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FC Bayern München

·2 novembre 2025

Der neue Pariser Chic

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Paris hat sich radikal verändert – und PSG gleich mit. Während die Metropole auf nachhaltige Mobilität und grüne Architektur setzt, verabschiedete sich der Vorzeigeclub vom Starkult und holt plötzlich Titel im Kollektiv. Vor dem Gastspiel am 4. November haben wir vor Ort entdeckt, wie Fußball und Stadtleben neu erfunden werden.

Für einen Club mit einem derart vollen Trophäenschrank ist Paris Saint-Germain erstaunlich jung. Der Verein wurde erst im Jahr 1970 gegründet – gerade einmal fünf Jahre bevor der FC Bayern um Franz Beckenbauer und Gerd Müller im Parc des Princes gegen Leeds United zum zweiten Mal in Folge den Europacup der Landesmeister gewann. Und doch hat PSG in seiner kurzen Geschichte bereits drei europäische Pokale und insgesamt 32 große Titel gewonnen und sich immer wieder neu erfunden. Zuletzt radikaler denn je.


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Der Verein stand lange Zeit für Megatransfers, Mil­lionengehälter und den Einzelspielerkult: von David Beckham über Zlatan Ibrahimović bis zu Neymar, Messi und Mbappé. Doch erst nachdem die Superstars sich verabschiedet haben, gelang dem Team von Luis Enrique vor einem halben Jahr der ersehnte Champions League-Triumph in der Allianz Arena. PSG setzt heute auf das Kollektiv und nachhaltige Talent­entwicklung. Und passt damit perfekt zu Paris.

Denn nicht nur der Club hat sich verändert. Auch Paris selbst zeigt ein neues Gesicht. Die Metropole, weltberühmt für ihr kulturelles Erbe, erlebt einen urbanen und gesellschaftlichen Neustart. Seit vergangenem Dezember ist die Kathedrale Notre-Dame nach dem katastrophalen Brand wieder eröffnet und prägt das Stadtbild strahlender denn je. Im Sommer 2024 setzte man mit den grünsten Olympischen Spielen Maßstäbe in Ökologie und Mobilität. Die Parallelen sind offensichtlich: ein Verein, der sich neu aufstellt, in einer Stadt, die sich selbst neu denkt. PSG ist Paris – und Paris ist PSG.

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Die neue Notre-Dame ist zurück im Herzen von Paris – und zieht täglich Tausende Besucher an.

Der Lerneffekt der Niederlage

Wie kam es zu dem Wandel? „Die PSG-Verantwort­lichen waren klug genug, um zu verstehen, was sie ändern mussten“, sagt Stéphane Bitton, Journalist, PSG-Chronist und Dozent an der Paris School of Sports. Durch die bitteren Niederlagen in der Cham­pions League gegen Real Madrid, Barcelona, Bayern München und Manchester United wurde ihnen offenbar klar, dass der Fokus auf Megastars der falsche Weg war. PSG hatte lange Zeit mehr Erfolg im Marketing­bereich mit Flagship-Stores weltweit. Das Messi-Trikot war ein begehrtes Fashion Item, aber in den Play-offs der Königsklasse setzte es dann doch immer wieder Niederlagen gegen den alten Club-Adel aus München, Madrid und Manchester. Ganz Europa habe über PSG gelacht, so Bitton. Aber das ist seit dem 5:0-Triumph gegen Inter Mailand vorbei.

„Die Verantwortlichen haben sich die Profile der Mannschaften angesehen, die in den vergangenen zehn Jahren die Champions League gewonnen haben, und jedes Mal – mit Ausnahme von Real Madrid – machte das Kollektiv den Unterschied, wie etwa auch bei Bayern München“, erklärt Bitton. „Das hat sie inspiriert. Seit zwei Jahren wird intelligent rekrutiert – mit einer neuen Transfer­politik, die voll und ganz Früchte trägt.“ Auch FCB-Aufsichtsrat Karl-Heinz Rummenigge lobte im „kicker“ zuletzt die Reformen von PSG: Obwohl man die Gehaltsstruktur reduziert habe, holte man den größten Titel – damit könne PSG auch ein Vorbild für den FC Bayern sein.

