FC Bayern München
·8 novembre 2025
Bayerns Mentalität als Schlüssel zum späten Ausgleich in Köpenick

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·8 novembre 2025

Die größte Frage, es war ja die nach der Frische nach dem großen Kampf von Paris 45 Minuten lang in Unterzahl. Nur vier Tage nach dem triumphalen 2:1-Erfolg beim Titelverteidiger der Champions League ging es in die nächste, in die deutsche Hauptstadt zu Union Berlin – einer unangenehmen Mannschaft in einem stimmungsvollen Stadion, gegen die im Vorjahr nicht mehr als ein 1:1 herausgesprungen war für den FC Bayern. Und auch diesmal gab es keinen Bayern-Auswärtssieg in Köpenick: Beim 2:2 (1:1) erzielte der deutsche Rekordmeister den Ausgleich erst in der dritten Minute der Nachspielzeit.
„Aufgrund des Spielverlaufs ist es ein gewonnener Punkt. Wir wussten, dass es ein schwieriges Spiel mit vielen Zweikämpfen und Standardsituationen wird“, meinte Christoph Freund, der Sportdirektor. „Union hat das sehr gut gemacht, sie waren sehr aggressiv.“

Es schien fast ein wenig so, als hätte der Cheftrainer Vincent Kompany den Samstagnachmittag im Vorfeld genau so kommen sehen, wie er dann auch eintraf: Union präsentierte sich nicht eingeschüchtert, sondern von den lauten Gesängen einer eindrucksvollen Atmosphäre an der Alten Försterei aufgepeitscht und bis in die Haarspitzen motiviert. Ja, der Rangzehnte dachte erst gar nicht daran, sich im Kräftemessen mit dem Tabellenführer zu fügen, der in diesem Aufeinandertreffen seinen 17. Pflichtspielsieg im 17. Pflichtspiel jagte, den zehnten Dreier im zehnten Bundesligaspiel dieser Saison. Nein, Berlin fightete von Minute eins um jeden Zentimeter des hier und da ramponierten Rasens – ohne dies aber mit unfairen Mitteln zu tun. „Ich habe meine Spieler zum Glück drei Tage auf dieses Spiel vorbereitet“, meinte Kompany: „Ich habe das erwartet, ich war überhaupt nicht überrascht. In der ersten Halbzeit waren wir nicht im Spiel. Das war viel zu wenig von uns.“
Bayern merkte man die Schwierigkeit an, nach den Lobeshymnen nach dem glorreichen 2:1 in der Champions League in Paris den Hebel umzulegen und Fußball auch in Köpenick noch zwei weitere Hälften lang im Maschinenraum zu arbeiten, anstatt auf der Bühne zu zaubern. So war Union wacher, reaktionsschneller und, so schien es, bis ins Detail und in aller Ruhe vorbereitet auf das Gastspiel des deutschen Meisters. Berlin bot defensiv kaum Räume, Berlin zog die Maschen im Mittelfeld fast luft- und wasserdicht zu – und Berlin rackerte nicht nur, es spielte auch nach vorne: Ilyas Ansah köpfte an seinem 21. Geburtstag nach dem zweiten Eckball der Eisernen zur Führung ins Tor – Glück für den FC Bayern, das der Angreifer beim Zuspiel hauchzart im Abseits gestanden hatte (neunte Minute).
Der Schreck allein reichte aber noch nicht, um etwas träge wirkende Bayern aufzuwecken. Im Gegenteil: Wieder jubelte Union, diesmal zählte der Treffer. Danilho Doelki hatte verdeckt von der Strafraumgrenze abgezogen. Das 1:0 bedeutete Neuland für den FC Bayern in dieser Saison: Es war der erste Rückstand der Mannschaft nach 836 Spielminuten, erstmals auch lag der Rekordmeister in dieser Saison wettbewerbsübergreifend in Halbzeit eins hinten. Und bei einem Blick auf die Statistik war dies nicht einmal unverdient: 5:0 Torschüsse, 68:32 Prozent Ballbesitz, 3:0 Ecken, 8:2 Flanken hatte Union bis dahin gesammelt – die Bayernfans mussten sich die Augen reiben!
Nun aber nahmen die Gäste den Kampf von Köpenick mehr und mehr an, drückten Union in die eigene Hälfte und hatten endlich die ersehnten, langen Ballbesitzphasen. Erst in der 33. Minute kam der Meister durch Harry Kane jedoch zum ersten Abschluss – in keinem anderen Saisonspiel gab der FC Bayern so spät seinen ersten Schuss ab. Weil sich aber weiter keine Räume in der Berliner Defensive ergaben, musste ein Geniestreich herhalten: Ein eigentlich ungenaues Zuspiel von Josip Stanišić ergrätschte sich Luis Díaz an der gegnerischen Torauslinie und jagte den Ball fast aus dem Nullwinkel über den Scheitel von Union-Keeper Rönnow unter die Latte zum Ausgleich. Sechs Ligatore und vier Assists von Lucho – beim FC Bayern wurde das bislang in den ersten zehn Bundesliga-Spielen für einen Verein nur von Harry Kane (20) und Miroslav Klose (13) in Sachen Torbeteiligungen überboten.
Und Diaz hatte gar noch die Riesenchance auf Saisontor Nummer zwölf, doch nach starken Zuspiel von Kane blieb der Wirbelwind auf dem Weg Richtung Tor im Rasen hängen, sein Torschuss im Eins-gegen-Eins mit dem Union-Keeper flog somit weit am Pfosten vorbei. Der FC Bayern war nun endlich im Spiel angekommen, Union taumelte – und fiel sogar: Nach Olise-Gewaltschuss sprang der Ball von Rönnow zu Dayot Upamecano, dessen wohl ins Toraus trudelnden Direktversuch staubte Harry Kane zur Führung ab, jedoch aus Abseitsposition.

