MillernTon
·26 Oktober 2025
Eintracht Frankfurt vs. FC St. Pauli 2:0 – Fehlerhaft und harmlos

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·26 Oktober 2025

Nahezu chancenlos war der FC St. Pauli bei Eintracht Frankfurt. Da auch noch individuelle Fehler hinzukamen, war eine verdiente Niederlage die logische Folge.(Titelfoto: Alex Grimm/Getty Images/via OneFootball)
Was für ein Scheiß-Tag. Krankheitsbedingt ist der sowieso schon äußerst bescheiden. Und an solchen Tagen ist dann die Vorfreude auf ein Spiel des FC St. Pauli ein wichtiger Anker. Die wurde mir aber bereits vor Anpfiff fast komplett genommen – dem Polizeieinsatz gegen Fans des FC St. Pauli sei Dank. Das Spiel selbst konnte die Stimmung dann natürlich auch nicht mehr heben, eher im Gegenteil.
James Sands fehlte dem FC St. Pauli, er konnte aufgrund seiner im Hoffenheim-Spiel erlittenen Kopfverletzung in Frankfurt nicht dabei sein. Die freie Position im defensiven Mittelfeld nahm Danel Sinani für ihn ein, oder Eric Smith, je nachdem ob es um die Offensiv- oder Defensiv-Formation geht. Die freie Position vorne nahm Andréas Hountondji ein, Martijn Kaars rückte dafür auf die zentrale Stürmer-Position. Zudem verdrängte Manos Saliakas auf der rechten Schienen-Position Arkadiusz Pyrka. Hauke Wahl kehrte nach einem Spiel Pause zurück in die Startelf, Karol Mets nach fast einem Jahr. Lars Ritzka und Adam Dźwigała mussten weichen.
Vier personelle Wechsel also beim FC St. Pauli, vier personelle Wechsel auch bei Eintracht Frankfurt. Für Hugo Larsson, Mario Götze, Aurèle Amenda und Jean-Mattéo Bahoya kamen Jonathan Burkardt, Ellyes Skhiri, Farès Chaïbi und Can Uzun in die Startelf. Wie genau die Formation der Eintracht war, das schaute sich Joel Fujita vor Anpfiff noch einmal ganz genau an: An den TV-Bildern war klar zu erkennen, wie er fünf Spieler zählte und dann seinen Mitspielern signalisierte, dass die SGE heute mit einer Fünferkette spielen würde, was sich zwar als nicht richtig erwies, letztlich aber auch ziemlich egal gewesen ist. (aus Krankheitsgründen verzichte ich auf eine schematische Darstellung der Formationen.)
Alexander Blessin hatte auf der Pressekonferenz vor dem Spiel genau erklärt, wo er Räume bei der Eintracht sieht: Wenn es gelingt ihr hohes Pressing zu über- oder zu umspielen. Genau das passierte bereits in der zweiten Minute. Der FC St. Pauli baute von ganz hinten auf, umspielte die erste Pressinglinie über die eigene rechte Seite und hatte plötzlich ganz viel grüne Wiese für sich. Ein ungenauer Pass von Hountondji beendete diese bis dahin sehr gelungene Ballbesitzphase des FCSP. Es sollte leider eines der seltenen Male sein, dass sich das Team so gekonnt nach vorne durchspielte.
Wobei Eintracht Frankfurt auch in vielen weiteren Szenen in dieser Partie zeigte, dass sie gegen den Ball, besonders nach Ballverlusten, alles andere als sattelfest sind. So gab es gleich eine ganz Reihe von Ballgewinnen des FC St. Pauli, die durchaus vielversprechend waren. Was das Team von Alexander Blessin aber daraus machte, war viel zu wenig. Denn eigentlich hatte man gegen das Aufbauverhalten von Frankfurt gute Antworten. Der FCSP fand sich in einem klaren 5-2-3 zusammen. Die vordere Dreierreihe stellte sich den drei SGE-Innenverteidigern in den Weg. Die Eintracht schob mit Uzun, Burkardt, Knauff, Brown und Doan auf Höhe der letzten FCSP-Kette. Dazwischen agierten Skhiri, der von Kaars im Deckungsschatten gehalten wurde und Chaïbi.
Da Eintracht Frankfurt nicht sonderlich viel rotierte und der FC St. Pauli sich sehr gut auf die Bewegungen von Chaïbi (wich gerne nach rechts aus) und Uzun, sowie teilweise Knauff (ließen sich gerne in die Halbräume fallen) vorbereitet hatten, wirkte das Spiel lange Zeit sehr statisch. Der FC St. Pauli verteidigte im tiefen 5-2-3 und ehrlich gesagt kamen bei mir so leichte 24/25-Vibes auf, so stabil schien das alles zu sein, so gering die Anzahl an Situationen, die für das FCSP-Tor gefährlich waren.
