MillernTon
·30 de enero de 2025
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Innenverteidiger Siebe Van der Heyden kommt leihweise zum FC St. Pauli. Dieser Transfer kommt überraschend, ergibt aber Sinn, wenn man sich den FCSP-Kader genauer anschaut.(Titelfoto: FC St. Pauli)
Eigentlich konnte man davon ausgehen, dass die Transferaktivitäten des FC St. Pauli in Sachen Zugänge in diesem Winter bereits abgeschlossen sein würden nach den Verpflichtungen von Noah Weißhaupt, James Sands und Abdoulie Ceesay. Doch die aktuelle Situation mit den Verletzungen von Lars Ritzka und vor allem Karol Mets machte diesen Transfer von Siebe Van der Heyden wohl notwendig.
Am 30. Mai 1998 erblickte Siebe Van der Heyden im belgischen Denderleeuw in Ost-Flandern das Licht der Welt. Mit seinem Wechsel zu Club Brügge 2008, im Alter von zehn Jahren, verließ er erstmals die Heimat, kam aber ein Jahr später schon wieder zurück und spielte fortan für den spielstarken RSC Anderlecht, unter anderem auch in der UEFA Youth League, wo man 2015/16 Arsenal und Barcelona ausschalten konnte. Er durchlief in sieben Jahren die Jugendteams des RSC bis zur U19, sah dann aber keine Perspektive im Herrenbereich und wechselte 2016 zum KV Oostende.
Zwei Jahre später hatte er in Oostende nur einen einzigen Erstligaeinsatz notiert, dazu eine gerade mal eine handvoll Kadernominierungen – die Profikarriere schien in weite Ferne gerückt. Das einzige Vertragsangebot in Belgien kam vom FC Knokke, einem Drittligisten.
Stattdessen aber wechselte Van der Heyden in die Keuken Kampioen Divisie, die 2. Liga der Niederlande, es ging zum FC Eindhoven. Dort lief es besser, er war Stammspieler in der Innenverteidigung. Dank zweier Gelb-Roter Karten und zusätzlich elf Gelber Karten schaffte er den kleinen Rekord, immerhin vier Mal gesperrt zu fehlen. Harter Innenverteidiger, das muss ja nichts Schlechtes sein.
Dies schmälert aber ohnehin seine Leistung nicht, die ihm die Rückkehr nach Belgien ermöglichte, wo er fortan für Royal Union Saint-Gilloise spielte, damals noch in der 2. Liga. Er kam in 13 Spielen zum Einsatz (erneut fünf Gelbe Karten), ehe er in der Folgesaison Stammspieler wurde und maßgeblichen Anteil an der errungenen Meisterschaft und dem damit verbundenen Aufstieg hatte.
Als Aufsteiger gewann das Team sensationell die Hauptrunde der Belgischen Liga, landete in der Meisterrunde am Ende aber „nur“ auf Platz zwei. 30 Pflichtspiele bestritt Van der Heyden in dieser Saison – und es kam noch ein weiteres, besonderes Spiel für ihn dazu: Im März 2022 wurde er für zwei Freundschaftsspiele in den Kader Belgiens berufen, beim 3:0 gegen Burkina Faso feierte er sein Länderspieldebüt. Er spielte die 90 Minuten durch, bis jetzt sollte es aber bei diesem einen Auftritt bleiben.Jenem Spiel aber ist es zu verdanken, dass wir in einem Video die Tattoos von Siebe Van der Heyden kennenlernen dürfen: YouTube
Wer jetzt denkt: „Oostende, Saint-Gilloise… daher kennt Blessin den!“ hat vielleicht dahingehend recht, dass Blessin Siebe Van der Heyden sicherlich aus dieser Zeit kennen wird. Zusammengearbeitet haben die beiden aber nur für wenige Tage Anfang Juli 2023. Denn Van der Heyden hatte Oostende schon verlassen, ehe Blessin zwei Jahre später dort begann. Bei Union Sain-Gilloise trat Blessin Anfang Juli 2023 sein Amt an, Mitte des Monats wechselte Van der Heyden nach Spanien. Gut möglich aber, dass diese zwei Wochen bleibenden Eindruck hinterließen.
