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SV Werder Bremen

·6 mai 2025

„Es ist etwas Besonderes, etwas fürs Leben“

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Schulz und Bernard holten 1965 gemeinsam die erste Werder-Meisterschaft (Foto: W.DE).

Hans Schulz und Günter Bernard über das 60-jährige Meisterschaftsjubiläum

Am 8. Mai 1965 holte der SV Werder den ersten Deutschen Meistertitel der Vereinsgeschichte an die Weser. Zum 60-jährigen Jubiläum erinnern sich Torwart-Legende Günter Bernard (85) und Werder-Idol Hans Schulz (82) an diesen historischen Meilenstein für die Grün-Weißen.


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WERDER.DE: Der 3:0-Erfolg gegen Borussia Dortmund und das zeitgleiche 0:0 des 1. FC Köln gegen den 1. FC Nürnberg sicherten bereits am vorletzten Spieltag der Saison den Titel. Welche Erinnerungen haben Sie an den 8. Mai 1965?

Günter Bernard: Nur gute… (lacht) Es gibt dieses Foto, auf dem wir alle hochspringen, als wir vom 0:0 der Kölner erfahren und damit wussten: Jetzt sind wir Deutscher Meister. Das war für mich der schönste Moment.

Hans Schulz: Das kann ich bestätigen.

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Ein legendärer Jubel, der in Erinnerung bleibt (Foto: imago).

WERDER.DE: Wie wurde danach gefeiert?

Günter Bernard: Wir haben damals nach jedem Spiel noch zusammengesessen, an diesem Tag ein bisschen länger (lacht), ein feucht-fröhlicher Abend. Wir hatten diesen Titel zwar nach einer starken Saison verdient. Insgesamt war es aber eine große Überraschung, mit der vorher niemand gerechnet hatte.

Hans Schulz: Man konnte an diesem Tag in der Mannschaft spüren, dass wir siegessicher waren und davon überzeugt, dass wir es am Ende schaffen, ganz oben zu stehen. Dementsprechend hatten wir – ehrlich gesagt – ein paar Vorbereitungen getroffen für den Fall, dass der Titel schon an diesem Tag feststehen würde (schmunzelt).

WERDER.DE: Unabhängig vom 8. Mai – welche Erinnerungen sind insgesamt aus der Meistersaison über die Jahre am meisten präsent geblieben?

Günter Bernard: Dass in unserer damaligen Mannschaft einer für den anderen gekämpft hat. Es herrschte ein starker Zusammenhalt. Auch privat waren wir eine eingeschworene Truppe.

Hans Schulz: Ich erinnere mich besonders an unseren Trainer Willi, genannt „Fischken“, Multhaup. Als er zu Beginn der Bundesliga im Jahr 1963 zu Werder kam, sagte er in einem Interview: Ich brauche zwei Jahre, um aus Werder eine Klasse-Mannschaft zu machen. Viele haben darüber geschmunzelt. Aber es ist eingetreten. Er hat sich den Kader am Anfang angeschaut und uns dann geformt. Im ersten Jahr wurden wir Zehnter, im zweiten Jahr Deutscher Meister. Ein erstaunlicher Weg, an dem der Trainer einen großen Anteil hatte.

Der Grundstein wurde tatsächlich bei unserer Amerika-Reise gelegt. Dort haben wir uns als Mannschaft gefunden.

Hans Schulz

WERDER.DE: Sie haben die Gründung der Bundesliga 1963 erwähnt. Welche Bedeutung hatte sie damals für den deutschen Fußball?

Hans Schulz: Man kann sagen: Die Fans haben darauf gewartet. Vorher gab es fünf Oberligen. Die Neugier und die Begeisterung für die gesamtdeutsche Liga waren enorm. Auch wenn es noch nicht die heutigen Zuschauerzahlen gab – das Interesse war gewaltig, alle haben sich auf die Bundesliga gefreut.

WERDER.DE: Die erste Spielzeit endete für Werder auf Rang zehn. Wie war der Aufschwung im zweiten Jahr zu erklären?

Günter Bernard: Wir sind nach der ersten Saison in die USA geflogen, haben bei einem Turnier gegen Engländer, Brasilianer gespielt und gewonnen. Schon da haben wir gemerkt, was in unserer Mannschaft steckte. Dazu kam, dass wir im zweiten Jahr mit Heinz Steinmann, Klaus Matischak und Horst-Dieter Höttges drei sehr starke Spieler dazubekamen.

