Vertikalpass
·24 de octubre de 2025
Zu brav für den Hexenkessel in Istanbul

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·24 de octubre de 2025

Der VfB verliert sein zweites Auswärtsspiel der Europa League in Istanbul, ohne die schlechtere Mannschaft zu sein. Weil er zwar den äußeren Umständen trotzt, jedoch international zu wenig aus ihren Möglichkeiten macht. Nicht zum ersten Mal.
Das Şükrü-Saracoğlu-Stadion ist eine Herausforderung. Fairness und Respekt kennt es nicht. Sportsgeist ein Fremdwort. Aber der VfB nahm den Battle an, hielt der hitzigen Atmospähre Stand, nahm den Dauerkrach und das Dauerpfeifen hin. Musste am Ende aber auch erkennen: Das war ok, aber zu wenig. Denn dreckig kann die Mannschaft nicht. Genau das wäre womöglich notwendig gewesen. Nichts anderes konnte Fenerbahce. Instanbul war nicht besser, sondern cleverer. Fener war direkter, wilder, theatralischer, cleverer, fieser.
Der VfB wollte sich von den äußeren Umständen nicht aus der Ruhe bringen lassen. Wollte die Nerven behalten. Wollte sich nicht auf das Niveau des Gegner begeben, „bei sich bleiben“ heisst das im Fußball-Sprech. Das gelang, der VfB blieb weitgehend stabil. Nicht unwahrscheinlich, dass ein bisschen mehr kalkulierte Emotion dem Stuttgarter Spiel gut getan hätte. Erst in der Nachspielzeit und nach Abpfiff zeigte das Team, dass es sich nicht alles bieten lässt, rudelte, provozierte. Zu spät.
Aber diese Art des Fußballs ist nicht die von Sebastian Hoeneß: „Wir haben mutig gespielt, genauso, wie wir spielen wollten“. Ein wildes Hin und Her, ein Kampfspiel, das wollte er nicht und das liegt seiner Mannschaft auch nicht. Wohingegen Sportvorstand Fabian Wohlgemuth meinte, dass es in Istanbul an Dingen gefehlt hätte, “die unangenehm sind für den Gegner und die der Schiedsrichter vielleicht gar nicht sieht.“ Ist das Team also zu brav? Meint er, die Mannschaft sei zu brav für den Hexenkessel in Istanbul?
Lange Zeit sah bis zum Strafraum vieles ansehnlich aus. Aber dann: viele Schleifchen im Spiel. Hier eine vermeintlich schöne Ablage, da ein Hackentrick, dort ein unnötiger Schnörkel. Ergebnis: kaum Durchsetzungsvermögen. Das Fehlen eines eindeutigen Neuners machte sich bemerkbar, der VfB besaß zu wenig Überzeugung, es fehlte ihm an Klarheit.
Außer bei zwei Szenen: Atakan Karazor hämmert einen Ball frei stehend von der Strafraumgrenze in den Instanbuler Himmel. Der Wille war da, überzeugt von seinem eigenen Schuss war er selbst nicht. Kurz vor Ende schiebt der eingewechselte Deniz Undav einen Querpass von Bilal El Khannouss neben das Tor – zurückhaltend, fast schüchtern. Hätte er doch in der Szene ähnlich druckvoll agiert wie beim Rudel am Spielende.
Das VfB-Team hat ohne Frage viel Talent. Macht aber in Spielen wie gegen Instanbul (ebenso in Basel) zu wenig daraus. War in den entscheidenden Szenen dämlich (Stiller-Foul vor dem Elfer) oder hatte Pech, als der Schiri den Elfer für die Brustringträger zurücknahm. Eine vielleicht irgendwie noch vertretbare Entscheidung nach der fünften Slomo, der Elferpfiff aber niemals eine klare Fehlentscheidung.
Zu positiv bewerten sollte der VfB den Auftritt nicht. Karazor sagte im Vorfeld, alle sollen das Auswärtsspiel genießen. Was mir deutlich zu wenig ist. Genießen heisst belohnen, genießen bedeutet zurücklehnen. Aber genießen beginnt für mich nach dem Spiel – wenn man es erfolgreich bestritten hat. Das gelang dem VfB nicht, weil sich dieses Mal keiner in der Top-Form der letzten Spiele befand. Weder Tiago Tomàs, noch El Khannouss oder der blasse Badredine Bouanani schwangen sich zum Unterschiedspieler auf.
So gelang VfB nach dem Rückstand kein Comeback gegen einen ekligen Gegner, der mit seinen Zuschauern die Grenzen der Unsportlichkeit austestete und darüber hinaus ging. Dass der VfB genau an dieser Ekligkeit scheitert, ist keine Überraschung. Er muss lernen, solche Spiele erfolgreich zu bestreiten.
Der VfB versuchte es auf seine Art, ließ sich nicht einschüchtern und auch nicht auf das Niveau des Gegners runter ziehen. Konzentrierte sich auf seine Stärken, versuchte es mit Coolness gegen die Leidenschaft von Fener. Aber so cool und vor allem so reif, seine eigenes Spiel in Zählbäres umzuwandeln, war es nicht. Nach Basel und Instanbul muss die VfB-Lernkurve steiler werden, um die Gruppenphase der Europa League zu überstehen.
Zum Weiterlesen: Danny Schöckle vergleicht auf ZVW das VfB-Spiel mit Schach – Fenerbahce trat dagegen so auf, “als wäre es ein Straßenkampf.”
Philipp Maisel vermisst in Instanbul “Ellbogenmentalität, Resilienz, Attitüde“ (Newsletter).
Bild: VfB
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