Knapp 3 Millionen Euro Ablöse transferierte RCD Mallorca nach Belgien, für Van der Heyden ging es in die spanische „La Liga“. Auf elf Einsätze (viele davon im Pokal) kam er in der ersten Saison, in der aktuellen Spielzeit waren es nur noch zwei. Ursächlich dafür dürfte die taktische Umstellung bei Mallorca auf eine Viererkette gewesen sein, Van der Heyden passt mit seinen Fähigkeiten am besten links in eine Dreierkette. Die jetzt vollzogene Leihe dürfte also für alle Beteiligten sinnvoll sein.
Und wie in dem folgenden Video auf seinem Instagram-Kanal zu sehen ist, ist er auch durchaus textsicher bei Fangesängen. Im Interview mit humo.be streitet er aber ab, ein eventuelles Talent von seinem Vater, einem belgischen Schlagersänger, geerbt zu haben. Ohnehin (wir haben es im Tattoo-Video bereits gelernt), verdankt er alles in seinem Leben seiner Mutter.
Siebe Van der Heyden ist ein Verteidiger klassischer Ausprägung. So lassen sich zumindest die Worte vom Global Soccer Network zusammenfassen. Denn der 26-jährige hat seine Stärken ganz klar in den traditionellen Kern-Kompetenzen eines Innenverteidigers, Alexander Blessin würde ihn vermutlich, wie auch Karol Mets, als „Warrior“ beschreiben. Zweikämpfe führt er einige und das gerne am Rande der Legalität. Die Anzahl an Verwarnungen in seiner Karriere ist bemerkenswert. Sogar noch etwas bemerkenswerter, wenn man berücksichtigt, dass Van der Heyden zwar bei der Anzahl an Gelben Karten zu den Top5 der Liga zählt (in den Saisons 21/22 und 22/23), aber nicht bei der Anzahl an Fouls, wo er gerade mal so zu den Top30 gehört.
Doch auch die Top30 in der Foul-Statistik dürfte im Vergleich zu seinen neuen Team-Kollegen einen extremen Ausreißer bedeuten (siehe: „Selbstbewusste Selbstverständlichkeit“). Doch wie schnell man sich an Spielideen anpassen kann, zeigte just letztes Wochenende James Sands. In der MLS war er ebenfalls ein sehr aggressiver Spieler und alleine beim Spiel in Heidenheim wurde fünfmal ein Foul von ihm gepfiffen. Die Anzahl an Fouls gegen Union Berlin? Null.
Zurück zu Siebe Van der Heyden: Das Global Soccer Network sieht ihn als linken Innenverteidiger am stärksten. Er könnte aber auch als Linksverteidiger und Sechser spielen (was er auch beides im Herrenbereich bereits getan hat). Zu den Stärken des 26-Jährigen zählt eigentlich alles, was mit Defensivarbeit zu tun hat: Sein Kopfballspiel, sein defensives 1-gegen-1, das Tacklingverhalten. Zudem hat Van der Heyden laut GSN Stärken im Passspiel, wobei ihm seine guten technischen Fertigkeiten helfen. Allgemein zählen auch sein taktisches Verhalten, die Entscheidungsfindung und generell das Spiel ohne Ball zu seinen Stärken.
Verbessern kann sich Siebe Van der Heyden unter anderem in Sachen Konstanz. Zudem bezeichnet GSN seine Spielweise nicht unbedingt als mutig, was damit zusammenhängen könnte, dass er unter Druck nicht die beste Übersicht hat. Der aktuelle GSN-Index liegt bei 60.1 – damit zählt Siebe Van der Heyden laut GSN in die Kategorie „unterdurchschnittlicher Bundesligaspieler“.
