abläufe, Mechanismen und gefestigte Strukturen sind ihm sehr wichtig. Seine favorisierte 5-3-2-Formation tauscht Werner so gut wie nie. Zur Not muss halt ein zentraler Mittelfeldspieler wie Leonardo Bittencourt mal auf der rechten Schiene aushelfen.

Auch zahlreiche oder spektakuläre Wechsel während eines Spiels sind rar gesät. Für Außenstehende kann das zu abwartend wirken. Neuzugänge haben es deshalb zu Beginn oft erstmal schwer an Spielzeit zu kommen. Aber der - nicht nur eigene - Erfolg gibt Werner recht. Spieler wie Senne Lynen oder Jens Stage blühen in ihrem zweiten respektive dritten Werder-Jahr auf.

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📸 Stuart Franklin - 2024 Getty Images

Denn um sie herum besteht ein "Gerüst", wie Werner es selber bezeichnet, dass schon seit Zweitligazeiten steht. Acht Startelfspieler des jüngsten 2:1-Erfolgs gegen Holstein Kiel standen auch schon im Unterhaus am Osterdeich unter Vertrag. Ein weiterer Nachweis eindrucksvoller Arbeit.

Hausieren geht Werner damit trotzdem nicht. Ausraster, markige Sprüche oder exotische Outfits? Fehlanzeige. Wenn überhaupt mal ein trockener Witz. Als er jüngst gefragt wurde, warum sich Österreicher bei Werder immer so wohl fühlen würden, "verriet" er mit einem Grinsen: "Bei uns gibt es immer ein Tag vor dem Spiel Wiener Schnitzel und damit bekommen wir die Jungs natürlich". Meist aber bleibt es schlicht trocken. Werner erfüllt das Klischee eines Norddeutschen im besten Sinne. The Nordic One.

Gleichzeitig fällt er damit aus dem Raster, das zu anderen jungen Trainern passt. Vorträge über abkippende Sechser oder ballferne Zehner wie bei Fabian Hürzeler oder Robert Klauß hält er nicht. Auf dem Longboard, wie Julian Nagelsmann, wurde Werner auch noch nie gesichtet. Gegen die Bezeichnungen wie "Laptoptrainer" wehrte er sich in besagtem Interview mit '11Freunde' deutlich: "Ich bin kein Nerd!".

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📸 Selim Sudheimer - 2024 Getty Images

Erfolgreich, von seinen Spielern hochgeschätzt, aber eben auch ein Leisetreter und damit medial unter dem Radar. Er passt zu Werder Bremen wie das Nebelhorn ins Weserstadion. Die Ären unter Otto Rehagel und Thomas Schaaf sind ein eindrucksvoller Beweis dafür, wie größtenteils ruhig und ungestört in der Hansestadt gearbeitet werden kann.

Gleichzeitig war Werner mit 34 Jahren zwar der jüngste Zweitligacheftrainer bei seinem Amtsantritt in Kiel. Da war zuletzt aber Hürzeler (29) noch schneller. In der ersten Liga ist aktuell Nuri Sahin (36) jünger. Julian Nagelsmann (28) war 2016 in Hoffenheim sogar noch deutlich grüner hinter den Ohren. Kurzum: Die Welt interessiert sich für die Superlative.

Positive Schlagzeilen wollen sie auch in Bremen demnächst wieder machen. Die Qualifikation für das internationale Geschäft wäre der nächste große Schritt unter Werner. Dann wäre er endgültig Deutschlands größtes Trainertalent, über das kaum einer spricht.