Nun endlich aber neigte sich die Waage zugunsten der Favoriten: Ballstafetten, Zweikämpfe, Kombinationen, Druck, Effektivität, Aggressivität – das alles zeigten nun auch die Bayern, jedoch hatte sich Berlin, unaufhörlich angepeitscht von seinen lauten Fans, längst festgebissen: 75:25 Prozent Ballbesitz zugunsten der Gäste, 231:75 gespielte Pässe, eine Passquote von 87:57 – alles sprach nun mehr und mehr für ein nahendes Führungstor der Münchner. Doch Berlin lief nicht nur in Summe fünf Kilometer mehr, Berlin hielt hinten auch weiter dicht. Und Berlin hatte das Glück des Tüchtigen: Nach einer Freistoßflanke wollte Kane im eigenen Strafraum klären, köpfte den Ball aber unglücklich Danihlo Doekhi aufs Knie, der Doppelpacker fackelte nicht lang: 2:1 Union (83.).
„Es ist nicht einfach gegen den Gegner, der dann wirklich jeden Ball lang schlägt, der versucht, viel auf die zweiten Bälle zu gehen, viel über Standards zu kommen, wo sie wirklich ihre Stärken haben und auch zu Chancen gekommen sind“, meinte Joshua Kimmich: „Und da ist es nicht einfach, dagegen zu halten.“
Den bayerischen Angriffswind für die Schlussminuten aber brachte das Gegentor nicht etwa zum Erliegen. Nein, der FC Bayern machte sich nun auf, einen regelrechten Sturm Richtung Berliner Tor zu entfachen – angetrieben von Willen, von Stärke, von unbändigem Glauben an das eigene Können und das Ausgleichstor. Und so fiel es dann auch: Eine mustergültige Flanke des eingewechselten Tom Bischof fand den einmal alleingelassenen Harry Kane, der den Ball per Kopf in der Nachspielzeit über die Linie zwang – das 2:2, das 19. Saisontor des Engländers und Treffer 75 im 73. Pflichtspiel für den FC Bayern! Das Tor, es war ein Musterbeispiel an brutaler Mentalität und Qualität des FC Bayern. „Es war ein schweres Spiel. Aber wir wussten, was uns erwarten würde“, meinte Harry Kane abgekämpft. „Wir mussten kämpfen und ruhig bleiben – und das haben wir gemacht. Es war nicht unsere beste Leistung heute, aber trotzdem haben wir am Ende ein Remis geholt.“
So blieb am Ende zwar nicht der 17. Sieg im 17. Pflichtspiel – dafür aber immerhin das 19. Bundesligaspiel in Folge ohne Niederlage. So sah es auch Christoph Freund: „Am Ende des Tages ist es ein Punktgewinn! Die Mannschaft hat eine super Mentalität gezeigt, den späten Ausgleich erzielt und die Spieler gezeigt, dass sie nicht verlieren wollen.“ Joshua Kimmich freute sich, dass „es momentan viel braucht, um uns zu schlagen: Es ist nicht einfach, man muss 97 Minuten überstehen. Für uns war es wichtig, dass wir das Spiel nicht verloren haben.“ Und Manuel Neuer verabschiedete sich mit einer sehr wichtigen Erkenntnis dieses Last-Minute-Tores in die Länderspielpause: „Der Glaube“, verriet der Kapitän, „der ist immer da in unseren Köpfen.“









