Hans Schulz: Der Grundstein wurde tatsächlich bei unserer Amerika-Reise gelegt. Dort haben wir uns als Mannschaft gefunden. Für mich persönlich war es damals eine Sensation, dass Multhaup zu mir sagte: Hans, du fliegst mit nach Amerika. Ich kam zum Flughafen, und auf einmal stand Klaus Matischak vor mir. Seine Verpflichtung war damals eine Sensation.

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Bernard und Schulz schwelgen gerne in ihren Erinnerungen (Foto: W.DE).

WERDER.DE: Was zeichnete Willi Multhaup als Trainer besonders aus?

Günter Bernard: Er war menschlich, hatte Humor, war diplomatisch, hat nie „draufgehauen“ auf die Mannschaft. Das war seine Stärke. Er konnte mit seinen Spielern sehr gut umgehen.

Hans Schulz: Er war eine großartige Persönlichkeit, immer elegant gekleidet. Als Spieler hatte man vor ihm von der ersten Sekunde an Respekt. Und er hatte taktisch eine Menge drauf.

WERDER.DE: Ihr Status im Team war damals unterschiedlich – der gestandene Torwart Günter Bernard und das junge Talent Hans Schulz aus dem eigenen Nachwuchs. Was mussten junge Spieler damals machen?

Hans Schulz: Wir mussten die Tore tragen… (lacht)

Günter Bernard: Das stimmt, die Jungs mussten sich erstmal ihre Sporen verdienen. Aber es blieb immer in einem respektvollen Rahmen. Wir Älteren haben uns um die Jungen gekümmert, auch wenn mal jemand außerhalb des Platzes Probleme hatte.

Hans Schulz: Als junger Spieler bin ich damals mit sehr viel Respekt in die erste Mannschaft mit ihren vielen großartigen Persönlichkeiten gekommen. Auch wenn das schon als Kind mein Ziel war. Schließlich war mein Vater zu Oberliga-Zeiten viele Jahre Trainer des SV Werder. Ich erinnere mich daran, dass wir in der Schule gefragt wurden, was wir später werden wollen. Ich sagte damals: Ich will Fußballspieler werden. Und die Lehrerin mahnte: Hänschen, das ist kein Beruf. Ich wusste aber schon als Kind, dass die Spieler jeden Monat Geld bekamen. Ich wollte unbedingt im Weserstadion spielen. Alle waren skeptisch, es war nicht einfach. Aber ich wollte mich durchsetzen.

Wir wurden trotz strömenden Regens von 100.000 Menschen in Bremen empfangen.

Günter Bernard

WERDER.DE: Dafür endete Ihre Werder-Zeit recht schnell. 1966 wechselten Sie zum Hamburger SV…

Hans Schulz:(überlegt) Ich versuche es mal zu erklären: Mein Vertrag lief damals aus, das Saisonende kam immer näher. Aber kein Verantwortlicher von Werder kam auf mich zu, um den Vertrag mit mir zu verlängern. Hansi Wolff war damals ein erstklassiger Geschäftsführer, seiner Zeit weit voraus.

Günter Bernard: Ein echtes Schlitzohr…

Hans Schulz: Später stellte sich heraus, dass er und alle anderen davon ausgegangen waren: Der Hans bleibt sowieso. Auch weil mein Vater damals im Vorstand saß. Ich bekam in der Meistersaison 250 Mark im Monat, war zwischenzeitlich Junioren-Nationalspieler, plötzlich kamen andere Vereine auf mich zu. Und irgendwann besuchte mich Uwe Seeler persönlich in Bremen. Er hatte von Günter Mahlmann, dem damaligen Geschäftsführer des HSV, den Auftrag, mit mir zu sprechen. Ich weiß noch, wie er bei Hertie, wo ich halbtags in der Herrenkonfektionsabteilung arbeitete, die Rolltreppe hochkam. Es gab ein Raunen um mich herum. Seeler kam direkt auf mich zu. Ich glaube, ich bin rot angelaufen. Er war für mich ein absolutes Vorbild. Er sagte zu mir, dass der HSV mich verpflichten will. Also bin ich nach Hamburg gefahren und habe mich letztlich für den Wechsel entschieden. Mir hat das Herz geblutet. Ich wollte nie von Werder weg. Aber ich hatte meinen Stolz. Der Verein hat mich sozusagen am langen Arm verhungern lassen. Mein Herz blieb aber immer bei Werder.

