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·12 mars 2025
Bayer Leverkusen: Mission impossible

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·12 mars 2025
Vor diesem Achtelfinal-Rückspiel erinnert vieles an den 7. Mai 2019. An den FC Liverpool unter Jürgen Klopp, der damals im Halbfinale der Königsklasse einen 0:3 Rückstand gegen den FC Barcelona dreht. Sogar ohne seinen Topstar Mo Salah, der damals verletzt fehlt. Dieses 4:0 an der Anfield Road gilt unter Fußballfans seitdem als die Mutter aller Comebacks, in einem Atemzug mit dem Champions League-Finale 2005. Damals dreht der FC Liverpool ebenfalls einen 0:3 Rückstand, im Finale gegen den AC Mailand. Im Elfmeterschießen holt sich der LFC den Titel. Einer der Hauptakteure auf dem Rasen ist damals ein gewisser Xabi Alonso.
Der heutige Leverkusentrainer wird seiner Mannschaft mit absoluter Sicherheit nochmal Bilder dieser Spiele gezeigt haben. In die Kabine hängt sich die Werkself zudem ein Schild mit der Aufschrift „BELIEVE“. Ja richtig, wie in der Erfolgsserie Ted Lasso. Die Buchstaben „LEV“ sind dabei rot gefärbt. Große Gesten, schöne Erinnerungen, am Ende bringen sie wenig bis gar nichts.
Der FC Bayern ist in diesem Rückspiel so kalt wie das erste Eis des Jahres, das man an einem warmen März-Tag isst. Besonders abgebrüht ist dabei ein Spieler, dem das wahrscheinlich die Wenigsten zugetraut hätten: Joshua Kimmich ist an diesem Abend überall. Das 1:0 bereitet er mit einem fies gespielten Freistoß vor. Patrick Schick versucht diesen noch in der Luft zu verteidigen. Mit einer Bewegung, mit der ich mir alle vorhandenen Kreuzbänder gerissen hätte. Ohne Erfolg.
Immer wieder nervt Kimmich dabei seine Gegenspieler, allen voran Xhaka und Garcia, mit fiesen Tacklings. Mal bleibt er aber auch eine Spur zu lange auf dem Rasen liegen, um Leverkusen in seinem Rhythmus zu stören. Kategorie superschlau, Kategorie Leader. Kimmich will dauerhaft Neuers Kapitänsbinde übernehmen. Nicht nur wenn der erfahrene Torhüter, wie gestern, verletzt ist. Das ist mit Sicherheit auch einer der Streitpunkte bei den Vertragsverhandlungen zwischen dem Rekordmeister und dem Mittelfeldstrategen.
All das, was Kimmich in den letzten Jahren immer vorgeworfen wurde, zeigt er auf einmal. Mangelnde Flexibilität im Positionsspiel – kein Thema mehr. Kimmich spielt auf der 6er-Position, als hätte er sich dort ein Eigenheim erbaut.
Keine Schärfe in den Standardsituationen – schon im Hinspiel knallt Kimmich die Ecken mit einem Schnitt und einer Wucht in den Strafraum, das nicht nur den Leverkusenern schwindelig wurde. Auch seine Freistöße sitzen inzwischen, wie er eindrucksvoll beim Führungstor beweist.
Zu viel Biss – aus „verbissen“ ist „bissig“ geworden. Noch in seiner ZDF-Doku wirkt Kimmich oft zu ehrgeizig, fast verkrampft. Im Rückspiel gegen Leverkusen erlebt man ihn im Rahmen seiner Möglichkeiten locker. Auf jeden Fall abgeklärt.
Es bleibt abzuwarten wie sich der deutsche Nationalspieler nach der erfolgreich abgeschlossenen Vertragsverhandlung verhält. Spielt er weiter so, kann er Bayern ins Finale Dahoam 2.0 führen. Das hätte man nach den Niederlagen in Birmingham bei Aston Villa und in Rotterdam bei Feyenoord, wohl kaum gedacht.
Und Leverkusen? Verabschiedet sich mit Anstand aus diesem Wettbewerb. Ohne Florian Wirtz wirkt das Team von Xabi Alonso zwar sehr entschlossen, aber wie würden die jungen Leute sagen, auch irgendwie „lost“. Wie Xhaka und Palacios dieses Spiel immer wieder an sich reißen und Schick in Szene setzen, ist zwar beachtlich. Am Ende wirkt das Ganze aber ein bisschen wie ein Zauberer ohne Zauberstab. Die Tricks sitzen, aber die Magie fehlt.
Ich verfolge diese beiden Spiele jeweils von der Pressetribüne. Dieser Wettbewerb hat auch auf mich immer noch eine unglaubliche Wirkung, die schon etwas mit mir macht. Die Champions League ist und bleibt das Konzert der ganz Großen. Der FC Bayern fühlt sich in diesem Konzert scheinbar sehr wohl, will sogar bis zum Schluss die 1. Geige spielen.
Ob der kommende Gegner der Bayern, Inter Mailand, dagegen ein Mittel hat und dem Rekordmeister das Klangerlebnis versaut, das erfahrt ihr in der nächsten Ausgabe meiner Kolumne „Königsklasse hautnah“. Wir hören und lesen uns im Viertelfinale.
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