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·2 Juni 2025
FC Bayern: „Enttäuscht von mir“! Alexander Straus enthüllt bisher unbekannte Details

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·2 Juni 2025
Alexander Straus hat im exklusiven Interview mit Miasanrot über mentale Müdigkeit, sein Ende beim FC Bayern, eine große Enttäuschung und vieles mehr gesprochen.
Alexander Straus ist seit dem 1. Juni nicht mehr Trainer des FC Bayern München. Im exklusiven Interview mit Miasanrot nahm sich der Norweger über eine Stunde Zeit, um seine Entscheidung detailliert, offen und beeindruckend ehrlich zu erklären.
„Ich hätte nicht einen Tag mehr aushalten können“, sagte er beispielsweise über seine zweite Saison in München: „Ich war platt. Also habe ich Urlaub gemacht, habe mit niemandem im Club und auch niemand anderem für die nächsten drei Wochen gesprochen, um meine Batterien wieder aufzuladen.“ Trotzdem ging es für ihn in München weiter.
„Die Batterien waren wieder aufgeladen und wir haben ein paar Veränderungen vorgenommen“, erklärte der 49-Jährige, aber: „Ungefähr im Oktober des letzten Jahres habe ich gespürt, dass dieses Gefühl von Fatigue zurückkommt. Ich habe viel mit Martin Walz gesprochen (Sportpsychologe des FC Bayern, Anm. d. Red.). Danach haben wir – auch mit meiner Familie – entschieden, dass wir bis zur Winterpause weitermachen und schauen, wie es weitergeht.“
Nachdem er dort einige Wochen frei hatte, entschied er sich trotz vieler Angebote erneut dazu, die Saison mit den Bayern zu beenden. „Aber wenn du an diesem Punkt angekommen bist, geht eine Menge in deinem Kopf vor“, gibt Straus Einblicke in sein Wohlbefinden – und dennoch: „Ich sagte immer wieder, dass ich Bayern nicht verlassen werde. Auch in diesem Winter, weil die Clubs mich mitten in der Saison haben wollten. Es gab bereits einen Vertrag, der meiner Agentur vor Weihnachten vorlag, aber ich sagte, dass es nicht möglich ist.“
„Im Februar kamen sie zurück und sagten, dass sie mit Bayern verhandeln würden, wenn ich Interesse habe“, erzählte der Erfolgscoach des FCB: „‚Wir können auf dich warten, weil wir dich wollen. Du bist unsere Priorität.‘ Und dann ging der Denkprozess wieder los. Was ist für das Team am besten? Was ist für mich und meine Entwicklung am besten? Ich liebe dieses Team. Ich könnte bestimmt noch zwei oder drei Jahre so weiter machen und ich denke, wir hätten das wirklich gut gemacht. Die Resultate wären gut gewesen, aber ich bin nicht sicher, dass ich die beste Version von mir hätte sein können.“
Letztlich war das auch der Grund, weshalb Straus sich für eine Luftveränderung entschied: Neues Umfeld, Veränderung, sich neu herausfordern und aus dem Rhythmus ausbrechen, den er in München hatte und der ihn zunehmend ermüdete. Beim Rückblick auf die drei Jahre beim FC Bayern ist er weitgehend positiv.
Dennoch: „Da gibt es etwas, was mich sehr stört. Ich schaue immer zuerst in den Spiegel, weil das die Kultur ist, die wir hier über drei Jahre etabliert haben. Ich denke, wir hätten im Heimspiel gegen Lyon mehr tun müssen.“ Verantwortlich dafür macht er nicht etwa die Spielerinnen, sondern sich selbst: „Ich glaube, wir hatten zu viel Respekt und da spreche ich vor allem und zuerst über mich.“
Und weiter: „Die erste Halbzeit des Auswärtsspiels haben wir fantastisch gespielt, wir hätten 2:0 führen können. Ihre Qualität ist natürlich hervorragend, dass sie uns für unsere Fehler eiskalt bestrafen und dann war es vorbei. Aber das Heimspiel hätte dieses Jahr komplett verändern können – auch aus persönlicher Sicht.“
„Ich bin am meisten enttäuscht von mir selbst“, gab Straus deshalb zu: „Das hatte auch nichts mit der Rotation zu tun, ich würde heute genau dasselbe Team wieder aufstellen. Es geht nicht um die Spielerinnen, sondern darum, wie wir das Spiel angegangen sind und das ist meine Verantwortung.“
Trotzdem hat Straus auch viel Positives in München bewirkt, worauf er stolz ist. Unter anderem sieht er in der Spielerinnenentwicklung große Fortschritte. „Wenn wir uns Klara Bühl zum Beispiel anschauen: Ich denke, in der abgelaufenen Saison haben wir viel von dem gesehen, woran wir mit ihr in den drei Jahren gearbeitet haben“, nannte Straus ein Beispiel: „Sie ist in einem echten Flow und hatte eine fantastische Saison. Schauen Sie sich die ganzen Assists und Torbeteiligungen an und wir haben jetzt die richtige Balance gefunden, wann sie das Spiel breit macht und wann sie nach innen in den Halbraum geht.“
Vorher sei sie „eher eine Old-School-Flügelspielerin“ gewesen: „Sehr breit positioniert und immer auf das Eins-gegen-eins aus. Ich wollte, dass sie weiter innen spielt und so ihre Spielmacherinnenqualitäten verbessert. Sie kann aus der Zentrale vorbereiten, sie kann zwischen den Linien spielen.“
Manchmal habe das Trainerteam „sie ein wenig zwingen“ müssen, „weil es nicht immer komfortabel für sie war. Sie litt manchmal ein wenig darunter. Aber ich denke, dass wir dieses Jahr sehen, dass sie eine bessere Spielerin geworden ist“. Es sei in der individuellen Entwicklung immer auch darum gegangen, „dass die Spielerinnen flüssiger im System agieren und dass wir ihnen mehr Facetten verleihen, sodass sie unterschiedliche Dinge auf dem Platz tun können und so unberechenbarer sind“.
Dass er in die USA gewechselt ist, hatte einerseits damit zu tun, dass er ungern innerhalb Europas eine Aufgabe angenommen hätte, die der in München ähnelt. Bei Angel City FC sieht er aber die Möglichkeit, etwas Neues zu erleben. „Die Liga war schon immer ein Traum“, erzählte Straus: „Sie ist riesig. Frauenfußball ist in Amerika ein sehr großer Sport. Das Interesse an der Liga ist enorm. Die Berichterstattung ist enorm.“
Sein neuer Club habe „durchschnittlich zwischen 18.000 und 22.000 Fans bei jedem Heimspiel. Sie spielen in einem fantastischen Stadion. Das gesamte Projekt von Angel City ist sehr spannend“. In München wird man den Norweger zumindest sehr vermissen. Das zeigte sich auch bei der emotionalen Art und Weise, mit der sich Direktorin Bianca Rech am Sonntag auf Instagram von ihm verabschiedet hatte.
In drei Jahren gewann Straus in München dreimal die Meisterschaft, einmal den DFB-Pokal, einmal den Supercup und am Ende auch das World Sevens Football in Portugal, das dem Club viel Preisgeld bescherte. Er geht damit in jedem Fall durch die große Vordertür.