
Vertikalpass
·20 septembre 2025
Gut wird es nur, wenn der VfB diese Leistung wiederholt

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·20 septembre 2025
Die Rückkehr zum Hoeneß-Ball: Vier Mal gejubelt, alles viel progressiver und aggressiver. Genau die richtige Reaktion auf Freiburg. Es gibt nur eine Beurteilung für das Spiel gegen Sankt Pauli: überzeugend. Erstmals präsentierte sich in dieser Saison ein anderer VfB. Den, den wir aus der Ära Hoeneß kennen. Das Spiel, das wir seit April 2023 lieben.
Sebastian Hoeneß forderte von seiner Mannschaft mehr Mut und er ging voran: Er setzte Kapitän Atakan Karazor auf die Bank und stellte Chema Andrès an die Seite von Angelo Stiller. Zudem ersetzte Lorenz Assignon auf der rechten Seite Josh Vagnoman. Beides Moves, die viele forderten. Und beide Spieler überzeugten. Chema agierte wie eine Art junger Zvoni Soldo mit sehr gutem Stellungsspiel und kleinen wichtigen Pässen, Assignon mit ein paar Stockfehlern aber auch mit viel Energie und einem enormen Laufpensum. Apropos Laufen: Es sah bei der ganzen Mannschaft so aus, als ob alles in 1,5-facher Geschwindigkeit ablief – wenn man sich das Freiburg-Spiel in Erinnerung rief.
Die gesamte Mannschaft arbeitete intensiv und stets im Vollsprint gegen den Ball. Hatte sie den Ball, ging es schnell und geradlinig nach vorne. Oft über Tiago Tomas, der mit seinem Speed für sich selbst Räume schuf, auch wenn er manchmal umständlich und ungenau agierte. Zu sehen war auch, wie sich die Mannschaft gegenseitig half, wie sie sich anleitete, wie sie sich beim Anlaufen coachten. Hinten Jeff Chabot, in der Mitte Chema, vorne Ermedin Demirovic. Feels like neue Achse beim VfB.
Angelo Stiller mit einer Rückgabe als Elfmeter und einer vergebenen Riesen-Chance kurz danach. Das schüttelte er ab und zeigte einen guten Auftritt in einem Spiel, in dem er deutlich weiter vorne agierte.
Die Tore: die Rückkehr zum Hoeneß-Ball Beim 1:0 dribbelt Finn Jeltsch an und spielt den Ball in den Druck zu Chema. Der, von zwei Gegenspielern attackiert, leitet clever weiter (so ein kleiner, unscheinbarer Soldo-Pass) auf Jamie Leweling. Der Nationalspieler wackelt dynamisch zwei Gegner aus und passt auf Ermedin Demirovic. Der Bosnier bittet zu Tisch, spielt mit seinen technischen Trümpfen Skat gegen zwei Abwehrspieler und lupft elegant ins Tor. Traumhaft. Demirovic, der Spezialist für schöne Tore in dieser Saison.
Beim 2:0 verlagert Maxi Mittelstädt auf Leweling, der einfach einen Sprint anzieht und in die Mitte flankt. Dort legt Demirovic ab und Bilal El Khannouss zirkelt ins lange Eck. Schnell, viel zu schnell für Sankt Pauli ging das alles. Auch sie hatten wohl den Eindruck, alles lief in 1,5-facher Geschwindigkeit ab. Bei Neuzugang El Khannouss war zu erkennen, dass er großen Einfluss auf das Spiel des VfB haben kann. Seine Bewegungen geschmeidig, seine Ausstrahlung elegant, seine Pässe immer progessiv. Man merkt, er will etwas bewegen. Ein Spieler für die besonderen Momente.
Auch wenn Trainer Alex Blessin natürlich nicht zufrieden war: Es war ein reifer Auftritt der Hamburger, mit einem herausragenden Keeper, guter Spielanlage und strukturiertem Spiel nach vorne – wenn gleich es meist ungefährlich blieb. Als Jeff Chabot seine 90 Sekunden hatte und über den Kugel schlug und Bälle herschenkte, schoss Louis Oppi allerdings an die Latte (52.). Auch Alex Nübel musste zwei Mal im 1:1 seine überragenden Qualitäten zeigen.
Es wäre spannend gewesen, wie der VfB mit einem Anschlusstreffer umgegangen wäre. Ob die Griffigkeit geblieben oder ob der VfB wieder in alte Lethargie und Hasenfüßigkeit zurückgefallen wäre. Denn natürlich ist jetzt nicht alles gut, nur weil der VfB überzeugend gegen die Kiez-Kicker auftrat. Aber es war das Spiel, das wir vom VfB sehen wollen und das nicht alle paar Spiele mal, sondern regelmäßig. Es war das Spiel, das wir auch vom VfB erwarten dürfen, wenn wir sein Potential im Kader sehen.
Ich denke, Sebastian Hoeneß geht es da nicht anders. Man hat gemerkt, dass er von seiner Mannschaft nach der Niederlage in Freiburg enttäuscht war. Natürlich ist er nicht immer nur nett. Er hat intern klar gemacht, was seine Erwartungen an die Mannschaft sind und welche Vorstellungen er vom Spiel gegen und mit dem Ball hat. Und dass dazu mehr gehört als nur von sich selbst überzeugt zu sein und ein bisschen das Bällchen zu passen.
Der Trainer hat der Mannschaft Impulse gegeben. Sie hat verstanden und geliefert. Hoeneß und wir werden aber nur zufrieden sein, wenn das Spiel gegen Sankt Pauli kein One-Hit-Wonder war.
Gut wird es nur, wenn der VfB diese Leistung wiederholt.
Bilder: Christian Kaspar-Bartke/Getty Images