TSV 1860 München
·19 de mayo de 2025
Unvergessenes Erlebnis: 60 Jahre Europacup-Finale in Wembley.

In partnership with
Yahoo sportsTSV 1860 München
·19 de mayo de 2025
Es ist und bleibt für jeden Löwen-Fan ein unvergessenes Datum: Der 19. Mai 1965. Der Tag, an dem der TSV 1860 München im Europacup-Finale stand. Im altehrwürdigen Londoner Wembleystadion.
Allein der Gedanke an den Austragungsort ließ Spieler und Fans schon in Tagen vor dem Endspiel eine Gänsehaut über den Rücken jagen. Zehn Jahre gab’s die Europacup-Wettbewerbe inzwischen, aber der TSV 1860 war erst die zweite deutsche Mannschaft (nach Eintracht Frankfurt 1960), die den Sprung in ein Finale schaffte. Auf dem Weg dorthin wurden Union Luxemburg, der FC Porto, Legia Warschau und der AC Turin ausgeschaltet.
Im Finale wartete schließlich West Ham United, ein Traditions-Klub aus London, der sich glücklich schätzen konnte, quasi ein Heimspiel austragen zu dürfen. Dennoch machte man sich bei den Löwen alles andere als in die Hose. Trainer Max Merkel beispielsweise erkundigte sich in den Tagen vor dem Finale schon mal nach der Größe des Europapokals: „Damit wir beim Feiern auch wissen, wieviel Sekt wir zum Reinschütten brauchen …“
Die Stimmung war also bestens, nur Fredi Heiß bereitete Kummer. Der Flügelflitzer hatte sich im letzten Bundesligaspiel beim Meidericher SV eine Oberschenkelzerrung zugezogen. Weinend saß der Fredi in der Kabine, er glaubte nicht mehr daran, dass er in Wembley dabei sein würde. Max Merkel aber gab nicht auf, schickte Heiß nach Düsseldorf zur Behandlung bei Nationalmannschaftsmasseur Erich Deuser, der auch nach London mitflog, wo er sich weiter um den Nationalspieler kümmerte. Und am Vormittag des Spieltags fiel dann die Entscheidung. Deuser erteilte grünes Licht für einen Einsatz von Fredi Heiß – Berti Kraus, der als Ersatzmann eingesprungen wäre, vernahm’s wiederum mit großer Enttäuschung.
Die Sechzger hatten in London im Kensington Palace Hotel Quartier bezogen und trainierten im nahegelegenen Hyde-Park. Wie locker es dabei zuging, belegt folgende Anekdote. Da bei einem Trainingskick keine gerade Anzahl von Spielern zur Verfügung stand, bat Merkel einen Journalisten der Süddeutschen Zeitung, der am Rande stand und eigentlich nur zusehen wollte, beim Spielchen mitzumachen, „damit’s aufgeht „, wie er sagte.
Trotzdem: Die gute Stimmung konnte nichts dran ändern, dass die Löwen in dieses Finale als krasser Außenseiter gehen würden. Kapitän Rudi Brunnenmeier aber machte sich und seinen Kollegen Mut. „Die erste halbe Stunde müssen wir überstehen, dann haben wir eine Chance“, meinte er.
Brunnenmeiers Einsatz war übrigens vor der Abreise nach London noch in Frage gestanden. Aber aus einem anderen Grund als bei Fredi Heiß. Der Mittelstürmer befand sich schon seit geraumer Zeit in einem Formtief, und Lästermaul Max Merkel schimpfte: „Der Rudi bringt ja aus fünf Metern keinen Ball mehr ins Tor.“ Dann aber brachte es der Löwen-Trainer doch nicht übers Herz, Brunnenmeier ausgerechnet in diesem Spiel auf der Bank sitzen zu lassen.
Und so führte der Mittelstürmer am Abend seine Löwen ins Wembleystadion, tauschte mit West Ham-Kapitän Bobby Moore die Wimpel, und dann ging’s los. Fredi Heiß spielte mit einem dicken Verband um den rechten Oberschenkel, jetzt galt’s durchzuhalten, denn Auswechslungen waren damals noch nicht erlaubt.
Vom sonst oft üblichen Abtasten in derlei wichtigen Spielen war nach dem Anpfiff des ungarischen Schiedsrichters Zsolt überhaupt nichts zu sehen. Vor allem die Engländer gingen ran, als wollten sie die Partie schon nach einer Viertelstunde zu ihren Gunsten entscheiden.