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Werder wurde drei weitere Male 1988, 1993 und 2004 Deutscher Meister (Foto: W.DE).

WERDER.DE: Wie wurden Sie Torwart, Herr Bernard?

Günter Bernard: Schon als ich sieben Jahre alt war, stand ich in der ersten Schüler-Mannschaft im Tor und habe in der zweiten Mannschaft im Feld gespielt.

Hans Schulz: Du warst auch später ein ausgezeichneter Feldspieler…

Günter Bernard: Aber ich wollte immer ins Tor, habe schnell in Auswahlmannschaften gespielt, 1962 den Sprung in die Nationalmannschaft geschafft. Trotz meiner nur 1,79 Meter. Viele können das heute nicht mehr glauben. Aber ich konnte mit Stellungsspiel und Sprungkraft einiges ausgleichen.

WERDER.DE: Heute ist das Weserstadion bei jedem Spiel ausverkauft, daran war damals noch nicht zu denken. Welchen Stellenwert hatte der Fußball in den 1960er-Jahren in Bremen?

Hans Schulz: Es war tatsächlich eine ganz andere Zeit. Es gingen zum Beispiel keine Frauen zum Fußball. Auf den alten Bildern sieht man im Stadion nahezu ausschließlich Herren, zumeist mit Hut. Die Topspiele gegen den HSV, Köln, 1860 München waren schon damals gut besucht, da war das Stadion voll. Aber wir haben auch im Meisterschaftsjahr zum Teil vor 14.000 oder 15.000 Zuschauern gespielt. Heute sind die Fußballer Popstars. Wir wurden damals auch hofiert, hatten in Bremen viele Vorteile als Bundesliga-Fußballer und haben für damalige Verhältnisse nicht schlecht verdient. Aber heute lebt die ganze Stadt mit Werder, das gab es in dieser Form zu unserer Zeit noch nicht.

Günter Bernard: Allerdings darf man nicht vergessen: Als wir in der Meistersaison mit dem Zug vom letzten Spiel in Nürnberg zurückkamen, wurden wir trotz strömenden Regens in Bremen von 100.000 Menschen empfangen, die in den Straßen standen und uns zugejubelt haben.

Wir bekommen heute noch Post mit Autogrammwünschen.

Hans Schulz

WERDER.DE: Wie ging es in den Jahrzehnten danach mit der Meistermannschaft weiter?

Günter Bernard: Wir haben uns auch später regelmäßig getroffen, gemeinsam mit unseren Frauen. Man kann sagen, dass das bis heute angehalten hat. Traurig ist, dass wir immer weniger geworden sind… Es wäre schön, wenn hier außer Hans und mir noch viel mehr sitzen würden. Aber 60 Jahre sind einfach eine lange Zeit.

WERDER.DE: Kann man sagen: Dieser Meistertitel hat Ihr gesamtes Leben geprägt?

Günter Bernard: Das ist nicht übertrieben. Ich werde bis heute darauf angesprochen. Mir sagen immer wieder Menschen, insbesondere ältere natürlich: Es war toll, was ihr damals geschafft habt. Darüber freue ich mich.

Hans Schulz: (zögert) Ich bin stolz darauf, dass ich 1965 mit Werder Bremen Meister geworden bin. Das sage ich ganz ehrlich. Es ist etwas Besonderes, etwas fürs Leben. Mir fallen immer wieder die tollen Geschichten von damals ein. Das hat sich ins Gedächtnis eingebrannt. Und wir bekommen auch heute noch Post mit Autogrammwünschen.

Günter Bernard: Bei mir kam neulich ein Brief aus China an… (lacht)

Hans Schulz: Meine Frau sagt dann immer: Warst du denn wirklich so gut damals? (lacht)

WERDER.DE: Sie sind zum Heimspiel am Samstag gegen RB Leipzig eingeladen. Wie groß ist die Vorfreude?

Günter Bernard: Das ist eine tolle Sache. Man muss sagen, dass wir Ehrenkarten haben und jedes Heimspiel besuchen dürfen. Hans nutzt das regelmäßig, ich weniger. Daher freue ich mich sehr über diese Einladung.

Hans Schulz: Ich bin tatsächlich bei jedem Heimspiel dabei. Auf Samstag freue ich mich aber ganz besonders. Ich bin mittlerweile seit 1953 Werder-Mitglied. Unser Vater hat meinen Bruder und mich angemeldet, als wir nach Bremen zogen. Das ist eine sehr starke Verbindung, über die ich sehr glücklich bin.

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