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PSG-Chronist Stéphane Bitton, geboren in Stadionnähe, begleitet den Club seit Jahrzehnten.

Globale und lokale Strahlkraft

Der PSG-Experte Stéphane Bitton ist eng mit dem Club verwachsen. „Ich bin in der Klinik des Parc des Princes geboren“, erzählt er, „und habe immer in der Nähe des Stadions gewohnt – maximal 600 Meter entfernt.“ Vor jedem Umzug habe er sich als Erstes einen Stadtplan von Paris angesehen, um nicht zu viel Distanz zwischen dem Parc des Princes und seiner Wohnung zu erlauben. „In der Umgebung des Stadions gibt es viel Leben, Geschäfte, Sportstätten. Wir sind schließlich mitten in der Stadt.“ Das Motto von PSG lautet: „Ici c’est Paris.“ – Das hier ist Paris. Deshalb wollen auch alle Fans, dass der Club im Parc des Princes bleibt und kein neues Stadion außerhalb der Stadt baut, so Bitton. „Es umzubauen und zu renovieren, wäre die perfekte Wahl.“

In den vergangenen Jahren hat sich PSG zu einem echten Weltclub entwickelt. Kein Wunder. In Paris wird seit Jahrhunderten entschieden, welche Modetrends und Materialien gerade „en vogue“ sind. Das PSG-Logo ist nun fast so populär wie das von Louis Vuitton oder Chanel. PSG ist längst Teil der Megamarke Paris – schick, avantgardistisch, kosmopolitisch. Und dank der neuen Strategie und des Kollektivgedankens besteht durchaus die Chance, dass es sich dabei nicht um einen kurzfristigen Modetrend handelt, sondern um einen Verein, der eine Ära prägt.

PSG ist nicht nur der Club der Stadt, sondern der gesamten Île-de-France mit ihren zwölf Millionen Einwohnern. „Der Verein weiß, woher er kommt und was er in der ganzen Region bedeutet – insbesondere für junge Menschen“, sagt auch der Brasilianer Raimundo Souza Vieira de Oliveira, besser bekannt als Raí. Zwischen 1993 und 1998 prägte der Spiel­macher das Pariser Team mit großer Eleganz und erzielte 72 Tore in 215 Pflichtspielen. Raí war kein spektakulärer Fußballer, sondern ein Mittelfeldmotor, der seine Mitspieler mit präzisen Pässen und guten Ideen besser machte. Er hat Paris zum Träumen gebracht – und weit über den Fußball hinaus inspiriert. Noch heute ist Raí zweifellos der bekannteste Brasi­lianer in Paris, zu vergleichen mit Giovane Élber in München. „Ich habe diese Stadt vom ersten Tag an geliebt. Ich bin zu 100 Prozent Pariser geworden“, sagt er.

Den Ex-Spieler trifft man am ehesten im schicken Viertel Le Marais, auf dem Place de la Bastille oder entlang des Canal Saint-Martin. „Eines der Dinge, die ich an Paris am meisten bewundere, ist der Wille, Dinge voranzubringen“, sagt er. Während in seiner Heimat Brasilien und an vielen anderen Orten der Welt die Mittel für Bildung, Forschung und Umweltschutz gekürzt werden, „würdigt man in Paris menschliche und sportliche Werte“.

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Grüne Inseln in der Stadt

Die Farben von PSG sind Blau, Weiß und Rot. Aber eigentlich würde Grün auch gut passen. Auf dem Pariser Rathausplatz wächst seit diesem Jahr ein kleiner Wald: Eichen, Hainbuchen und Feigenbäume, Büsche und hohe Gräser. Es ist angenehm kühl und frisch hier – und das ist auch der Sinn hinter den vielen Begrünungsprojekten in Paris. Die Stadtwälder und Alleen sollen in den heißen Sommern den Bewohnern kleine Kühlinseln bieten und die Stadt resilienter machen gegen den Klima­wandel. Nur ein Beispiel für viele nachhaltige Projekte, die die Bürgermeisterin Anne Hidalgo vorantreibt: Das Seine-Ufer ist seit einiger Zeit eine autofreie Zone, und es wurden viele Fahrrad-Highways angelegt – Paris hat die größte Leihfahrrad­flotte Europas, auf denen die Pariser elegant gekleidet und gut gelaunt umherzischen.