Eine noch geringere Anzahl an gefährlichen Situationen gab es aber leider für das Tor von Eintracht Frankfurt. Das lag vor allem daran, dass es dem FC St. Pauli überhaupt nicht gelang offensiv auch nur mal eine Sequenz wirklich zu Ende zu spielen. Irgendwo war immer eine Ballannahme nicht gut, ein Missverständnis vorhanden oder wurde eine falsche Entscheidung getroffen. Torgefahr erzeugte der FCSP so jedenfalls über weite Teile des Spiels nicht. So wenig, dass sich ein eigentlich anfälliges Frankfurter Team nach Spielende zufrieden auf die Schulter klopfen konnte, weil es die Null gehalten hatte.
Klingt beleidigt der letzte Absatz, ist er auch. Das war einfach viel zu wenig. Wer in einem Spiel auf Konter setzt, muss sie auch spielen können. Den Eindruck konnte man vom FC St. Pauli an diesem Samstag leider nicht gewinnen. Das ist schon verwunderlich, weil man genau diese Fähigkeiten in dieser Saison bereits beobachten konnte. Na gut, wenn es vorne, warum auch immer, einfach nicht passen will „dann geht das Spiel halt 0:0 aus!“ – diesen Satz hat Blessin in der Vorsaison geprägt. Und nachdem es nun vier Niederlagen in Serie gab, ist es auch irgendwie verständlich, wenn der FCSP nicht nach Frankfurt reist, um dort voll auf Sieg zu spielen, sondern versucht das umzusetzen, was ihm in den letzten Wochen abhanden gekommen ist.
Und eigentlich sah es auch ziemlich stabil aus. Eintracht Frankfurt wirkte ziemlich ideenlos. Einzig, wenn Skhiri sich mal nicht lethargisch, sondern dynamisch bewegte oder wenn Chaïbi eine Idee im Aufbau hatte, wurde es für den FC St. Pauli in der ersten halben Stunde mal etwas kribbelig. Gefallen hat mir in dieser Phase die gute Abstimmung zwischen Sechsern und Innenverteidigung, denen es gelang Uzun und Knauff nur selten ins Spiel kommen zu lassen. Richtig torgefährlich war die Eintracht nämlich nicht. Eigentlich auch in der 35. Minute nicht…
In der Szene kam Uzun im Strafraum an den Ball, wurde aber an die rechte Grundlinie abgedrängt. Von dort schlug er eine Flanke, die Nikola Vasilj vermutlich als nicht so hoch einschätzte. Jedenfalls flutschte dem Keeper der Ball durch die Hände und dahinter auf den Kopf des hellwachen Burkardt. Fehler passieren. Wenn Du aber in der Bundesliga spielst, dann werden sie eben eiskalt bestraft. Es war klar, dass der FC St. Pauli nicht alle Offensivaktionen der Eintracht verteidigt bekommen würde. Umso bitterer, dass er sich das Gegentor in einer Szene und in einer Phase fing, in der überhaupt keine Torgefahr von Frankfurt ausging.

Martijn Kaars gegen Robin Koch – dieses Duell ging zu selten an den FC St. Pauli.
(Alex Grimm/Getty Images/via OneFootball)
Auch nach dem 0:1 hatte ich starke „24/25-Vibes“, leider keine guten. Denn basierend auf den ersten 35 Spielminuten musste man sich schon ernsthaft fragen, wie es dem FC St. Pauli bitte gelingen soll an diesem Samstag einen Treffer zu erzielen. Zwar gelang es die Eintracht bis auf eine Situation vom eigenen Tor fernzuhalten (nur vier Abschlüsse zugelassen in der ersten Halbzeit), aber bis auf zwei ungefährliche Fernschüsse von Sinani hatte der FCSP offensiv mal so gar nichts vorzuweisen in den ersten 45 Minuten.
Daran änderte sich erst etwas, als es bereits 0:2 aus Sicht des FC St. Pauli stand. Nachdem Pereira Lage einen Freistoß nicht auf das SGE-Tor brachte, schaffte Brwon das auf der Gegenseite eine Minute später zwar, doch Vasilj hielt seine Farben im Spiel. Das Problem: Fünf Minuten später verschätzte sich Hauke Wahl bei einer Flanke aus dem rechten Halbraum und tauchte unter durch, sodass in seinem Rücken Burkardt den Ball runterpflücken und zum zweiten Treffer einschieben konnte. Zwei Gegentore also aus Situationen, die vor allem aufgrund von individuellen Fehlern gefährlich geworden sind, nicht etwa, weil der Gegner sich so gut vor das FCSP-Tor kombiniert hat. Das macht es besonders bitter.
Die Fehlerquote beim FCSP ist aktuell einfach zu hoch. Dass es nun gerade die sonst oft fehlerlosen und wichtigen Stützen Vasilj und Wahl waren, denen entscheidende Patzer unterliefen, macht es nicht besser. Der Wunsch von Blessin das eigene Tor so lange wie möglich sauber zu halten, wurde nicht erfüllt. Doch genau dieses Szenario hätte es vermutlich bedurft, damit der FCSP offensiv auch präsenter wird, weil der wütend anrennende Gegner mehr ins Risiko gegangen wäre. Konjunktiv… immer scheiße im Fußball!