Das Global Soccer Network gibt auch einen Wert zur „Team-DNA“ an, beziffert also, wie gut Van der Heyden mit seinen Fähigkeiten zum Spielsystem und der Spielphilosophie des FC St. Pauli passt. Dieser Wert liegt bei 75.8, was gut ist, aber durchaus Luft nach oben hat (richtig gute Werte starten bei 85+).
Wenn ihr Lust habt, dann vergleicht diese Einschätzung vom Global Soccer Network mal mit jener, die es zur Verpflichtung von Karol Mets gab. Die Stärken und Schwächen sowie das Leistungsniveau beider Spieler sind schon sehr ähnlich. Zudem sind beide eher schnelle Innenverteidiger, die aber etwas langsamer auf den ersten Metern sind. Mets ist aber noch etwas größer als Van der Heyden (1,91m vs. 1,85m). Diesen Größenunterschied macht Van der Heyden aber mit Sprungkraft wett, das Kopfballspiel zählt zu seinen Stärken.
Siebe Van der Heyden vorm Gästeblock in Leverkusen im April 2023, nach einem Unentschieden mit Saint-Gilloise. // (c) Lars Baron/Getty Images via OneFootball
Damit ist auch klar, dass die Verpflichtung von Siebe Van der Heyden eng mit der weiter andauernden verletzungsbedingten Pause von Karol Mets zusammenhängen dürfte. Beim FC St. Pauli fehlt es nämlich aktuell an Innenverteidigern, die den linken Fuß nicht nur als Standbein benutzen. Da wohl auch Lars Ritzka nun erstmal pausieren muss und Blessin auf der Pressekonferenz vor dem Union-Spiel von einem Rückschlag bei Mets berichtete, gab es auf dieser Position Bedarf.
Warum muss es unbedingt ein Linksfuß sein, der auf der linken Innenverteidiger-Position spielt? Weil dann die Passwinkel für das Aufbauspiel viel besser sind. Während man weiter vorne ja auch gerne einen Rechtsfuß auf die linke Seite stellt, ist das in der Innenverteidigung anders. Hier möchte man dem eigenen Team eine gewisse Breite geben, was nicht so gut funktioniert, wenn man den falschen Fuß auf der falschen Seite nutzt. Außerdem ist der linke Fuß bei Verteidigungsaktionen besser (also wenn man mit dem Gesicht in Blickrichtung eigenes Tor steht und einen Ball klären möchte), weil man sich nach außen drehen kann und der Ball trotzdem möglichst weit weg ist vom Gegner. Beim FC St. Pauli ist der Bedarf an einem Linkfuß vielleicht sogar noch ausgeprägter, weil mit Philipp Treu auf der linken Seite ein Rechtsfuß die Position des Außenverteidigers bekleidet.
Aus diesem Blickwinkel ergibt das Leihgeschäft total Sinn. Für alle Seiten, da der FCSP kurzfristigen (Linksfuß-)Bedarf hat, Van der Heyden sich endlich wieder mehr Spielzeit wünschen dürfte und Mallorca etwas mehr Spielraum beim Etat haben möchte. Fraglich ist aber natürlich, inwiefern Siebe Van der Heyden dem FC St. Pauli sofort helfen kann. Denn zwar hat er bei Mallorca stets mittrainiert, stand aber in den letzten 365 Tagen nur dreimal in einem Pflichtspiel auf dem Platz. Ihm fehlt es an Spielpraxis.
Das bedeutet aber natürlich nicht, dass Siebe Van der Heyden dem FC St. Pauli nicht auch schon sofort helfen könnte. Wie so oft in letzter Zeit handelt es sich auch bei dieser Verpflichtung um einen Spieler aus der Kategorie „Den Namen habe ich vorher noch nie gehört!“ (zumindest vermute ich, dass es vielen so geht). Und oft hatte man dann ziemlich schnell festgestellt, dass dieser Spieler, dessen Namen man vorher noch nie gehört hatte, plötzlich einer der Leistungsträger beim FC St. Pauli wurde. Das darf auch gerne dieses Mal wieder so sein.Herzlich Willkommen am Millerntor, Siebe Van der Heyden!// Tim & Maik
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