Die Olympischen Spiele 2024 hallen noch immer nach, findet auch Raí: „Es waren wunderbare Momente – mit Leichtigkeit, Eleganz und einer Ausstrahlung, die ihresgleichen sucht. Auf dieser Welle ist dann PSG weiter­geritten, als hätte es eine Art Gedankenübertragung gegeben.“ Auch Stéphane Bitton ist überzeugt, dass die Olympischen Spiele den Weg von PSG entscheidend geprägt haben. „Die Bosse haben erkannt, wie wichtig das Image heute ist – und dass Werte wie Bescheidenheit, Mut und Identifikation eine enorme Rolle spielen.“ Und sie achteten darauf, dass die Spieler den passenden Charakter und die richtige Haltung haben – „dass man seine Ziele nur als Mannschaft erreicht“.

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Junge Pariser zeigen sich im PSG-Trikot. „Vor Kurzem noch unvorstellbar – heute ein Zeichen von Stolz“, sagt Stéphane Bitton.

Der neue Campus: ein Meilenstein

Paris bringt seit Langem mehr Top-Talente hervor als jede andere Stadt. Immer häufiger schaffen es junge Spieler wie Zaïre-Emery in die Startelf. Und PSG hat 2024 ein neues Nachwuchszentrum in Poissy eröffnet, im Nordwesten der Stadt. 300 Millionen Euro kostete der Campus, der sich über 59 Hektar erstreckt und modernste Einrichtungen für Männer-, Frauen- und Jugendmannschaften bietet. Mit Hightech-Ausstattung für Vorbereitung und Regeneration der Spieler ist der Standort ein Meilenstein in der Entwicklung von PSG.

Direkt neben dem Fitnessbereich steht die „Bildungsstadt“ mit hellen Unterrichtsräumen, einem naturwissenschaftlichen Labor und 33 fest angestellten Lehrkräften. „Das Ziel ist es, sportliche, pädagogische und sozialpädagogische Aspekte miteinander zu verbinden“, erklärt Geschäftsführer Victoriano Melero. „Wir wollen auf dem Campus junge Menschen mit Sozialkompetenz ausbilden, die das Image von PSG mitprägen.“

Trainer Luis Enrique fühlte sich so wohl auf dem Campus, dass er dort monatelang wohnte, ehe er mit seiner Familie in die Innenstadt zog. „Das neue Trainingszentrum ist wunderschön“, schwärmt Bitton. „Mit modernster Technik – und einem Hotel für die Spieler. Hier bereiten sich Achraf Hakimi, Ousmane Dembélé und ihre Kollegen in aller Ruhe auf Heimspiele vor, vollkommen abgeschirmt von Außen­geräuschen.“

Und was hat sich generell in der Stadt seit dem Champions League-Finale am 31. Mai verändert? „Als Lehrer sehe ich immer mehr Studenten mit PSG-Trikots im Unterricht“, sagt Bitton. „Vor wenigen Monaten noch unvorstellbar. Heute ist es ein Zeichen von Stolz.“ Auch die Sprache spielt eine Rolle. „Früher gab es kaum Spieler, die Interviews auf Französisch gaben. Heute sprechen alle Französisch. Das kommt an – weil die Fans merken, dass sich diese Spieler wirklich mit dem Verein identifizieren.“

So wie sich Paris in den vergangenen Jahren neu erfunden hat, hat auch PSG eine neue Haltung gefunden. Club und Stadt spiegeln einander in ihrem neuen Selbstverständnis. PSG ist Paris – und Paris ist PSG.

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