Erst nach dem 0:2 wurde das Spiel offener, erst dann wurde der FC St. Pauli auch wirklich torgefährlich. Genauer gesagt, passierte erst nach rund einer Stunde etwas, Dapo Afolayan und Connor Metcalfe betraten den Platz und ersetzten den blassen Pereira Lage und den noch viel blasseren Hountondji. Keine Ahnung, ob es nun an diesen Einwechslungen lag oder daran, dass die Eintracht sich nun auf das Verteidigen konzentrierte, aber der FC St. Pauli hatte nun mehr Offensivanteile. Afolayan hatte nach seiner Einwechslung in der Hälfte der Spielzeit doppelt so viele Ballaktionen wie Hountondji (36 vs. 18) und war, trotz hoher Fehlerquote, ein absolut belebendes Element im Offensivspiel.
Es dauerte dann aber doch bis in die 78. Spielminute, ehe der FC St. Pauli zum ersten Mal richtig torgefährlich wurde. Nach einem Konter parierte Zetterer den zu zentralen Abschluss von Afolayan, ehe der Nachschuss von Metcalfe klar über das Tor ging. Der Abschluss von Afolayan war übrigens der einzige des FCSP, der auch auf das Tor des Gegners ging, bei dem ein Eingreifen von SGE-Torwart Zetterer notwendig war. Dass das zu wenig gewesen ist, keine Frage. Immerhin gab sich der FC St. Pauli nicht auf, versuchte bis zum Schluss zum Anschlusstreffer zu kommen. Und da können die Frankfurter natürlich sagen was sie wollen. Aber die letzten 20 Spielminuten waren ganz sicher nicht das, was sie spielen wollten.
Trotzdem müssen wir der Wahrheit natürlich ins Auge blicken: Die letzten fünf Spiele gingen allesamt verloren. Einzig die Niederlage gegen Leverkusen muss als unglücklich bezeichnet werden. Die restlichen Partien hat der FC St. Pauli hingegen verdient verloren. Hatte das Team zu Saisonbeginn noch zweimal nach Rückstand punkten können, so gab es gegen Frankfurt das erste Mal das Gefühl der Vorsaison, dass man nach dem 0:1 auch gleich abpfeifen könne. Das mag an meiner krankheitsbedingten Grundstimmung liegen, total ätzend isses trotzdem und ich hoffe, dass das ein einmaliges Auftreten in dieser Spielzeit war.
Sowieso suche ich mir jetzt etwas, an dem ich mich festhalten kann. Den Spielplan zum Beispiel. Denn der FC St. Pauli hat ein durchaus heftiges Programm in den letzten Wochen gehabt. Keiner der letzten fünf Gegner befindet sich aktuell in der zweiten Tabellenhälfte. Das liegt natürlich zum Teil auch daran, dass sie gegen den FCSP dreifach punkteten, trotzdem dürfte es sich insgesamt nicht gerade um das leichteste Programm handeln. Oder hat jemand ernsthaft damit gerechnet, dass der FC St. Pauli etwas Zählbares aus Frankfurt mitnimmt? Klar, das sollte immer der Anspruch sein und sicher nicht nur ich hatte gedacht, dass der FCSP schon etwas weiter ist, als für so einen Gegner eben mehr als eine „Pflichtaufgabe“ zu sein. Aber mit etwas Realismus im Gepäck lässt sich diese Niederlage vielleicht etwas besser ertragen, oder?
Dass Jackson Irvine sein Comeback nach Einwechslung und Karol Mets sein Startelf-Comeback gefeiert haben, dürfte dem Team auch guttun. Der Kader ist nun nahezu voll. Einzig Nemeth fehlt (der aber auch sehr doll), Sands dürfte am Dienstag wieder dabei sein, spätestens nach dem kommenden Bundesliga-Spieltag auch Ricky-Jade Jones. Sowieso sollte hier nochmal an etwas erinnert werden: Auch wenn es sich nach fünf Niederlagen in Serie alles viel schlimmer anfühlt, so hatte der FC St. Pauli in der Vorsaison zum gleichen Zeitpunkt zwei Punkte weniger auf dem Konto.
Nun ist das nächste Spiel nur ein paar Tage entfernt. Am Dienstag kommt die TSG Hoffenheim wieder ans Millerntor und dürfte nach der Partie am vergangenen Wochenende als klarer Favorit ins Spiel gehen (was vielleicht für den FC St. Pauli gar nicht mal die schlechteste Ausgangsituation ist). Am Samstag kommt dann Schlusslicht Borussia Mönchengladbach ans Millerntor. Die Mutmacher aus den letzten Absätzen müssen bis dahin herhalten. Ab dann sollte aber unbedingt wieder gepunktet werden.Immer weiter vor!// Tim
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