In der 2. Minute schon lag Petar Radenkovic nach einer Attacke von Brian Dear angeschlagen am Boden, kurz darauf flog Brunnenmeier nur um Haaresbreite an einem Flankenball von Hennes Küppers vorbei. Im Gegenzug rettet Radi im letzten Moment per Fußabwehr gegen Geoff Hurst. Dann stand Dear allein vor dem Löwen-Keeper, die West Ham-Fans hatten schon den Torschrei auf den Lippen, aber keine Gefahr für die Sechzger. Zsolt zeigte Abseits an. Und weiter ging‘s. John Sissons spielte Manni Wagner und Radenkovic aus, schlenzte jedoch den Ball am leeren Tor vorbei. In der 14. und 15. Minute zwei ganz dicke Chancen für Rudi Brunnenmeier. Aber der Löwen-Mittelstürmer scheiterte jedes Mal an Torhüter Jim Standen.
Trotzdem: Man sah deutlich, die Löwen hielten mit. Und die englischen Zuschauer staunten Bauklötze, was die Münchner für einen Torhüter zwischen den Pfosten stehen hatten. Drei Minuten vor der Pause prasselt der Beifall der 97.000 Zuschauer (davon 12.000 Löwen-Anhänger) über dem Radi nur so zusammen. Einen Mordsschuss von Dear faustet Radenkovic mit einer unglaublichen Parade aus dem oberen Winkel.
Somit stand’s zur Halbzeit 0:0. Blieb’s bei einem Unentschiedenen auch nach der Verlängerung, hätte Löwen-Stopper Hansi Reich seine Hochzeit verschieben müssen, die er für den 21. Mai terminiert hatte. An diesem Tag nämlich hätte auch das Wiederholungs-Finale in Rotterdam stattgefunden.
Nach der Pause war sofort wieder West Ham am Drücker. Geoff Hurst traf den Pfosten, Dear scheitert einmal mehr an Radi – noch waren die Sechzger im Rennen! Allerdings stellte sich immer mehr heraus, dass der angeschlagene Heiß nur mit halber Kraft spielen konnte. Trotzdem gab’s auch wieder Möglichkeiten für die Löwen. Aber Brunnenmeier scheiterte einmal mehr an Standen, der anschließend auch Peter Grosser nach einem Solo bremste.
In der 69. Minute der große Schock. Nach einer zu kurzen Abwehr von Otto Luttrop schnappte sich Ronnie Boyce den Ball, bediente Rechtsaußen Alan Sealey, und der knallte die Kugel unhaltbar unter die Latte. Zwei Minuten später machte erneut Sealey den Sechzgern den Garaus. Die gesamte Münchner Abwehr unterlief eine Flanke von Sissons und Sealey hatte keinerlei Mühe, den Ball über die Linie zu schieben. 2:0 – das war’s!
Der Traum vom Europacup-Gewinn war ausgeträumt für die Löwen, aber dennoch gab’s für die Münchner massenhaft Komplimente. „Eins der besten Spiele, das je in Wembley stattfand“, urteilt der „Daily Express“, und der „Daily Mirror“ titelte: „Ganz Europa sah, was Fußball sein kann.“
Und Petar Radenkovic kam auch schnell über die Niederlage hinweg. „Na gut“, sagte er, „wir haben verloren. Aber das große Erlebnis, in Wembley in einem Finale gespielt und dabei gut ausgesehen zu haben, das nimmt uns niemand mehr.“
Auch in München herrschte nicht lange Traurigkeit vor. Nachdem die Sechzger wieder in Riem gelandet waren, ging’s per Autokorso im Triumphzug in die Stadt, wo Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel die „Helden von Wembley“ auf dem Rathausbalkon empfing. Viele Spieler hatten einen Bowler auf, die traditionelle englische Kopfbedeckung, und damit auch die Lacher auf ihrer Seite.
Und ein gutes Geschäft hatte man zudem gemacht. 300.000 Mark kassierte der TSV 1860 aus den Zuschauereinnahmen. 100.000 Mark gab’s vom Fernsehgeld. Da konnte man abends im Bürgerbräukeller kräftig feiern. Petar Radenkovic gab seinen Hit „Bin i Radi, bin i König“ zum Besten, die Gedanken an die Niederlage traten immer mehr in den Hintergrund.
Einige Zeit später wurde der TSV 1860 für sein vorbildliches Auftreten mit dem Fairplay-Preis ausgezeichnet, eine Ehrung, die Manni Wagner auch viele Jahre später noch mit gemischten Gefühlen betrachtete: „Wenn wir nämlich genauso geholzt hätten wie in den Spielen gegen Turin, dann hätten wir den Europacup vielleicht gewonnen …“